Essen. Netzagentur erteilt Zuschlag für Steag-Kraftwerk in Bergkamen. Uniper-Block in Gelsenkirchen geht vom Netz. Steag mit Prämie „sehr zufrieden“.
Der Steinkohleausstieg gewinnt an Tempo, auch in NRW: Die Essener Steag schaltet im Oktober 2022 ihr Steinkohlekraftwerk in Bergkamen ab. Zum gleichen Zeitpunkt wird auch in Block C des Uniper-Kraftwerks in Gelsenkirchen-Scholven und im Evonik-Kraftwerk im Chemiepark Marl keine Steinkohle mehr verfeuert. Sie alle erhielten den Zuschlag im Zuge der dritten Auktion zur Stilllegung von Steinkohlekraftwerken, wie die Bundesnetzagentur am Mittwoch bekanntgab.
Der Essener Stromkonzern Steag nimmt neben Bergkamen auch zwei weitere Steinkohleblöcke im saarländischen Völklingen vom Netz, insgesamt sind davon 280 Beschäftigte betroffen. Bergkamen ist mit einer Leistung von 717 Megawatt (MW) das größte Kraftwerk, das in der dritten Runde den Zuschlag erhielt. Die Netzagentur erteilte den Zuschlag für die Stilllegung von Kraftwerken mit einer Leistung von insgesamt 2,1 Gigawatt, mehr als die Hälfte davon machen die drei Steag-Blöcke aus.
Bundesnetzagentur: Beim Kohleausstieg über Plan
In der ersten Auktion im vergangenen September hatten die Betreiber RWE und Vattenfall ihre noch jungen Großkraftwerke in Hamm und in Hamburg-Moorburg zur Stilllegung angeboten, die inzwischen endgültig keinen Strom mehr produzieren. RWE hat in Hamm unlängst sein letztes Steinkohlekraftwerk abgeschaltet. Laut Bundesnetzagentur ist Deutschland bei der Beendigung der Steinkohleverstromung nach den ersten drei Runden über dem Soll. „Der Kohleausstieg geht stetig voran“, sagte Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur.
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Deutschland will bis spätestens 2038 keinen Strom mehr mit Kohle erzeugen. Dabei gehen die besonders klimaschädlichen Braunkohle-Kraftwerke als letzte vom Netz. Der Großteil der Steinkohlekraftwerke wird noch in diesem Jahrzehnt abgeschaltet. Während die Braunkohle-Konzerne insgesamt 4,35 Milliarden Euro feste Entschädigung erhalten, müssen Betreiber von Steinkohlekraftwerken ihre Anlagen in Auktionen zur Stilllegung anbieten – und hoffen, dass ihre Forderung niedrig genug für einen Zuschlag ist.
Bis 2026 findet jährlich eine Auktion statt, mit jeder sinken die Entschädigungen. Diesmal erteilte die Netzagentur Zuschläge im Wert von 219 Millionen Euro. Weil zum ersten Mal weniger Kraftwerksleistung zur Stilllegung angeboten wurde als ausgeschrieben war, kam jedes Gebot zum Zuge.
Steag zeigt sich „sehr zufrieden“ mit Stilllegungsprämie
Die Steag wollte auf Anfrage unserer Redaktion die Entschädigungssumme für ihre drei Kraftwerksblöcke nicht preisgeben, ein Sprecher betonte aber: „Wir sind sehr zufrieden, unsere Gebotsstrategie hat sich voll bestätigt.“ Je MW konnten die Betreiber diesmal bis zu 155.000 Euro fordern, was laut Netzagentur auch mindestens ein Betreiber getan hat. Theoretisch könnte die Stilllegungs-Prämie für das 40 Jahre alte Kraftwerk Bergkamen demnach bei bis zu 111 Millionen Euro liegen.
Auch für insgesamt 280 Mitarbeiter an den Steag-Standorten und in der für ihre Kraftwerke zuständigen Verwaltung ist der Zuschlag eine gute Nachricht. Denn für diesen Fall greift ein mit den Gewerkschaften Verdi und IGBCE geschlossener Tarifvertrag, der betriebsbedingte Kündigungen ausschließt. Zudem unterstützt der Staat den Stellenabbau mit einem Anpassungsgeld für ausscheidende ältere Beschäftigte.
Evonik: „Angemessener Zuschlag“
Die Kraftwerke dürfen ab dem 31. Oktober 2022 keinen Kohlestrom mehr vermarkten, ein halbes Jahr später erfolgt die endgültige Stilllegung. Bis dahin wird geprüft, ob sie systemrelevant sind und in Reserve bleiben müssen.
Evonik sprach von einem „angemessenen Zuschlag“, für die Stilllegung seines Kohlekraftwerks in Marl. Der Chemiekonzern baut dort ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk, um „die Produktion im Chemiepark ohne Unterbrechung aufrechtzuerhalten“, wie das Unternehmen mitteilte. Dieser Schritt senke den CO2-Ausstoß des Standorts um bis zu eine Million Tonnen pro Jahr und reduziert die direkten jährlichen Treibhausgasemissionen der Evonik-Anlagen weltweit um fast ein Fünftel.