Essen. Echo auf „Entfesselungspaket“ aus NRW mit 530-Euro-Minijobs und längeren sachgrundlosen Befristungen: Harte Kritik vom DGB, Lob von Arbeitgebern.

Das „Entfesselungspaket“ der schwarz-gelben Landesregierung spaltet die Tarifparteien: Während Arbeitgeberverbände den NRW-Vorstoß im Bundesrat begrüßen, reagierten die Gewerkschaften empört. Zu den 48 Vorschlägen gehören etwa 530-Euro-Minijobs, längere sachgrundlose Befristungen sowie ein Verzicht auf Finanztransaktions- und Vermögenssteuern. „Im Schatten steigender Corona-Fallzahlen will die Landesregierung Schutzrechte für Beschäftigte abbauen und Reiche vor den Kosten der Krise verschonen. Das ist völlig aus der Zeit gefallen“, sagte Anja Weber, DGB-Chefin in NRW.

„Ein Konjunkturprogramm zum Nulltarif“

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) hatten ihren Forderungskatalog am Dienstag in Berlin vorgestellt, am Freitag wollen sie ihn in den Bundesrat einbringen. Es sei ein „Konjunkturprogramm zum Nulltarif“, die Vorschläge zur Liberalisierung des Arbeitsmarkts und Entbürokratisierung sollen die bestehenden Konjunkturpakete zur Überwindung der Corona-Krise ergänzen. So sollen neue Belastungen vermieden werden, etwa durch neue Steuern oder das von der Bundesregierung geplante Lieferkettengesetz, das soziale und Umwelt-Standards in den Herkunfts- und Produktionsländern etwa von Textilien garantieren soll.

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) und Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in Berlin bei der Präsentation ihres „Entfesselungspakets“, das sie am Freitag in den Bundesrat einbringen wollen.
NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) und Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in Berlin bei der Präsentation ihres „Entfesselungspakets“, das sie am Freitag in den Bundesrat einbringen wollen. © Getty Images | Sean Gallup

Arbeitgeber sollen zudem während der Pandemie drei statt zwei Jahre lang Arbeitsverhältnisse sachgrundlos befristen können, damit sie trotz der ungewissen Zukunft Personal halten, dessen befristete Verträge auslaufen. Mehr Einstellungen verspricht sich die Landesregierung von einer Anhebung der 450-Euro-Verdienstgrenze bei den so genannten Minijobs auf 530 Euro. Sie ist laut Pinkwart „überfällig“. Das solle verhindern, dass bei steigenden Mindestlöhnen „immer weniger Stunden gearbeitet werden dürfen“, heißt es in der Begründung der Gesetzesinitiative.

DGB: Prekäre Minijobs nicht noch ausweiten

Der Gewerkschaftsbund ist strikt dagegen: „Die Verdienstgrenze für Minijobs auf 530 Euro anzuheben, bedeutet, den Versicherungsschutz für viele tausende Beschäftigte abzubauen“, warnt DGB-Chefin Weber. „Gerade die Corona-Krise hat uns vor Augen geführt, wie prekär Minijobs sind: Minijobberinnen und Minijobber erhalten weder Arbeitslosen- noch Kurzarbeitergeld. Das ist aktuell für viele fatal.“

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Die Vereinigung der Arbeitgeberverbände, Unternehmer NRW, sieht das anders und würde eine Anhebung von 450 auf 530 Euro begrüßen. „Da diese Grenze seit 2013 nicht mehr angehoben wurde, ist die Anpassung schon allein deshalb mit Blick auf die allgemeine Lohnentwicklung und die Teuerungsrate nur folgerichtig“, sagte Hauptgeschäftsführer Johannes Pöttering unserer Redaktion.

Unternehmer loben geplante Erleichterungen

Auch die weiteren Vorschläge im „Entfesselungspaket“ von Laschet und Pinkwart stoßen auf Zustimmung der Unternehmensverbände, denn: „Alles, was in diesen schwierigen Zeiten Einstellungen erleichtert, Beschäftigung sichert, Bürokratie abbaut und Regulierung zurückschraubt, können wir nur unterstützen“, so Pöttering. Die 48 Vorschläge aus NRW zeigten zudem, dass Politik auch ohne Milliardenausgaben für Konjunkturpakete „eine ganze Menge tun kann, um Betriebe zu entlasten und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen am Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken“.

Dagegen stört sich der DGB auch am geforderten „Belastungsmoratorium“ etwa für eine Vermögens- und Finanztransaktionssteuer. „Das ist ein Irrweg: Es sollten vielmehr stärkere Schultern eine angemessene Last der Krise tragen“, fordert Anja Weber. Zugleich wandte sie sich gegen eine Verschiebung des Lieferkettengesetzes, „Menschenrechte und Schutz für Beschäftigte sind aber auch in der Krise nicht verhandelbar“, so Weber.