Essen. Galeria Karstadt Kaufhof schließt jeweils beide Kaufhäuser in Essen und Dortmund sowie in Witten. Insgesamt 18 Filialen in NRW sind betroffen.
Der Warenhaus-Konzern Galeria Karstadt Kaufhof schließt rund ein Dutzend Filialen in Nordrhein-Westfalen, davon fünf im Ruhrgebiet. Nach Informationen unserer Redaktion aus Unternehmenskreisen will das Essener Traditionsunternehmen seine beiden Standorte am Firmensitz aufgeben: Sowohl der alte Kaufhof am Hauptbahnhof als auch Karstadt im Limbecker Platz sollen schließen. Ebenso die beiden Filialen in der Westfalenmetropole Dortmund. Auch der Kaufhof-Standort in der Wittener Innenstadt ist von den Schließungsplänen betroffen.
Den Mitarbeitern der betroffenen Häuser wurde die schlechte Nachricht am frühen Nachmittag überbracht. In Dortmund schloss der Kaufhof am Westenhellweg um 14 Uhr seine Türen für eine Mitarbeiterversammlung, in Witten um 14.30 Uhr. Der Kaufhof in Witten blieb auch für den Rest des Tages geschlossen. Passanten äußerten sich entsetzt, in Dortmund sagte eine ältere Dame: „Wenn Karstadt und Kaufhof zumachen, dann ist die Stadt tot.“
Essens OB Kufen entsetzt: Völlig unverständlich
Den Angaben zufolge sollen auch in Düsseldorf zwei Warenhäuser schließen: Am Wehrhahn und an der Schadowstraße. Weitere NRW-Standorte, die aufgegeben werden sollen, sind Hamm, Iserlohn, Gütersloh und Bielefeld. Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) sagte unserer Redaktion: „Wenn es so kommen sollte, bedauere ich die Entscheidung sehr und halte sie für falsch.“ Es sei „völlig unverständlich, dass am Hauptsitz des Unternehmens zwei Häuser geschlossen werden sollen. Das ist ein Tiefschlag für den Standort und auch für unsere Innenstadt würde das einen großen Einschnitt bedeuten.“
Karstadt hat am Freitagmittag dramatische Einschnitte verkündet und schließt nicht aus, dass es noch härter kommen könnte. Wie bereits am Donnerstagabend durchgesickert war, sollen 62 Filialen geschlossen werden. Im Rahmen des Schutzschirmverfahrens hätten sich der Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz und der gerichtlich bestellte Sachwalter Frank Kebekus mit dem Gesamtbetriebsrat und der Gewerkschaft Verdi auf einen Sozialplan und Interessensausgleich geeinigt, teilte Galeria Karstadt Kaufhof am Freitag mit. Das würde den Verlust von rund 6000 Vollzeitstellen mit sich bringen, wie aus Betriebsratskreisen zu vernehmen war. Für die Betroffenen soll eine Transfergesellschaft eingerichtet werden, in die sie laut Verdi „für mindestens sechs Monate“ wechseln können.
Nicht alle verbleibenden Filialen können sicher sein
Es könnte aber noch weitere Häuser treffen. In der Mitteilung heißt es weiter: „Der Plan sieht unter anderem die Schließung von zunächst 62 von 172 Filialen und zwei sogenannten Schnäppchencentern vor. Für sie besteht keine wirtschaftliche Fortführungsperspektive.“ Das „zunächst“ lässt Spielraum für weitere Schließungen. Kebekus erläutert anschließend auch, warum das Management noch nicht für alle verbleibenden 110 Kaufhäuser garantieren kann, dass sie bestehen bleiben. Er begrüße die Einigung ausdrücklich, heißt es. Aber: „Jetzt müssen wir noch zeitnah eine befriedigende Lösung mit den Vermietern finden.“
Die Lesart von Verdi ist allerdings eine völlig andere: „Die von dem Unternehmen geplanten 80 Filialschließungen wurden auf maximal 62 reduziert“, heißt es in einer Mitteilung der Gewerkschaft vom Freitag. Verhandlungsführer Orhan Akman will sich auch damit nicht abfinden: „Wir werden um jede dieser Filialen und jeden Arbeitsplatz kämpfen“, sagte er unserer Redaktion, „weil wir an die Zukunft der Innenstädte mit Warenhäusern als Magneten glauben.“ Dazu müssten alle ihren Beitrag leisten: Vermieter, Management, Eigentümer und auch die Politik.
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Letzteres bedeutet, dass einige Warenhäuser noch zittern müssen. Geiwitz und Kebekus hatten stets betont, 60 bis 80 Filialen müssten geschlossen werden. Rund 60 seien nicht zu retten, bei gut einem Dutzend verhandelten sie mit den Immobilienbesitzern über die Senkung der Mieten. Aktuell halten die Insolvenzexperten die Mieten an den fraglichen Standorten zu hoch, um die Häuser wirtschaftlich fortführen zu können.
Geiwitz: Einschnitte sind ohne Alternative
„Die Auswirkungen der unvorhersehbaren Corona-Krise und der behördlich angeordneten wochenlangen Schließungen der Häuser zwingen uns alle zu diesem schmerzhaften Einschnitt. Wir wissen, was dies für die betroffenen Mitarbeiter bedeutet“, betonte Geiwitz, der 2012 die Pleite der Drogeriemarktkette Schlecker gemanagt hatte. Die Einschnitte ins Filialnetz der letzten großen Warenhauskette in Deutschland seien aber „ohne Alternative, weil diese Filialen den Gesamtbestand des Unternehmens gefährden“. Es gehe letztlich darum, „das Unternehmen und damit viele tausend Arbeitsplätze zu sichern.“
Zunächst müssen rund 7500 Beschäftigte gehen, so die Umrechnung der Arbeitnehmerseite von Vollzeitstellen in Beschäftigte, die die Süddeutsche Zeitung nennt. Dabei werden die Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse in den Kaufhäusern berücksichtigt. Betriebsrat und Verdi haben in den viertägigen Verhandlungen aber auch Erfolge erzielt: Neben der Transfergesellschaft konnten sie durchsetzen, dass in den verbleibenden Filialen nicht, wie vorgesehen, zehn Prozent der Stellen wegfallen.
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Zudem wurden die geforderten tariflichen Einschnitte abgewendet. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Unternehmen verbleiben, „tritt der Integrations-Tarifvertrag, der nach der Fusion von Karstadt und Kaufhof geschlossen wurde und bis zur Corona-Krise galt, ab dem 1. Juli wieder in Kraft“, teilt das Unternehmen mit. Auch hier hatten Geiwitz und Kebekus einen Verzicht auf Lohnerhöhungen gefordert.
Tatsächlich werden die tariflich vorgesehen Entgelterhöhungen von 0,3 Prozent für das Jahr 2020 sowie die zu erwartende Entgelterhöhung im Jahr 2021 nicht ausgezahlt, laut Verdi aber „in Freizeit statt Geld“ umgewandelt. Ab 2022 sollen die Lohnerhöhungen der Flächentarifverträge dann „eins zu eins an die Beschäftigten weitergegeben“, betont Verdi. 2025 soll Galeria Karstadt Kaufhof dann ganz in den Flächentarif des Einzelhandels zurückkehren.
Gläubiger müssen noch zustimmen
Noch ist der Sanierungsplan nicht unter Dach und Fach: Am Montag muss ihm noch der Gläubigerausschuss zustimmen. Erst dann können Geiwitz und Kebekus ihn dem Amtsgericht Essen vorlegen, wo sie das Schutzschirmverfahren Ende März beantragt hatten. Nachdem Konzernchef Stephan Fanderl im März krankheitsbedingt von Bord gegangen war, übernahmen sie mit den verbliebenen Vorständen Miguel Müllenbach und Guido Mager bei Karstadt das Ruder.
Diese 18 Filialen schließt Galeria Karstadt Kaufhof in NRW:
• Bielefeld (Karstadt Warenhaus)
• Bonn (Karstadt Warenhaus)
• Brühl (Galeria Kaufhof)
• Dortmund (Galeria Kaufhof)
• Dortmund (Karstadt Warenhaus)
• Düsseldorf Schadowstraße (Karstadt Warenhaus)
• Düsseldorf Wehrhahn (Galeria Kaufhof)
• Gummersbach (Karstadt Warenhaus)- Gütersloh (Karstadt Warenhaus)
• Hamm (Galeria Kaufhof)
• Iserlohn (Karstadt Warenhaus)
• Köln Weiden (Galeria Kaufhof)
• Leverkusen (Galeria Kaufhof)
• Mönchengladbach Rheydt (Karstadt Warenhaus)
• Neuss (Galeria Kaufhof)