Essen. Jahreswechsel-Lockdown träfe die Händler hart. Die Tage vor Neujahr seien „extrem wichtig“, warnt etwa Picture People. Verband fordert Ausgleich.
Der Handel hat mit großer Sorge und der Forderung nach Entschädigung auf den von Armin Laschet (CDU) vorgeschlagenen harten „Jahreswechsel-Lockdown“ reagiert. Der NRW-Ministerpräsident hält an den Lockerungen an Weihnachten fest, will aber danach bis Ende der Schulferien das öffentliche Leben weitgehend herunterfahren. Dann müssten nach den Gastronomen auch die Einzelhändler schließen. „Jeder Tag mit geschlossenen Läden kostet in NRW zwischen 200 und 250 Millionen Euro Umsatz im Nonfood-Handel“, warnt Peter Achten, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands NRW. Er fordert „im Schließungsfall eine Entschädigung, wie sie auch der Gastronomie zugesagt worden ist“, sagte er unserer Redaktion.
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Laschet will die Schulferien nutzen, um die Ansteckungswelle diesmal wirklich zu brechen, was mit dem Lockdown light bisher nicht gelungen ist. „Wir brauchen nach Weihnachten einen echten Jahreswechsel-Lockdown, um uns für 2021 wieder eine Perspektive hin zu mehr Normalität zu erarbeiten“, sagte er. Von Weihnachten bis zum Ende der Ferien im neuen Jahr könne das Land „am ehesten komplett heruntergefahren und so die Ausbreitung der Pandemie effektiv gestoppt werden“.
Gewinne nur in der Adventszeit
Allerdings ist die Zeit zwischen den Jahren für die meisten Einzelhändler genauso wichtig wie die vor Weihnachten. „Das sind extrem wichtige Tage für uns“, sagt etwa Christian Hamer, Chef der Fotostudiokette Picture People, „da haben die Familien Zeit.“ Er mache nur in den drei Monaten November, Dezember und Januar Gewinne, die dann für den Rest des Jahres reichen müssen, entsprechend hart treffen ihn schon die bisherigen Beschränkungen. Seine Umsätze im Dezember lägen bisher 40 Prozent unter Vorjahresniveau, sagte Hamer unserer Redaktion.
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Auch die Händler in den Stadtteilzentren sorgen sich sehr. „Zwischen Weihnachten und Neujahr gibt es immer ein spezielles Geschäft mit Gutscheinen und Umtausch. Bei einer Schließung und anhaltend hohen Fixkosten würde es für manche schwer“, sagt Rolf Krane, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Rüttenscheid (IGR), dem umsatzstärksten Einkaufsviertel in Essen außerhalb der Innenstadt. Vor allem kleine Modeläden treffe die Pandemie bisher schon sehr hart. Die IGR hat sich extra für das nachweihnachtliche Geschäft ein Corona-konformes Werbeformat ausgedacht: Online zu kaufende Geschenkgutscheine, die nach dem Fest in den Läden eingelöst werden können.
Entschädigungen wie für die Gastronomie gefordert
Wie der Handelsverband hielte auch Krane bei Zwangsschließungen entsprechende Entschädigungen für zwingend. Mit leichtem Widerwillen schließt sich auch Picture-People-Gründer Hamer an: „Ich bin wie die meisten Händler keiner, der jammert und ich will eigentlich keine Hilfe vom Staat“, sagt er. Angesichts der Umsatzeinbrüche und anhaltend hoher Fixkosten würde er sich aber über ähnliche Hilfen, wie sie der geschlossenen Gastronomie gezahlt werden, „sehr freuen“.
Der Handelsverband betont, die Läden seien keine Infektionshotspots. Geschäftsführer Achten nennt den Lockdown deshalb „nicht verhältnismäßig“. Aktuell fürchte jeder fünfte aller NRW-Einzelhändler um seine Existenz, in den besonders betroffenen Bereichen Mode, Parfümerie, Spielwaren und Sportartikeln sei der Anteil noch höher.
Verband warnt vor Hamsterkäufen
Was dem Handel aber auch sehr wichtig ist: Wenn das Land einen Jahresend-Lockdown beschließen wolle, solle sie das schnell tun und mitteilen, damit sich die Menschen darauf einstellen könnten. Andernfalls würde es vor Weihnachten „zu Hamsterkäufen im Nonfood-Handel kommen“, warnt Achten. Auch müsse klar kommuniziert werden, dass keine Schließung von Geschäften des täglichen Bedarfs erfolgt, „damit wir keine völlig unnötigen Hamsterkäufe im Lebensmitteleinzelhandel erleben“.
Landeswirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) hatte im Podcast „Die Wirtschaftsreporter“ angekündigt, die Hilfen auf betroffene Einzelhändler ausweiten zu wollen. Das Bundeswirtschaftsministerium sei einem Vorschlag aus NRW gefolgt und habe den Kreis der Antragsberechtigten für finanzielle Hilfen im November und Dezember erweitert, sagte Pinkwart. Voraussetzung seien Umsatzeinbußen von mindestens 40 Prozent.