Düsseldorf. . Bei der Hauptversammlung ist die frühere Eon-Tochter Uniper zum Spielball von Investoren geworden. Ex-Thyssenkrupp-Manager soll nun helfen.

Andreas Schierenbeck sitzt vorne im Saal, doch am heutigen Tag ist er nur Beobachter. Während die Hauptversammlung des Energiekonzerns Uniper läuft, kann sich der langjährige Thyssenkrupp-Manager schon einmal ein Bild davon machen, was ihn als Vorstandschef bei Uniper erwartet. Von einer „unübersichtlichen Gemengelage“ und einer „Sondersituation“ spricht der Uniper-Aufsichtsratsvorsitzende Bernhard Reutersberg. Es sind ungewöhnliche Worte für einen Manager in dieser Position.

Dass die Situation so ist, wie sie ist, hat maßgeblich mit dem Energieversorger Fortum zu tun. Der finnische Staatskonzern hält mittlerweile 49,99 Prozent der Uniper-Anteile – eine Übernahme der Mehrheit beim Düsseldorfer Unternehmen scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Dennoch ist das Rätselraten groß. Bislang ist unklar, welche Pläne oder Strategien Fortum bei Uniper verfolgt. Seit Monaten wird über eine mögliche Zerschlagung spekuliert. Misstrauen scheint die Gespräche der Manager von Fortum und Uniper zu belasten.

Fondsgesellschaft sieht „aussichtslosen Abwehrkampf“

Taktisches Geplänkel prägt die Hauptversammlung im Düsseldorfer Congress Center. Fortum schickt den Düsseldorfer Rechtsanwalt Matthias Cloppenburg als Redner ins Rennen. Er beantragt, die Entscheidung über die Entlastung des Uniper-Vorstands zu vertagen – ein Spiel auf Zeit. Die scheidenden Vorstandsmitglieder Klaus Schäfer und Christopher Delbrück haben sich lange gegen die heranrückende Übernahme durch den finnischen Konzern gewehrt und für die Unabhängigkeit der einstigen Eon-Tochter Uniper gekämpft.

Für ihren Einsatz ernten Schäfer und Delbrück Lob von Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Dagegen kritisiert Thomas Deser von der Fondsgesellschaft Union Investment den aus seiner Sicht „aussichtslosen Abwehrkampf“ des Uniper-Vorstands gegen den neuen Großaktionär. „Wir sehen einen ehemaligen Börsenliebling, der durch die Blockadepolitik des Vorstands zum Spielball der Hedgefonds geworden ist“, konstatiert Deser.

Investoren Elliott und Knight Vinke mischen mit

Der als aggressiv geltende US-Investor Elliott von Paul Singer ist mit rund 18 Prozent bei Uniper eingestiegen, der Finanzinvestor Knight Vinke hält etwa fünf Prozent beim NRW-Konzern. Es gebe eine „Hängepartie“, die den Mitarbeitern und den Aktionären von Uniper schade, sagt Union-Investment-Manager Deser.

Kritik von Aktionärsvertretern richtet sich auch gegen Fortum. Daniel Vos von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) beklagt, der Großaktionär werde seiner „unternehmerischen Verantwortung“ nicht gerecht. Leidtragende seien die Beschäftigten, die sich nicht mehr sicher sein könnten, „wo ihr Unternehmen in einem halben Jahr stehe“.

„Rote Linie“ für den Uniper-Vorstand

Der Uniper-Konzern, in dem auch weite Teile der Essener Traditionsfirma Ruhrgas aufgegangen sind, steht vor einem Umbruch. Der an Krebs erkrankte langjährige Eon-Manager Schäfer, der Uniper erfolgreich an die Börse gebracht hat, scheidet aus. Bei der Hauptversammlung in Düsseldorf trägt erstmals – und auch zum letzten Mal – Uniper-Finanzchef Christopher Delbrück den Bericht des Vorstands vor. Auch Delbrück geht angesichts des Drucks von Fortum und wechselt zu einem Start-up, das Lufttaxis auf den Markt bringen will.

An Delbrücks Rede ist bis kurz vor Beginn der Hauptversammlung gefeilt worden. Der scheidende Vorstand lässt gravierende Bedenken gegen eine mögliche Übernahme durch Fortum durchblicken. Sollten die Finnen nach der Mehrheit der Anteile greifen, drohe Uniper angesichts der „bilanziellen Situation von Fortum“ eine Herabstufung durch Rating-Agenturen, sagt er und spricht in diesem Kontext von einer „rote Linie“ für den Uniper-Vorstand.

Außerordentliche Hauptversammlung möglich

Für den Finanzinvestor Knight Vinke tritt der Jurist Gunther Weiss ans Rednerpult, er beklagt, die Blockade zwischen dem Uniper-Vorstand und Fortum habe zu einer „Lähmung“ im Unternehmen geführt. Dies sei „besorgniserregend“. Sollte es dem Uniper-Management nicht gelingen, den Stillstand zu beenden, wolle Knight Vinke im September eine außerordentliche Hauptversammlung erreichen.

Fortum-Chef Pekka Lundmark hat sich schon kurz vor dem Aktionärstreffen zu Wort gemeldet. Er freue sich auf die Zusammenarbeit mit dem neu zusammengesetzten Managementteam, sagt Lundmark. Indirekt kritisiert er erneut die Führung des scheidenden Uniper-Chefs Schäfer. Jetzt liegt der Ball beim früheren Thyssenkrupp-Manager Schierenbeck.