Witten. Großbäckerei Harry will im Wittener Kronenbrot-Werk Toast und Sandwich backen. Dafür sollen aber nur 44 der 150 Mitarbeiter übernommen werden.

Deutschlands größter Backfabrikant Harry will den Wittener Standort der insolventen Kronenbrot Gruppe übernehmen. Das teilte der Marktführer aus Pinneberg am Freitag mit. Die Verhandlungen seien weit fortgeschritten, man wolle möglichst bald mit der Produktion in Witten beginnen, sagte eine Harry-Sprecherin dieser Zeitung. Dafür fehle nur noch die Zustimmung des Bundeskartellamts. Von den derzeit rund 150 Beschäftigten sollen aber nur 44 übernommen werden.

Harry wartete mit seiner Offerte die Pleite von Kronenbrot samt Einstellung der Produktion ab. Insolvenzverwalter Biner Bähr hatte die Backstraßen zum Ende Juli abstellen lassen, weil er keinen Käufer gefunden und die Hoffnung aufgegeben hatte. Zu veraltet seien die Maschinen und Arbeitsabläufe.

Insolvenz und Produktionsstopp abgewartet

Nun will Harry nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zugreifen. Die Norddeutschen sind mit einem Umsatz von rund einer Milliarde Euro jährlich die mit Abstand größte Bäckereigruppe Deutschlands, Kronenbrot war die Nummer fünf. Der Standort Witten sei für Harry „ideal, um unser Wachstum in NRW abzusichern“, sagte die Unternehmenssprecherin.

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Backen will Harry in Witten nur Toast und Sandwich, der dann abgepackt an den Lebensmittel-Einzelhandel geliefert wird. Fast alle großen Supermarktketten in NRW führen die geschnittenen Brote und Toasts sowie Aufbackbrötchen der Marke. Kronenbrot war der Hauslieferant des Discounter-Riesen Aldi Süd, der nach der jüngsten Pleite tagelang ausgedünnte bis leere Brotregale in einigen Filialen verkraften musste.

Nur ein Teil der Backstraßen benötigt

Auf die Frage, warum nur knapp ein Drittel der Belegschaft übernommen werden solle, hieß es, man benötige nicht die gesamte Kapazität des Wittener Großbäckerei, sondern genau die genannten für Toast und Sandwich. Für die Produktion sollen die vorhandenen Kronenbrot-Maschinen genutzt werden.

Betriebsrat Thomas Wustrack sieht das Interesse von Harry mit gemischten Gefühlen.
Betriebsrat Thomas Wustrack sieht das Interesse von Harry mit gemischten Gefühlen. © Barbara Zabka / FUNKE Foto Services

Dass rund 100 Beschäftigte gehen sollen, macht es dem Wittener Kronenbrot-Betriebsratschef Thomas Wustrack schwer, sich so richtig über das Interesse von Harry zu freuen. Das sei „ein zweischneidiges Schwert“, sagte er. 44 Kollegen hätten eine Chance auf eine Weiterbeschäftigung, der Rest nicht. „Diese Verhandlungen werden für uns als Betriebsrat ganz schwierig.“

Kronenbrot ging erstmals 2016 pleite, wurde Anfang 2017 von Finanzinvestoren um die Londoner Signal Capital übernommen. Die Rettung bedeutete das nicht, in diesem Juni meldete das Unternehmen mit Sitz in Würselen und 1000 Beschäftigten an drei Standorten erneut Insolvenz an.

Das 1865 gegründete Unternehmen belieferte zuletzt rund 3000 Lebensmitteleinzelhändler in NRW, Frankreich und den Beneluxstaaten. Die abgepackten Brote und Backwaren wurden auch von vielen Krankenhäusern und Altenheimen bestellt.