Essen. Immer mehr Stimmen werden laut, vergünstigte Kabelgebühren für Mieter zu erhalten. CDU-Minister Altmaier bekommt Contra aus der eigenen Partei.
Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) stößt mit seinem Plan, kostengünstige Kabelfernsehen-Verträge für Mieter abzuschaffen, zunehmend auf Widerstand. Nach den Bauministern und der Immobilienbranche plädieren inzwischen auch der CDU-Wirtschaftsrat, Landesmedienanstalten und Wissenschaftler für den Erhalt der Umlagefähigkeit von Kabelkosten.
Rund 12,5 Millionen Mieter kennen das Modell: Ihre Wohnungsgesellschaft bucht automatisch jeden Monat die Gebühren für den Kabelanschluss gleich mit den Nebenkosten ab. Der Vorteil für die Mieter: Sie zahlen mit durchschnittlich neun Euro weniger als die Hälfte als ein Kunde, der einen Einzelvertrag mit dem Kabelanbieter hat. Der Nachteil: Die Mieter kommen aus der Bindung an den Fernsehversorger nicht heraus – auch wenn sie den Kabelanschluss gar nicht nutzen.
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Altmaier will das ändern. Auch weil er die Kabeltechnologie für veraltet hält und vermutet, dass die Menschen ohnehin lieber Streamingdienste und das Internet bevorzugen.
An diesem Punkt des Entwurfs für ein neues Telekommunikationsgesetz will der CDU-Wirtschaftsflügel seinem Parteifreund nicht folgen. „Die unbürokratische Abrechnung des TV-Anschlusses in der Wohnungswirtschaft über die monatlichen Betriebskosten (Umlagefähigkeit) gewährleistet ein günstiges Preisniveau für die Endkunden und kann es Telekommunikationsunternehmen ermöglichen, den Gigabitausbau im Festnetz weiter voranzubringen“, heißt es in einer Stellungnahme des CDU-Wirtschaftsrats.
Unter den Anbietern von Fernsehanschlüssen hat sich bislang allein die Telekom als vehemente Verfechterin der Abschaffung des „Nebenkostenprivilegs“, wie eine Sprecherin es nennt, ausgesprochen. „Die Zwangsabgabe für ein Fernseh-Kupferkabel aus dem letzten Jahrhundert, von der etwa 12,5 Millionen Mieter betroffen sind, muss abgeschafft werden“, fordert der Bonner Konzern. Im Gegensatz zum Marktführer Vodafone/Unitymedia oder zum Ruhrgebiets-Anbieter Gelsen-Net spielt die Telekom bei der Verbreitung von Kabelfernsehen freilich keine große Rolle. Von dem Geschäft mit Kabel-Großkunden profitiert sie deshalb kaum.
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Der Düsseldorfer Wirtschaftsprofessor Justus Haucap indes empfiehlt, die bisherige Umlage-Regelung unangetastet zu lassen. „Der Bund sollte diesen Kriegsschauplatz erst gar nicht aufmachen“, sagte der ehemalige Vorsitzende der Monopolkommission unserer Redaktion. „Über die KfW ist der Bund immer noch an der Telekom beteiligt. Deshalb hat es immer einen Beigeschmack, wenn die Regierung mit Entscheidungen der Telekom entgegenkommt. Es wäre besser, wenn der Bund aus der Telekom aussteigen würde.“
Professor Haucap: Der Wettbewerb ist sichergestellt
Haucap ist davon überzeugt, dass günstige Rahmenverträge dem Wettbewerb nicht schaden. „Vermieter verhandeln mit TV-Anbietern und holen sich unterschiedliche Angebote ein. Insofern ist der Wettbewerb sichergestellt“, sagt der Wissenschaftler. „Wenn ein Anbieter den Zuschlag erhält, gilt das für die Laufzeit des Vertrags. Danach beginnt der Wettbewerb wieder von vorne.“ Auch die Preisgestaltung werde von dem Umlageprinzip nicht beeinträchtigt. „Unter dem Strich funktioniert der Wettbewerb, sonst wären die TV-Gebühren für Mieter wohl nicht so deutlich gesunken“, so Haucap.
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Auch deshalb hält der Wirtschaftsprofessor nichts von dem Kompromissvorschlag des Mieterbundes, wonach den Mietern ein individuelles Recht auf Kündigung des Kabelvertrags eingeräumt werden solle. „Günstige Preise leben vom Mengenrabatt. Die Kosten für den TV-Anschluss werden auf alle Mieter umgelegt. Wenn einzelne Mieter das günstige Angebot kündigen könnten, schmilzt der Preisvorteil für die anderen Mieter“, gibt Haucap zu bedenken.
Glasfaser für Mietwohnungen
Auch aus technologischer Sicht plädiert der Wirtschaftsprofessor dafür, an der Umlage-Möglichkeit festzuhalten. „Das Vorhaben des Wirtschaftsministeriums passt nicht in die Zeit. Wir brauchen den Ausbau des Glasfasernetzes in den Wohngebieten. Das können wir nicht jedem einzelnen Mieter überlassen“, erklärt Haucap.
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Kritik an den Plänen des Bundeswirtschaftsministers kommt nicht nur vom CDU-Wirtschaftsrat. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Reinhard Houben weist darauf hin, dass Hartz-IV-Empfänger besonders betroffen seien. Für sie übernimmt die öffentliche Hand die Mietnebenkosten. Fielen die Kabelgebühren nicht mehr darunter, hätten sie „keinen direkten Zugang zu Informationen im Fernsehen“, meint Houben.
Ralph Lenkert von der Linken-Bundestagsfraktion gibt zu bedenken. „Eine Gesetzesänderung, die zu einer Preiserhöhung für Bürgerinnen und Bürger führt, lehnen wir ab.“ Er fordert eine Garantie zum kostenlosen Empfang öffentlich-rechtlicher Sender für Jedermann. Landesmedienanstalten warnen überdies vor Reichweitenverlusten beim Fernsehempfang und negativen Auswirkungen auf die Angebotsvielfalt: Kleine Sender, die ihr Programm bisher nur über Kabel anbieten, könnten verschwinden.