Essen. Corona hat den Flughafen Düsseldorf in eine Krise gestürzt. Finanzspritze nötig. Auch Zulieferfirmen leiden unter der reduzierten Flugtätigkeit.

Bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie galt der Flughafen Düsseldorf als Job-Maschine. 20.000 Beschäftigte in rund 200 Firmen sind an dem Verkehrsdrehkreuz tätig. Nach dem Shutdown kämpft der Airport nun um seine Zukunft. Die Bottroper Spedition Kraftstofflogistik West hat den erheblichen Einbruch beim Kerosin-Verbrauch nicht überlebt und Insolvenz angemeldet. 83 Mitarbeiter erhielten bereits die Kündigung.

Nachdem im Frühjahr nahezu alle Flugzeuge am Boden bleiben mussten und die Terminals verwaist waren, kehrt das Leben nur langsam wieder in den Flughafen Düsseldorf zurück. 200 Flugbewegungen pro Tag waren es zur Mitte der Ferien, am Ende sind es nun 250. Verglichen mit dem Rekordjahr 2019, als zur selben Zeit pro Tag rund 700 Flieger starteten und landeten und bis zu 90.000 Passagiere bewegt wurden, kommt der Airport in der Landeshauptstadt in der Krise gerade mal auf ein Drittel.

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Die wirtschaftlichen Folgen sind dramatisch. Für alle rund 2300 Beschäftigten hat Flughafen-Geschäftsführer Thomas Schnalke bis zum Jahresende Kurzarbeit angemeldet. Wegen fehlender Einnahmen geht dem Konzern allmählich das Geld aus. „Die Umsätze sind an den Flughäfen eingebrochen, während der hohe Fixkostenanteil gleichzeitig zu deutlichen finanziellen Einbußen und Liquiditätsengpässen führt“, sagt Sprecher Christian Hinkel, ohne ins Detail gehen zu wollen. Eine Zahl lässt er sich dann doch entlocken. Der Wunsch der Landesregierung, dass der Flughafen Düsseldorf auch in der Krise seine Betriebspflicht erfülle, koste monatlich zehn Millionen Euro. „Diesen Kosten steht ein verschwindend geringer Restumsatz gegenüber“, so Hinkel.

100-Millionen-Finanzspritze für Flughafen Düsseldorf

Über eine Finanzhilfe der privaten und öffentlichen Flughafen-Eigentümer in dreistelliger Millionenhöhe soll einem Bericht der „Rheinischen Post“ zufolge ein Streit im Aufsichtsrat entbrannt sein. Das Unternehmen will sich dazu nicht äußern. Sprecher Hinkel erklärt lediglich: „Um die akuten finanziellen Auswirkungen der Krise auf unser Unternehmen abzufedern, schöpfen wir alle uns gebotenen Möglichkeiten der Liquiditätssicherung aus – auf dem Kapitalmarkt und im Gespräch mit unseren Gesellschaftern.“ Der Kreis aus Stadt Düsseldorf und privaten Anteilseignern sei bereit, dem Airport eine Finanzspritze bis zu 100 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig hat der Konzern selbst Unternehmensberater eingeschaltet, die Einsparpotenziale identifizieren sollen. Die Rede ist inoffiziell von 73 Millionen Euro.

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Sorgen um die Zukunft machen sich nicht nur die Mitarbeiter des Flughafens, sondern auch zahlreiche Firmen, die von ihm abhängig sind. „Nach den Sommerferien droht dem Flughafen Düsseldorf ein Dornröschenschlaf. Auch der Geschäftsflugverkehr kommt nicht auf Touren“, befürchtet der Seecontainer-Spediteur Udo Stern, der früher 20 Jahre im Vorstand der Lufthansa gesessen hatte. Der 62-Jährige beobachtet mit Sorge, dass Corona dem Airport der Landeshauptstadt zunehmend die Basis entziehe. „Durch die Corona-Krise funktioniert die Wertschöpfungskette aus Flughafen, Messe, Gastronomie, Transportgewerbe und Reisen einfach nicht mehr“, sagt Stern. „Luftfracht spielt in Düsseldorf kaum eine Rolle. Dagegen legt Köln/Bonn wegen des Booms im Onlinehandel weiter zu.“

Spediteur Stern: „Wir brauche in Düsseldorf dringend Investoren“

Hinzu kommt, dass die Lufthansa lange vor der Pandemie angekündigt hatte, sich aus dem Langstrecken-Geschäft ab Düsseldorf zu verabschieden. Die Flüge übernimmt die Billigtochter Eurowings. Spediteur Stern sieht nun auch die Politik in der Pflicht, den Flughafen zu stabilisieren. „Wir brauchen in Düsseldorf dringend Investoren, die Geschäft mitbringen. Man sollte sich um eine Airline aus Nahost bemühen“, fordert der gebürtige Wanne-Eickeler. Bislang hat nur die Airline Etihad den Betrieb nach Abdu Dhabi wieder aufgenommen.

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Zusammen mit anderen Unternehmen hatte Stern unlängst die „Initiative gegen Geschäfts-Virtualisierung“ gegründet. Sie will verhindern, dass Videokonferenzen und Homeoffice künftig Geschäftsflüge ganz aussterben lassen – mit all den Folgen für Flughäfen, Airlines, Hotellerie und Gastronomie. Während die Luftfahrt-Branche bis zur Corona-Pandemie von satten, jährlich steigenden Fluggastzahlen ausgegangen war, erwartet sie jetzt langfristige Verkehrsrückgänge. Vermutet wird, dass ein rentabler Flugbetrieb wegen der Sicherheitsvorkehrungen und Reisewarnungen nicht vor dem Jahr 2023 möglich sein werde.

Kerosin-Produktion bei BP eingebrochen

Die auf ein Drittel geschrumpften Starts und Landungen bekommen auch die Kraftstoff-Zulieferer zu spüren. Der größte am Flughafen Düsseldorf ist der Bochumer Aral-Mutterkonzern BP. Das Kerosin für die Flugzeuge produziert er zum großen Teil in der Raffinerie Gelsenkirchen-Scholven. „Vor Corona haben im Schnitt etwa gut 40 Tankwagen die BP-Raffinerie in Gelsenkirchen Richtung Flughafen Düsseldorf verlassen. Zur Hoch-Zeit der Pandemie im April bis Juli waren es unter zehn Tankwagen“, sagt BP-Sprecher Marc Schulte. Aktuell steige die Kerosin-Nachfrage wieder. „Dennoch ist die gesamte Branche von einer Normalisierung im Flugkraftstoffbereich noch weit entfernt“, betont Schulte.

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Das bekommt auch die Bottroper Spedition KLW zu spüren. Sie transportiert das Kerosin von Gelsenkirchen aus zu allen Flughäfen in NRW. Rund 100 Lkw-Touren waren das täglich, bevor das Coronavirus ausgebrochen war. Am 3. Juni meldete das Unternehmen Insolvenz an. 83 Mitarbeiter erhielten die Kündigung.

Im Geschäftsbericht für 2019, das bisherige Rekordjahr für den Flughafen Düsseldorf, heißt es noch stolz: „Im Umfeld sind indirekt sogar mehr als 54.000 Arbeitsplätze vom Airport abhängig. Allein die Flughafen Düsseldorf GmbH ordert pro Jahr Lieferungen und Leistungen im Wert von rund 200 Millionen Euro – und trägt damit zur Prosperität zahlreicher weiterer Unternehmen der Region bei.“