Bottrop. Der Bottroper Spezialist für Kerosin-Transporte KLW ist pleite. Betriebsrat und Gewerkschaft machen der Muttergesellschaft schwere Vorwürfe.

Von der Raffinerie in Gelsenkirchen-Horst zum Düsseldorfer Flughafen – für die meisten Fahrer der Bottroper Spedition KLW – die Kurzform für Kraftstofflogistik West – war das die Standardstrecke. Bis zu 100 Touren am Tag standen für die Tankwagen des Bottroper Unternehmens auf dem Plan, der Kerosindurst am größten Flughafen des Landes war groß. Und auch die anderen Flughäfen in NRW haben die Bottroper beliefert.

Mit Corona brach der Flugverkehr ein, der Bedarf an Kerosin war nicht mehr so groß und damit brachen die Aufträge weg. Am 3. Juni meldete KLW daher Insolvenz an. Am Mittwochmittag in der Betriebsversammlung verkündete der Insolvenzverwalter dann das endgültige Aus. Die zuletzt 83 Mitarbeiter erhielten ihre Kündigung.

Bottroper Spedition erhielt Aufträge von der hessischen Muttergesellschaft

Aus deren Sicht hätte es gar nicht so weit kommen müssen. Die Mitglieder erheben schwere Vorwürfe gegen die KLW-Muttergesellschaft, die Spedition Heinrich Kördel aus Guxhagen. KLW sei gegründet und im Einsatz als Subunternehmer für die hessische Muttergesellschaft. „Alle Aufträge bekommen wir von Kördel“, erläutert der Betriebsratsvorsitzende Peter Koblenz. Auch Gebäude, Hof und Fahrzeuge miete KLW bei Kördel.

Dass die Nachfrage nach Kerosin eingebrochen ist, das stellt der Betriebsrat nicht in Abrede. Doch inzwischen werde wieder mehr benötigt. Doch anstatt das Kördel wie bisher die Bottroper Tochter einsetze, gingen die Aufträge nun an eine Kölner Tochter. Ein Teil werde auch von Kördel selbst abgewickelt. Das sei vorher nie der Fall gewesen. Zehn Fahrer belieferten von Bottrop aus noch Tankstellen, dazu seien vereinzelte Fuhren gekommen, die die anderen Gesellschaften nicht stemmen konnten.

Gewerkschaft Verdi glaubt das der Betriebsrat in Bottrop zu unbequem war

Die Bottroper haben nun den Eindruck: Hier werde ein Unternehmen, das durchaus Chancen gehabt hätte, sich wieder zu erholen, bewusst kaputt gemacht. Möglicherweise sei man unbequem, weil sich die Mitarbeiter hier vor Ort organisiert hätten, spekulieren die Betriebsräte. Denn schon die Gründung des Betriebsrats habe Probleme verursacht. Eine Auffassung, die auch Gewerkschaftssekretärin Yasemin Kizilirmak teilt, bei Verdi verantwortlich für Speditions- und Logistikbetriebe.

Das Corona gerade in dieser Branche Spuren hinterlässt, stellt der Betriebsrat überhaupt nicht in Abrede. Nach der Insolvenz habe man ein eigenes Konzept entwickelt und es den Gesellschaftern vorgelegt. „Wir sind im Moment bei einem Drittel des Flugaufkommens von vor Corona“, sagt Koblenz, das habe man zugrunde gelegt. Demnach hätte man mit rund 35 Kollegen das Unternehmen weiterführen können. Ein Teil hätte in Kurzarbeit bleiben können und hätte dann bei Bedarf, falls die Nachfrage nach Kerosin weiter anzieht, wieder einsteigen können.

Gewerkschaft bezeichnet das Vorgehen der Muttergesellschaft als „unanständig“

Das Konzept habe auch der Insolvenzverwalter mitgetragen, betont Koblenz. Ein erster Vorschlag von Kördel, der später zurückgezogen wurde, habe dagegen nur rund 15 Mitarbeiter in Bottrop vorgesehen. Auch der Insolvenzverwalter hält die Entwicklung für unnötig und habe einen anderen Weg für richtig gehalten, heißt es in dessen Schreiben an den Betriebsrat. Und weiter: „Ich bedaure diese unnötige Entwicklung sehr, kann aber leider nichts daran ändern.“

Denn ein Anrecht auf diese Fahrten habe KLW nämlich nicht, das räumt auch der Betriebsrat ein. Rechtlich sei also gegen das Vorgehen der Muttergesellschaft nichts zu sagen, gibt auch Koblenz zu. „Die Leute hier sind sauer. Das Vorgehen von Kördel ist einfach unter aller Kanone“, sagt Koblenz. Und das sei zurückhaltend formuliert. „Wir werfen Kördel vor, illegitim und höchst unanständig zu handeln“, urteilt Yasemin Kizilirmak.

Die Lokalredaktion hat Kördel Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Vorwürfen gegeben. Bis zum Redaktionsschluss hatte sich das Unternehmen noch nicht geäußert.

Oberbürgermeister will Gespräche führen

Der KLW-Betriebsrat informierte am Mittwochvormittag auch Oberbürgermeister Bernd Tischler über die Situation für die Mitarbeiter. Tischler bezeichnete das später verkündete Aus für den Betrieb als „bitter“. Insbesondere für die Mitarbeiter sei die Situation extrem schmerzhaft und bedauerlich. Aber auch für die Stadt sei der Verlust der Arbeitsplätze eine schlechte Nachricht, gerade in der aktuellen Situation.

So ganz will Tischler sich damit noch nicht abfinden. Er will versuchen, mit der Geschäftsführung in Bottrop aber auch mit den Kördel-Gesellschaftern ins Gespräch zu kommen. Er wolle die Verantwortlichen dafür ins Rathaus einladen, versicherte Tischler den Betriebsräten. Allerdings, so stellte er klar, könne er niemanden zwingen, eine solche Einladung auch anzunehmen.

Gleichzeitig dürfe niemand den Einfluss überschätzen, den eine Stadt auf solche Entscheidungen eines Unternehmens nehmen könne, so Tischlers Mahnung.