Essen. Fachkräften bleibt in den Ruhrgebietsstädten am meisten von ihrem Gehalt übrig. Die Wirtschaft sieht niedrige Mieten als großen Standortvorteil.
In bundesweiten Studien landen die Städte im Ruhrgebiet meist weit bis ganz hinten. Wenn es etwa um Arbeitslosigkeit geht, um Verschuldung oder die Lebensqualität. Eine gemeinsame Erhebung des Jobvermittlungs-Plattform Stepstone und des Immobilienportals Immowelt sieht das Ruhrgebiet nun weit vorne: Zwischen Duisburg und Dortmund bleibt für Fach- und Führungskräfte demnach am meisten von ihrem Einkommen übrig. Denn in hiesigen Städten ist den Daten zufolge das Verhältnis zwischen Gehalt und Miete am besten.
Nur 11 Prozent gehen in Herne für die Miete drauf
Demnach verdienen Fach- und Führungskräfte etwa in Gelsenkirchen durchschnittlich 50.960 Euro im Jahr, müssen für eine 80 bis 100 Quadratmeter große Wohnung im Schnitt 460 Euro Kaltmiete im Monat zahlen. Das entspricht nur 10,8 Prozent des Einkommens. Mit 10,6 Prozent noch günstiger ist das Verhältnis in Duisburg, weil dort trotz leicht höherer Mieten (480 Euro) der Durchschnittsverdienst von Fach- und Führungskräften höher ist (54.110 Euro). Zum Vergleich: In München geht dreimal so viel für die Miete drauf, in Köln fast das Doppelte.
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Jeweils etwas mehr als elf Prozent des Einkommens geht in Oberhausen, Herne, Recklinghausen und Mülheim für die Miete drauf, in Essen sind es bei höheren Einkünften, aber auch höheren Mieten 12,1 Prozent. Dortmund und Bochum sind mit je 12,8 Prozent im Ruhrgebiet in der Relation mit am teuersten, im Vergleich mit anderen Ballungsgebieten in Deutschland aber immer noch sehr günstig.
Das freut nicht nur die als Fach- und Führungskräfte gut verdienenden Mieter, sondern auch die Wirtschaft. „Das ist ein klarer Standortvorteil für das Ruhrgebiet. Die Miete spielt eine große Rolle für Azubis, Studenten, aber auch für Fachkräfte“, sagte Eric Weik der WAZ, Chef der IHK Mittleres Ruhrgebiet. „Dass hier mehr vom Gehalt übrig bleibt und es gleichzeitig ein riesiges kulturelles Angebot gibt, hat sich herumgesprochen im Land. Das wird uns in Zukunft bei der Ansiedlung von Unternehmen und der Gewinnung von Fachkräften noch sehr helfen.“ Viele ziehe es nicht mehr nach Köln, weil dort die Mieten kaum bezahlbar seien, meint Weik.
Energetische Sanierung lohnt sich nicht
Umgekehrt werden die nur in Maßen steigerbaren Mieten für die Immobilienbesitzer eher zum Problem. „Das vergleichsweise niedrige Mietniveau bremst eindeutig die Investitionsbereitschaft“, wart Raphael Spieker, Professor für Immobilienbewertung an der EBZ Business School in Bochum. Besitzer typischer Mehrfamilienhäuser, die den Mietmarkt etwa in Dortmund und Bochum dominieren, seien derzeit sehr zurückhaltend mit Modernisierungen. Bei Mieten von sechs Euro und weniger je Quadratmeter in manchen Stadtvierteln rechne es sich für die Hausbesitzer schlicht nicht, diese zum Beispiel energetisch zu sanieren. Das halte viele auch davon ab, in weniger guten bis mittleren Lagen neu zu bauen. Das übernehmen in der Regel eher größere Wohnungsunternehmen, die zu günstigeren Konditionen bauen können. So haben Vonovia, Vivawest und die LEG größere Neubauprojekte angekündigt.