Lippstadt. Der Autozulieferer Hella setzt bei der Produktion von Scheinwerfern auf den Einsatz kollaborativer Roboter und Künstlicher Intelligenz.
Der Lippstädter Automobilzulieferer Hella forciert die Automatisierung in allen Werken für die Scheinwerferherstellung. Insgesamt 1000 kollaborative Roboter sollen künftig an den insgesamt 15 Produktionsstandorten zum Einsatz kommen, erklärt das Unternehmen am Donnerstag. Zusätzlich wird bereits seit geraumer Zeit auf Künstliche Intelligenz bei der Qualitätssicherung gesetzt.
Konkurrenz aus China und Südkorea
Hella, Technologieführer bei der Entwicklung und Produktion von LED-Scheinwerfern und Heckleuchten für Pkw, steht im weltweiten Wettbewerb. Vom Einsatz Künstlicher Intelligenz und der abgekürzt Cobots genannten Roboter in der Produktion, verspricht sich das Unternehmen entscheidende Vorteile im immer härteren internationalen Wettbewerb, vor allem mit Herstellern aus China und Südkorea.
„Durch die zusätzliche Automatisierung unserer Werke wollen wir nicht nur unsere Effizienz weiter steigern, sondern auch unser bereits hohes Qualitätsniveau noch mehr verbessern,“ sagt Frank Huber, verantwortlicher Geschäftsführer für den Bereich Licht bei Hella. „Damit wollen wir unsere Position als einer der weltweit führenden Zulieferer im Bereich der automobilen Beleuchtung weiter stärken.“
Linsen kleiner als ein Sandkorn
Die Scheinwerferproduktion ist vergleichsweise personalintensiv. Als einziger großer Hersteller betreibt das börsennotierte Unternehmen noch ein großes Werk in Deutschland am Stammsitz in Ostwestfalen, das auch im Wettbewerb mit den Konzern eigenen Hella-Werken in Osteuropa – Tschechien, Slowakei und Slowenien – steht. 2019 wurden am Stammsitz im Lichtwerk 2 bereits 200 der 1350 Stammarbeitsplätze abgebaut, um international wettbewerbsfähig bleiben zu können. Traditionell laufen im Werk 2 die modernsten Produkte an, ehe sie auch an anderen Standorten gefertigt werden.
In Lippstadt wurde bereits im März 2018 mit dem Einsatz Künstlicher Intelligenz begonnen, beispielsweise bei der Qualitätsprüfung von Linsen. Die sind heute zum Teil kleiner als ein Salzkorn – etwa für sogenannte Flatlight-Heckleuchten, die zu Beginn des Jahres vorgestellt wurden und in denen sich Blink-, Brems- und Schlusslicht in nur einem Optikelement fertigen lassen.
Die Linsen für Scheinwerfermodule werden direkt nach dem Spritzguss, also vor der Einlagerung und dem Einbau in ein Modul, auf Fehler wie zum Beispiel Schlieren, Lufteinschlüsse oder andere potenzielle Spritzgussfehler hin geprüft. Das funktioniert mit einer Kamera in der Taktung von rund 15 Sekunden pro Linse; die Auswertung der Kamerabilder erfolgt anschließend mit einer Künstlichen Intelligenz.
Auch der Einsatz der Cobots hat sich in Lippstadt in der Endmontage von Scheinwerfern und Heckleuchten offenbar bewährt, allerdings werden hier ansonsten auch relativ viele herkömmliche Industrieroboter eingesetzt. „Eine Vollautomatisierung ist für uns oftmals nicht zielführend“, sagt Huber mit Blick auf die ständig wechselnden Design-Anforderungen der Kunden. „Von daher setzen wir vor allem auf eine intelligente Automatisierung unserer Fertigungsprozesse.“
Arbeitsumfeld ändert sich
Im slowakischen Hella -Werk in Bánovce übernehmen Cobots beispielsweise den Transport von Heckleuchtenmodulen zwischen Produktions- und Prüfstationen. Insgesamt wurden bereits mehr als 500 Cobots in den Lichtwerken von Hella eingeführt. 500 weitere Cobots sollen bis Mai 2023 noch installiert werden.
Personalabbau bedeutet der Einsatz der Roboter aus Sicht des Unternehmens nicht. Die Automatisierungsinitiative trage dazu bei, durch mehr Wettbewerbsfähigkeit Arbeitsplätze langfristig zu sichern. Das Arbeitsumfeld in der Produktion werde verändern. „So werden auf der einen Seite gewisse arbeitsintensive Tätigkeiten tendenziell wegfallen; auf der anderen Seite werden aber auch neue anspruchsvolle Aufgaben entstehen, beispielsweise zur Steuerung und Wartung der Produktionsanlagen“, erklärt das Unternehmen auf Anfrage.
125 Standorte in 35 Ländern
Hella ist ein im MDax börsennotiertes, global aufgestelltes Familienunternehmen mit über 125 Standorten in rund 35 Ländern, spezialisiert auf Lichtsysteme und Fahrzeugelektronik. Mit einem vorläufigen währungs- und portfoliobereinigten Umsatz von 6,5 Milliarden Euro im Geschäftsjahr 2020/2021 (endgültige Bekanntgabe am 19. August) sowie über 36.000 Beschäftigten zählt Hella zu den weltweit führenden Automobilzulieferern.