Essen. Finanzchef Desai wird neuer Stahlchef von Thyssenkrupp. Er gilt als guter Stratege und soll den Stahl ohne die Fusion fit für die Zukunft machen.

Der Finanzchef übernimmt das Ruder beim Stahlunternehmen Thyssenkrupp: Premal Desai löst den amtierenden Andreas Goss an diesem Samstag als Stahlchef des Industriekonzerns ab. Goss werde sein Mandat „einvernehmlich zum 15. Juni niederlegen“, teilte der Essener Dax-Konzern am Freitag mit. Dies geschehe vor dem Hintergrund der geplatzten Fusion mit dem indischen Konkurrenten Tata, hieß es zur Begründung.

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Thyssenkrupp hatte den drei Jahre lang vorbereiteten Zusammenschluss abgesagt, nachdem klar wurde, dass die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager die Fusion untersagen würde, was sie Anfang dieser Woche dann auch getan hat. Aus Sorge vor steigenden Preisen für Autos und Konservendosen, so ihre Begründung. Thyssen und Tata hätten mit ihrem Joint Venture den zweitgrößten Stahlanbieter in Europa gebildet. Arcelor Mittal bleibt nun mit noch größerem Abstand vorn. Die europäische Produktion ist im Vergleich zur chinesischen ohnehin vergleichsweise klein – in der Volksrepublik wird mehr als das Fünffache dessen produziert, was in Europa an Stahl gekocht wird.

Andreas Goss räumt seinen Stuhl. Mit der Absage der Fusion geht auch seine Zeit als Stahlchef zu Ende. Er sollte das Joint Venture mit den Indern führen.
Andreas Goss räumt seinen Stuhl. Mit der Absage der Fusion geht auch seine Zeit als Stahlchef zu Ende. Er sollte das Joint Venture mit den Indern führen. © Lars Heidrich

Goss war der für die Führung von Thyssenkrupp Tata Steel designierte Mann. Er sollte das Joint Venture mit Sitz in Amsterdam leiten. Mit dem Scheitern der Fusion geht nun auch seine Zeit als Chef der in Duisburg sitzenden Stahlsparte von Thyssenkrupp zu Ende. Sie wird weder verheiratet noch wie geplant ausgelagert, sondern nach dem jüngsten Strategieschwenk von Konzernchef Guido Kerkhoff wieder zum Kerngeschäft von Thyssenkrupp. Kerkhoff hatte im Mai mit der Stahlfusion auch gleich die geplante Aufspaltung des Konzerns in zwei eigenständige Teile abgesagt.

Für den Konzern geht das mit dem Abbau von weltweit 6000 Arbeitsplätzen einher, davon 4000 in Deutschland und 2000 allein im Stahl. Hinfällig ist für die Stahlkocher auch die für die Fusion ausgehandelte Jobgarantie bis 2026. Betriebsratschef Tekin Nasikkol fordert ähnliche Sicherheiten nun auch ohne den Zusammenschluss. Vorerst hat er mit dem Konzernvorstand eine Job- und Standortgarantie bis zum Jahresende vereinbart. Bis dahin soll eine neue Vereinbarung für die weitere Zukunft getroffen werden.

Damit ist auch die Zeitspanne umrissen, in der Premal Desai das Stahlunternehmen für die Zukunft ausrichten muss. Um eine Sanierung mit deutlichen Kosteneinsparungen wird er nicht herumkommen, schließlich fallen die mit einer Fusion einkalkulierten Synergien von 500 Millionen Euro jährlich nun weg.

Zuerst spart Thyssenkrupp im Stahlvorstand selbst – er wird von fünf auf vier Mitglieder verkleinert. Desai bleibt Finanzchef, verantwortet zusätzlich die Strategie und Planung. Arnd Köfler bleibt Produktionsvorstand, Sabine Maaßen Personalchefin. Neu hinzu kommt Bernhard Osburg als Vertriebsvorstand. Mit Goss scheidet auch der bisherige Produktionschef Heribert Fischer aus. Desais Chefrolle nennt sich künftig „Sprecher des Vorstands“. Damit will Thyssenkrupp einen neuen Teamgedanken dokumentieren. „Die Zukunft des Stahls zu gestalten, ist eine herausfordernde Aufgabe. Es gibt viel zu tun. Wir freuen uns darauf, das als Vorstandsteam gemeinsam anzupacken“, sagte Desai am Freitag. Das Marktumfeld sei nicht einfach. „Aber wir sind in einer starken Position und haben viel Potential.“

Konzernchef Kerkhoff trug ihm auf, „nach der Absage des Joint Ventures eine zukunftsfähige Strategie für den Stahl“ zu entwickeln. Desai war vor seinem Wechsel in den Stahlvorstand vor vier Jahren bereits Strategiechef des Gesamtkonzerns.