Essen. Die Steag erhebt gegen das Gesetz zur Abschaltung der Kohlekraftwerke Verfassungsklage in Karlsruhe. Konzern sieht Steinkohle benachteiligt.
Der Essener Stromkonzern Steag zieht gegen das jüngst verabschiedete Gesetz zur Abschaltung der Kohlekraftwerke vor das Bundesverfassungsgericht. Das Unternehmen habe „einen Eilantrag vor dem Bundesverfassungsgericht“ in Karlsruhe eingereicht, teilte die Steag am Mittwoch mit. Der Stadtwerken aus sechs Ruhrgebietskommunen gehörende Stromerzeuger will damit bessere Bedingungen bei der Abschaltung seiner Steinkohlekraftwerke in Deutschland erreichen.
Es geht um die im „Kohleverstromungsbeendigungsgesetz“ (KVBG) vorgesehenen Ausschreibungen zur Abschaltung von Steinkohleblöcken, die bereits in diesem September beginnen und bis 2027 jährlich stattfinden sollen. Die Betreiber sollen ihre Kraftwerke dabei zur Stilllegung anmelden. Abschalten darf nur, wer am wenigsten Geld dafür verlangt, wobei die Maximalentschädigungen mit jedem Jahr sinken. Danach können die Steinkohlekraftwerke zwangsweise und ohne jede Entschädigung stillgelegt werden. Sollten zu wenige Kraftwerke vom Netz gehen, droht das bereits ab 2024.
Steag sieht Steinkohle unangemessen benachteiligt
Die Steag sieht sich vor allem gegenüber den Braunkohlekonzernen benachteiligt, für die es einen klaren Ausstiegspfad bis 2038 samt Entschädigungen von insgesamt 4,35 Milliarden Euro gibt. Dabei betont das Essener Unternehmen ausdrücklich, es begrüße diese Regelungen. „Es ist aber nicht nachvollziehbar, dass mit den Betreibern von Steinkohlekraftwerken keine derartigen Gespräche geführt wurden und ihnen unangemessene Entschädigungsregelungen auferlegt werden“, heißt es zur Begründung der Verfassungsklage.
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Das Unternehmen betont, Ziel seines Eilantrags sei es nicht, das Inkrafttreten des KVBG zu verhindern oder dessen Durchführung zu verzögern. Es unterstütze auch die von der Bundesrepublik Deutschland „völker- und europarechtlich verbindlich vereinbarten Klimaschutzziele“, die mit dem Gesetz verfolgt werden sollen. Durchsetzen will die Steag in Karlsruhe konkrete Verbesserungen für seine Steinkohlekraftwerke.
Auktion im September soll erweitert werden
Die in den Auktionen zu erzielenden Höchstpreise seien „unangemessen niedrig, die Auktionsbedingungen in zahlreichen Punkten unklar und rechtswidrig“, heißt es. Da in der Auktion am 1. September die zu erzielenden Höchstpreise noch am attraktivsten seien, begehre die Steag mit dem Eilantrag „eine Ausweitung des Volumens dieser ersten Auktion um etwa 20 Prozent sowie eine Feststellung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Zuschläge hinsichtlich der Höhe nur vorläufig sind und ihre Angemessenheit im Hauptsacheverfahren überprüft werden kann“.
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In den bestehenden Regelungen sieht der viertgrößte deutsche Stromerzeuger „einen unzulässigen Eingriff in ihr durch das Grundgesetz sowie die Grundrechte-Charta der EU geschütztes Recht auf Eigentum“. Denn Stand jetzt müsse das Unternehmen „entweder hinnehmen, dass ab 2024 seine Steinkohlekraftwerke aufgrund ordnungsrechtlicher Verfügung entschädigungslos stillgelegt werden oder in bereits in gut einem Monat an Auktionen zur Stilllegung von Steinkohlekraftwerksblöcken teilnehmen.“
Kohlegesetz ist noch nicht in Kraft
Das Kohleausstiegsgesetz wurde am 3. Juli vom Bundestag verabschiedet, allerdings bis heute nicht im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Damit ist es auch noch nicht in Kraft, wie das Bundeswirtschaftsministerium dieser Zeitung auf Anfrage bestätigte. „Einen Zeitpunkt für die Veröffentlichung können wir Ihnen nicht nennen. Dies hängt vom weiteren formalen Ausfertigungsverfahren ab, für das es keine festgelegten Fristen gibt“, teilte das Ministerium mit.
Die Steag sieht sich daher gezwungen, „den Antrag auf Eilrechtsschutz vor dem Bundesverfassungsgericht schon vor Inkrafttreten des Gesetzes zu stellen, um noch vor der ersten Stilllegungsauktion am 1. September 2020 Rechtsschutz erlangen zu können“. Zu einem späteren Zeitpunkt werde die Steag Verfassungsbeschwerde erheben, teilte sie am Mittwoch ferner mit.