Essen. Restaurants bleiben zu, die Branche befürchtet eine Pleitewelle, fordert eigenen Schutzschirm. Warum sich Lieferung für die meisten nicht lohnt.

Kleinere und mittelgroße Läden dürfen wieder öffnen, Friseure auch, nur die Restaurants bleiben auch nach dem 4. Mai geschlossen – so haben es die Ministerpräsidenten und Kanzlerin Angela Merkel beschlossen. Die Enttäuschung in der Gastronomie ist entsprechend „riesengroß“, wie Dehoga-NRW-Chef Bernd Niemeier sagt, „weil wir dringend einen Termin gebraucht hätten“. Ein Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands sagte unserer Zeitung: „Wer uns jetzt nicht hilft, nimmt Tausende von Pleiten in Kauf.“ Vor allem viele kleine Restaurants, Hotels, Cafés und Bars seien in Existenzgefahr. Ohne sie gehe aber die Vielfalt des Gastgewerbes verloren.

Gastgewerbe fordert eigenen Rettungsschirm

Das Gastgewerbe von den Lockerungsmaßnahmen auszuschließen, trifft die Branche besonders hart. „Neben der wirtschaftlichen verschlechtert sich damit auch die emotionale Situation in den Betrieben von Tag zu Tag. Wir wollen raus aus der Passivität in die Aktivität, wir wollen wieder für unsere Gäste da sein“, sagt Dehoga-Präsident Niemeier. Angesichts der „katastrophalen Aussicht“ fordert der Verband ein eigenes Rettungspaket für das Gastgewerbe, das deutlich über die bestehende Soforthilfe hinausgeht sowie Steuererleichterungen. Zumal die Soforthilfe in NRW ja wegen Betrügereien ausgesetzt werden musste.

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Weil das Gastgewerbe die erste Branche gewesen sei, die geschlossen wurde und vermutlich die letzte sein werde, die wieder öffnen darf, fordert es nun Staatshilfen. „Dieses gesellschaftliche Sonderopfer, das man dem Gastgewerbe auferlegt, muss ausgeglichen werden. Kein Unternehmen kann Umsatzeinbußen von fast 100 Prozent über einen längeren Zeitraum verkraften“, begründet Niemeier die Forderung.

Soforthilfe stockt, LVR lehnt Entschädigungen ab

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Die Wirte kämpfen mit vielen Problemen gleichzeitig: Die Soforthilfe stockt noch, die erlaubte Lieferung oder Abholung rechnet sich für viele nicht, und die Hoffnung vieler Gastronomen auf Entschädigungen für ihren Verdienstausfall zerschlagen sich auch. Wer wegen der behördlich angeordneten Zwangsschließung Verdienstausfälle hat, kann Entschädigung bei den Landschaftsverbänden stellen – dachten viele Wirte. Aber das gilt nach Auskunft des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) nur, wenn Quarantäne und eine Tätigkeitsverbot angeordnet wurde, aber keine Erkrankung vorliegt. „Das ist bei den Gastronomen nicht der Fall, deswegen müssen wir die Anträge ablehnen“, sagte ein LVR-Sprecher auf Anfrage.

Er bestätigte, dass „Hunderte Anträge von Gastronomen“ eingegangen seien. Für sie sei daher die Soforthilfe das richtige Instrument. Die sollen ab diesem Freitag wieder beantragt werden können. Nach Auskunft des Wirtschaftsministeriums sollen auch die Zahlungen in den kommenden Tagen wieder aufgenommen werden. Nachdem Betrüger mit Fake-Seiten Daten abgegriffen hatten, musste die Soforthilfe unterbrochen werden.

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Hinzu kommt die fehlende Perspektive. Denn selbst, wenn die Gaststätten irgendwann wieder öffnen dürfen, dann nur unter Beschränkungen, die es ihnen schwer machen, über die Runden zu kommen. Wenn etwa nur jeder zweite Tisch besetzt werden darf und auch nur mit weniger Personen, dürften Restaurants im Zweifel höchstens halb voll sein. Ob der Wirt davon dann seinen Koch, Miete und Strom zahlen kann, ist bei vielen fraglich. „Jeder wird für sich entscheiden müssen, ob das für ihn betriebswirtschaftlich tragbar ist“, meint ein Dehoga-Sprecher. Die Perspektive sei „verheerend“. Womöglich ist eine Schließung mit Fortsetzung der Kurzarbeit weniger verlustreich als eine beschränkte Öffnung.

Jeder vierte setzt auf Abhol- oder Lieferservice

Von der Möglichkeit, die Speisen ersatzweise per Liefer- oder Abholservice zu verkaufen, macht bisher laut einer Dehoga-Umfrage etwa jeder vierte der 51.000 Gastronomen in NRW Gebrauch. Der Verband unterstützt Wirte dabei mit der Online-Aktion „Dein-Lokal-nebenan“. Für viele werfe aber auch das keine Gewinne ab, es diene eher der Kundenbindung und dem Drang, etwas zu tun, heißt es aus dem Verband. Viele Wirte würden überlegen, das wieder einzustellen, sollten sie noch länger ihre Restaurants nicht für Gäste öffnen dürfen.

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„Wer unsere Gastronomen und Hoteliers nicht mit einem riesigen Schuldenberg irgendwann in die Normalität entlassen und wer die Vielfalt, die Buntheit und Struktur unserer Branche mit ihren Zehntausenden von Restaurants, Cafés, Kneipen, Clubs, Hotels und Pensionen erhalten möchte, der muss uns jetzt mit einem eigenen Rettungspaket wieder auf die Beine helfen“, fordert Dehoga-Chef Niemeier, „dazu gehört auch der reduzierte Mehrwertsteuersatz, wie er im Liefer- und Abholgeschäft schon gilt“.