Hagen. Als fünfter Handelskonzern in NRW nutzt Modekette Sinn Schutzschirmverfahren. Firmenchef Goebel ist von Corona-Hilfen des Staates enttäuscht.
Die Corona-Pandemie treibt immer mehr Modeketten aus NRW in Schutzschirmverfahren: Nach Esprit aus Ratingen, Hallhuber aus Halle in Westfalen, Appelrath & Cüpper in Köln ist nun auch das Hagener Unternehmen Sinn mit seinen 1400 Mitarbeitern zum Insolvenzgericht gezogen. Geschäftsführer Friedrich Wilhelm Göbel schreibt einen bösen Brief an Ministerpräsident Laschet und kritisiert die Begrenzung der Verkaufsfläche auf 800 Quadratmeter.
Das traditionsreiche Modehaus Sinn kennt sich aus mit Insolvenzen: Nach der Abspaltung vom siechenden Handelskonzern Karstadt Quelle hatte Sinn im Jahr 2008 erstmals den Kopf aus der Schlinge gezogen. 2016, damals als Tochter des Unternehmens Wöhrl, durchlief Sinn das zweite Insolvenzverfahren. Seither führt Friedrich Wilhelm Göbel die Geschäfte. Mit Erfolg. Nach der Schließung zahlreicher Filialen hatte er zuletzt wieder auf Expansion gesetzt und in Recklinghausen ein Modehaus neu eröffnet. Auch nach Essen – als Nachbar des Kaufhofs – wollte Göbel zurückkehren. Doch wenige Tage vor dem geplanten Start kam der Corona-Shutdown.
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Der Sinn-Chef zeigt sich entschlossen, das Unternehmen zu retten, gleichzeitig aber auch tief enttäuscht von der Politik. In einem offenen Brief an NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) spart Göbel nicht mit Kritik. „Die Sinn GmbH hat mit vier Banken über eine Beantragung von Mitteln aus dem ‚Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) Sonderprogramm 2020‘ gesprochen, jedoch regelmäßig eine Absage erhalten“, erklärt Göbel. „Die aktuell angebotenen Hilfen des Staates sind somit zumindest für die Sinn GmbH nicht sinnhaft und nicht verfügbar.“
Kein Stellenabbau geplant
Die Kette aus dem Ruhrgebiet will ihr Schicksal nun selbst in die Hand nehmen. „Wir brauchen 30 bis 40 Millionen Euro“, sagt der Sinn-Chef im Gespräch mit unserer Redaktion. Diese Summe habe er durch die Zwangsschließungen verloren. Göbel zeigt sich zuversichtlich, das Geld in Verhandlungen mit Eigentümern, Vermietern, Zulieferern und anderen zusammenzubekommen. „Wir wollen grundsätzlich alle Häuser weiter betreiben und keine Arbeitsplätze abbauen“, so Göbel.
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Im Ruhrgebiet ist Sinn mit Filialen in Hagen, Bochum, Oberhausen, Recklinghausen und Unna präsent. Die Eröffnung in Essen war für den 23. April geplant und soll nun Anfang Mai stattfinden. Seit Dienstag hat die Kette auch wieder geöffnet - auf 800 Quadratmetern. „Damit erzielen wir keine vernünftigen Umsätze“, schimpft Göbel. Ministerpräsident Laschet fordert er deshalb auf, sich für die Abschaffung der Regel einzusetzen. „Wir benötigen sehr schnell eindeutige und klare Regelungen, um unser Geschäft wieder betreiben“, schreibt er im offenen Brief. Seine Filialen seien bis zu 2000 Quadratmeter groß und könnten Hygienemaßnahmen gegen Corona genauso gut umsetzen wie Baumärkte und Möbelhäuser.
Anmerkung der Redaktion: In dem Zitat von Herrn Göbel fehlte ein Wort. Es muss heißen: „Wir wollen grundsätzlich alle Häuser weiter betreiben und keine Arbeitsplätze abbauen.“ Wir bitten, das Versehen zu entschuldigen.