Essen. Umfrage: Jeder vierte Metallbetrieb rechnet mit Kündigungen im Herbst. Je länger die Krise dauert, desto mehr Arbeitsplätze geraten in Gefahr.

Die Corona-Pandemie trifft die Metall- und Elektroindustrie in NRW immer härter. Trotz staatlicher Hilfen gehen viele Betriebe inzwischen davon aus, nicht mehr um betriebsbedingte Kündigungen herumzukommen. Mehr als jedes vierte Unternehmen gab in der jüngsten Umfrage des Verbands Metall NRW an, es rechne aus heutiger Sicht mit Kündigungen.

Zwar gab es bisher kaum Entlassungen, nur drei Prozent aller befragten Betriebe gab an, wegen der Corona-Krise bereits betriebsbedingte Kündigungen ausgesprochen zu haben. Doch die Frage, ob das künftig nötig sein werde, bejahten 28 Prozent. Als Zeithorizont, wann es nicht mehr anders gehe, wurden durchschnittlich fünf Monate angegeben – demnach droht in der Metallindustrie eine Entlassungswelle im Herbst, sollten sich die Befürchtungen bewahrheiten. Das geht aus der zweiten Blitzumfrage des Verbands aus der ersten Maiwoche hervor, die unserer Zeitung vorliegt.

Metallbetriebe erwarten 2020 Umsatzminus von 25 Prozent

Die größte Industriebranche rechnet mit langwierigen Folgen der Krise. Fast neun von zehn NRW-Betriebe (87 Prozent) erwarten für das Geschäftsjahr 2020, rund ein Viertel ihres Umsatzes zu verlieren. „Je länger die Krise dauert, desto mehr Betriebe können Kündigungen nicht mehr ausschließen. Denn auf Dauer sind Umsatzausfälle um 25 Prozent nicht mit Kurzarbeit abzufangen,“ kommentierte Luitwin Mallmann das beunruhigende Ergebnis der Umfrage. Er ist Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbands Metall NRW.

Wie sich zeigt, haben noch deutlich mehr Betriebe ihre Produktion drosseln und auf Kurzarbeit umstellen müssen als im April. Inzwischen setzen zwei von drei Betrieben (65 Prozent) auf Kurzarbeit, weitere zwölf Prozent planen dies. Bisher sind sieben von zehn Beschäftigten in Kurzarbeit. Fast jedes zweite Unternehmen (47 Prozent) gab an, seine Produktion sei wegen der Corona-Krise stark bis sehr stark eingeschränkt.

Metall NRW: Der Arbeitsausfall ist dramatisch

„Die Krise ist jetzt voll in der Metall- und Elektroindustrie angekommen“, sagt Mallmann, „42 Prozent Arbeitsausfall und Kurzarbeit für 71 Prozent der Beschäftigten – das ist dramatisch.“ Er hofft, dass damit nun „die Talsohle erreicht“ sei. Entscheidend sei, dass es möglichst bald wieder bergauf gehe. Wichtig für die Industrie sei nun, „dass die Verbraucher ihr Vertrauen zurückgewinnen“, die Lockerungsmaßnahmen der Politik seien ein wichtiger Schritt. Für die exportstarke Metallindustrie sei es aber genauso wichtig, dass in Europa und weltweit die Konjunktur anziehe und die Lieferketten wieder funktionierten.

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Die meisten Betriebe versuchen derzeit, mit flexiblen Arbeitszeitregelungen und tariflichen Instrumenten über die Runden zu kommen. Doch auch die staatlichen Hilfen werden zunehmend genutzt: Die Stundung von Steuern und Sozialbeiträgen nutzt oder plant fast jeder zweite Metall- und Elektrobetrieb (44 Prozent), Soforthilfe jeder fünfte. Insgesamt 37 Prozent der befragten Unternehmen haben staatlich abgesicherte Kredite ins Auge gefasst oder bereits erhalten.

„Wir brauchen kein Strohfeuer“

Weitere staatliche Hilfen würde ihr Dachverband begrüßen, möchte sich aber nicht in die Liste von Sonderwünschen einreihen. „Wir brauchen nachhaltige Impulse und kein Strohfeuer“, sagt Mallmann dazu, „wichtig wäre es, Investitionen zu erleichtern, durch Bürokratieabbau und durch strukturelle Hilfen, zu denen auch Konsumanreize sowie die Vereinfachung und Beschleunigung der Genehmigungsverfahren gehören können.“