Düsseldorf. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet ist für „Jahreswechsel-Lockdown“ nach Weihnachten: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“. Der Handelsverband warnt.
- NRWs Ministerpräsident Armin Laschet fordert einen Lockdown nach Weihnachten bis zum 6. Januar
- Die Schulen seien dann sowieso geschlossen und das öffentliche Leben in vielen Bereichen heruntergefahren
- Vor dem Fest würden solche Regelungen einen "Run auf die Geschäfte" auslösen
- Der Handesverband NRW fordert Entschädigungen im Falle eines harten Lockdowns
Einschneidende Kontaktbeschränkungen in der Zeit nach Weihnachten – dafür hat sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) angesichts der weiterhin hohen Corona-Infektionszahlen ausgesprochen. „Wir brauchen nach Weihnachten einen echten Jahreswechsel-Lockdown, um uns für 2021 wieder eine Perspektive hin zu mehr Normalität zu erarbeiten“, sagte Laschet der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Zahl der Neuinfektionen sei zu hoch und müsse gesenkt werden.
Im WDR2 bekräftigte Laschet seinen Vorschlag: Ein „Jahresend-Lockdown“ sei notwendig, um die hohen Corona-Werte zu senken. Die Schulen seien in der Zeit ohnehin zu, deshalb sei der Zeitpunkt ideal. Bis zum Ferienende am 6. Januar soll das öffentliche Leben nach Laschets Vorstellung heruntergefahren werden.
Warum Laschet gegen einen sofortigen Lockdown ist
Laschet sprach sich dagegen aus, schon vor Weihnachten einen Lockdown zu verhängen: Eine solche Maßnahme müsse vorbereitet werden. Zudem drohe ein „Run auf die Geschäfte“, wenn noch vor Weihnachten ein Lockdown beschlossen werde.
Die beschlossenen Lockerungen über Weihnachten will Laschet nicht zurücknehmen. Weihnachten sei für viele Millionen ein Fest, wo der Staat nicht in die Haushalte hineingucken soll. Zudem seien die Lockerungen überschaubar: Restaurants blieben beispielsweise geschlossen.
Der Lockdown nach Weihnachten soll nach Laschets Vorstellungen bundesweit gelten. Eine Absprache mit den anderen Ministerpräsidenten gebe es aber noch nicht.
Corona in NRW: 4072 Neuinfektionen innerhalb eines Tages
Die Corona-Fallzahlen in NRW sind Daten des Robert-Koch-Instituts zufolge innerhalb eines Tages um 4072 angestiegen und liegen nun bei insgesamt 294.740 (Vortag: 290.668). Am vergangenen Mittwoch lag die Zahl der bis 0 Uhr gemeldeten Neuinfektionen in NRW bei 3354. In ganz Deutschland wurden 20.815 neue Fälle gemeldet, vor sieben Tagen waren es 17.270.
Laschet zu Corona-Lockdown: "Wenn nicht jetzt, wann dann."
„Deshalb: Wenn nicht jetzt, wann dann. Von Weihnachten bis zum Ende der Ferien im neuen Jahr kann das Land am ehesten komplett heruntergefahren und so die Ausbreitung der Pandemie effektiv gestoppt werden“, warb Laschet für seinen Vorschlag. „Zugleich halten wir in diesen Wochen die Schäden für Bildungschancen von Kindern sowie für Wirtschaft und Arbeitsplätze so gering wie in keiner anderen Zeit des Jahres.“
Die Akzeptanz bei den Menschen sei für den Erfolg der Anstrengungen entscheidend, sagte Laschet, der sich auch für den CDU-Vorsitz bewirbt. Dafür müssten die politischen Weichenstellungen von Sorgfalt, Verhältnismäßigkeit und Verlässlichkeit geprägt sein. „Wir sind gut beraten, bereits jetzt damit zu beginnen, den Jahreswechsel-Lockdown umfassend vorzubereiten – damit er mitgetragen wird, tatsächlich Wirkung entfaltet und den Weg in ein besseres neues Jahr weisen kann.“
Noch am Dienstag hatte Vize-Ministerpräsident Joachim Stamp (FDP) vor „Schnellschüssen“ gewarnt und den Vorstoß des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) kritisiert. Man wolle lieber noch abwarten und vorerst keine Entscheidungen treffen. „Wenn es einen Zeitraum gibt, der für weitere Maßnahmen geeignet ist, dann ist es die Winterpause“, sagte aber auch Stamp.
Handelsverband warnt vor Umsatzeinbußen
Der nordrhein-westfälische Handelsverband reagierte am Mittwochvormittag ablehnend auf Laschets Vorschlag. Peter Achten, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands NRW, sprach im Interview mit WDR5 von erheblichen Umsatzeinbußen. „Wir reden da im Non-Food-Handel pro Tag in Nordrhein-Westfalen über Umsätze zwischen 200 und 250 Millionen Euro.“
Die Tage nach Weihnachten seien für einzelne Branchen des Handels sehr wichtig, sagte Achten. „Sie werden regelmäßig genutzt, um Geldgeschenke einzulösen oder mit der Familie größere Anschaffungen zu tätigen.“ Etwa für den Möbelhandel oder den Babyfachhandel seien das „starke Tage“.
Der Einzelhandel sei kein Infektionshotspot, betonte Achten. Sollten die Geschäfte doch geschlossen werden, erbringe der Einzelhandel ein Sonderopfer und müsse dann genauso entschädigt werden wie die Gastronomie. Eine Entschädigung über eine Geschäftsschließung nach Weihnachten müsse mit einer ausreichenden Ankündigungsfrist getroffen werden. „Wenn man das von einem Tag auf den anderen machen würde, wären Panikkäufe von Weihnachtsgeschenken vermutlich die Folge.“
Leopoldina fordert ebenfalls „harten Lockdown“
Auch andere Ministerpräsidenten hatten sich bereits für härtere Maßnahmen über die Feiertage ausgesprochen. Aktuell dürfen sich fast überall in Deutschland nur zwei Haushalte mit bis zu fünf Personen treffen. Zwischen dem 23. Dezember und dem 1. Januar soll dies vorübergehend gelockert werden. Ob und wie stark, entscheidet jedes Bundesland selbst. Je nach Land können dann bis zu zehn Personen zusammenkommen, Kinder unter 14 Jahren nicht mitgerechnet.
Wann die Ministerpräsidenten erneut mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu Beratungen über mögliche Verschärfungen zusammenkommen, ist unklar. Nachdem Merkel an diesem Donnerstag und Freitag beim EU-Gipfel in Brüssel gebunden ist, war zwischenzeitlich auch ein Termin am kommenden Sonntag im Gespräch. Möglich wäre nach wie vor allerdings auch ein Treffen im Laufe der kommenden Woche.
Die Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina fordert ebenfalls, die Feiertage und der Jahreswechsel für einen „harten Lockdown“ zu nutzen, um die hohen Infektionszahlen schnell zu verringern. (dpa/red)