Essen. Die Koalition in Berlin hat sich auf den Kohleausstieg samt Nachbesserungen für junge Steinkohleblöcke geeinigt. Laschet begrüßt den Kompromiss.

Die Zechen sind zu, nun beendet Deutschland auch die Verbrennung von Kohle in den Kraftwerken bis spätestens 2038. SPD und Union haben sich auf letzte Änderungen am Gesetz zum Kohleausstieg geeinigt, damit steht der Verabschiedung am Freitag im Bundestag und Bundesrat nichts mehr im Weg. Für die Steinkohle-Stromkonzerne wie Steag und Trianel enthält der jüngste Entwurf leichte Nachbesserungen. Damit werden die beteiligten Stadtwerke etwas weniger belastet als befürchtet. Darauf hatten die Revier-Oberbürgermeister gedrungen.

Die letzten Steinkohlekraftwerke sollen spätestens 2033 vom Netz gehen, die Braunkohleblöcke erst 2038. Die betroffenen Regionen vor allem in Ostdeutschland und im Rheinland sollen Hilfen des Bundes von insgesamt 40 Milliarden Euro für den Strukturwandel erhalten. Auch dieses Strukturstärkungsgesetz soll am Freitag verabschiedet werden.

Laschet nennt Kompromiss „Meilenstein“

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) begrüßte den Kohlekompromiss der Groko in Berlin als „Meilenstein für mehr Klimaschutz und mehr Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland“. Es liege nun eine „wirklich große Lösung für das Generationenprojekt Kohleausstieg auf dem Tisch“. Mit der Einigung bei den strittigen Punkten zur Steinkohle habe sich „am Ende auch unser intensiver Einsatz für eine faire Regelung für die jungen Steinkohlekraftwerke“ ausgezahlt, sagte Laschet unserer Redaktion. „Das sind gute Nachrichten, insbesondere auch für die Kraftwerksstandorte der Städte im Ruhrgebiet.“

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Die Regierung hat mit den Braunkohlekonzernen wie RWE eine Stilllegung ihrer Kraftwerke bis 2038 ausgehandelt sowie Entschädigungen für vorzeitige Stilllegungen von insgesamt 4,35 Milliarden Euro. Für Steinkohlekraftwerke sollte es dagegen nur bis zum Jahr 2026 und auch nur deutlich geringere Entschädigungen geben. Die Betreiber sollen ihre Steinkohleblöcke in Ausschreibungen zur Stilllegung anmelden. Abschalten darf nur, wer am wenigsten Geld dafür verlangt. Danach sollten die Kraftwerke bis 2033 zwangsweise und ohne jede Entschädigung stillgelegt werden.

Koalition will Wertberichtigungen vermeiden

Hier hat die Koalition nun nachgebessert: Die Ausschreibungen sollen ein Jahr länger laufen, die maximalen Entschädigungen etwas höher ausfallen. Vielleicht noch wichtiger: In den Jahren 2022, 2026, 2029 und 2032 soll jeweils überprüft werden, ob trotz des Kohleausstiegs die Versorgungssicherheit gewährleistet und die Strompreise bezahlbar bleiben. Geprüft werden soll „auch die Sozialverträglichkeit“ des Kohleausstiegs, sprich, ob die Kohlestromerzeuger ihn überleben. „Um vorzeitige Wertberichtigungen zu vermeiden“, heißt es im Entwurf, werde geprüft, „ob für Steinkohleanlagen, die seit dem 1. Januar 2010 in Betrieb genommen worden sind, eine Anpassung des gesetzlichen Rahmens erforderlich ist“.

Der Braunkohletagebau Garzweiler.
Der Braunkohletagebau Garzweiler. © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services

Damit gemeint sind die jüngeren Steinkohlekraftwerke der Steag in Duisburg-Walsum und des Stadtwerkeverbunds Trianel in Lünen, beide Baujahr 2013. Ziel sei es, unzumutbare Härten für die Betreiber zu vermeiden. Eine Möglichkeit sei, die stillzulegenden Kraftwerk in eine Netzreserve zu überführen und die Bereithaltung zu bezahlen. Dazu gibt es mehr Geld für die Umrüstung von Kohle auf Gas, geplant sind dafür zwei Milliarden Euro.

Die Essener Steag, die Stadtwerken aus sechs Ruhrgebietsstädten gehört, und Trianel mit Bochum als größtem Eigner können also auf Kompensationen hoffen, fest einplanen aber noch nicht, dafür bleibt der Entwurf zu vage. „Die geplante Evaluierung verschiebt die endgültige Entscheidung zwar in die Zukunft“, bemängelt deshalb der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), lobt aber: „Entscheidend ist, dass die Regierungsfraktionen das Ziel im Gesetz ausdrücklich verankern, vorzeitige Wertberichtigungen zu vermeiden.“

SPD: Zentrale Verbesserungen durchgesetzt

Die SPD spricht von einer „harten und zielgenauen Evaluierungsklausel“, die man für junge Steinkohlekraftwerke durchgesetzt habe. Die Nachbesserungen reklamieren die Sozialdemokraten als ihren Verhandlungserfolg: „In den parlamentarischen Beratungen haben wir gegenüber den ursprünglichen Plänen aus dem Bundeswirtschaftsministerium zentrale Verbesserungen für NRW durchgesetzt“, sagte Achim Post, SPD-Fraktionsvize und Chef der NRW-Landesgruppe, unserer Redaktion. „Die deutlich verbesserten Rahmenbedingungen für die Kraft-Wärme-Kopplung, die Erhöhung der Höchstpreise in den Ausschreibungen und das Umrüstungsprogramm können den Steinkohleunternehmen und ihren Beschäftigten im Ruhrgebiet helfen.“

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NRW-Ministerpräsident Laschet sieht „eine klare nordrhein-westfälische Handschrift“, um die sich die Landesregierung bemüht habe. Bundestag und Bundesrat seien am Freitag aufgefordert, „den Weg endgültig frei zu machen für die aktive Umsetzung, die im Rheinischen Revier als Vorreiterrevier bereits in diesem Jahr mit der Abschaltung des ersten Braunkohleblocks beginnt“, so der NRW-Regierungschef.

Weniger begeistert vom Kompromiss zeigten sich die Grünen: „Der Kohleausstieg wird mit dieser Einigung nicht besser, sondern leider nur teurer“, sagte Fraktionsvize Oliver Krischer. Viele Kraftwerke würden viel zu spät abgeschaltet und die Inbetriebnahme des umstrittenen Steinkohlekraftwerks in Datteln abgesegnet. „Es wird munter weiter entschädigt und beim Klimaschutz wird nicht nachgebessert“, kritisierte Krischer.