Bonn. . Das Porto steigt kräftig, womöglich auf 90 Cent für einen Standardbrief. So sollen neue Zusteller finanziert werden. Die Beschwerden häufen sich.

Die Deutsche Post darf ihr Briefporto deutlich erhöhen. Die für die Preisregulierung zuständige Bundesnetzagentur gewährt dem Unternehmen einen Spielraum für Portoerhöhungen im Umfang von 10,6 Prozent. Branchenkreisen zufolge könnte ein Standardbrief damit ab Juli bis zu 90 Cent kosten, falls sich Maxi- und Kompaktbriefe oder Postkarten gar nicht oder kaum verteuern. Denn die Bundesnetzagentur gibt lediglich einen Durchschnittswert für die Preise verschiedener Briefarten vor. Derzeit kostet die Briefmarke für einen Standardbrief 70 Cent.

Ihren endgültigen Beschluss will die Bundesnetzagentur voraussichtlich Ende Mai veröffentlichen. Erst danach kann die Deutsche Post eigenen Angaben zufolge die Briefpreise beantragen, die ab dem 1. Juli 2019 gelten.

Behörde mahnt Qualitätsverbesserungen an

„Wir berücksichtigen die Ankündigung der Post, neue Zusteller einzustellen“, betonte Netzagentur-Chef Jochen Homann im Zusammenhang mit der Porto-Entscheidung. Es liege „auch im Interesse der Post, jetzt für Verbesserungen bei der Qualität der Zustellung zu sorgen“.

Die Beschwerden über Postdienstleistungen hatten nach Angaben der Bundesnetzagentur im vergangenen Jahr einen neuen Höchststand erreicht. Rund 11.830 Beschwerden zu Postdienstleistungen seien bei der Behörde eingegangen, berichtete die Netzagentur Ende 2018. Gegenüber dem Vorjahr sei dies nahezu eine Verdoppelung gewesen.

So viele Beschwerden wie nie zuvor

„Nie zuvor haben sich so viele Verbraucher bei der Bundesnetzagentur beschwert wie in diesem Jahr“, konstatierte Homann. Bei mehr als 50 Prozent der Beschwerden sei es um die Briefbeförderung oder Briefzustellung gegangen. Etwa ein Drittel der Beschwerden bezog sich auf Paketdienstleistungen. Auch Briefkästen und Filialen waren Themen.

Im März hatte die Deutsche Post DHL „Qualitätsverbesserungen“ für das heimische Post- und Paketgeschäft angekündigt. So will das Unternehmen „mindestens“ 5000 neue Stellen schaffen, um zum Beispiel besser auf krankheitsbedingte Ausfälle von Zustellern reagieren zu können. Ziel sei es auch, Sendungsverzögerungen – etwa durch Abbrüche der Zustellung am Ende der Arbeitszeit – zu verringern.

Bundesnetzagentur will Stellenaufbau überwachen

Schon im Jahr 2018 hatte der Konzern eigenen Angaben zufolge rund 5000 neue Vollzeitstellen im Post-und Paketbereich in Deutschland geschaffen. Mit Blick auf die aktuellen Pläne zum Stellenaufbau der Post sagte Netzagentur-Chef Homann: „Die Ankündigungen werden wir überwachen.“

Zuletzt hatte die Post das Porto Anfang 2016 erhöht, damals verteuerte sich ein Standardbrief von 62 auf 70 Cent. Die geplante neuerliche Portoerhöhung ist umstritten. Bereits im Januar hatte die Netzagentur einen ersten „Preiserhöhungsspielraum“ formuliert. Die zu diesem Zeitpunkt genannten 4,8 Prozent waren dem Unternehmen allerdings zu wenig. Die Drohung von Stellenabbau stand im Raum.

In der Bundesregierung stieß der Konzern mit seinem Anliegen auf Verständnis: Das Bundeswirtschaftsministerium brachte eine Verordnungsänderung auf den Weg, woraufhin die dem Ministerium unterstellte Netzagentur neu rechnen musste und dann auf den höheren Wert kam.

Kritik von Paket-Rivalen DPD, Hermes und UPS

Paket-Wettbewerber der Deutschen Post DHL wie zum Beispiel DPD, Hermes und UPS kritisierten in einem offenen Brief an Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), es sei „befremdlich, dass die Regierung einem Börsenkonzern zusätzliche Gewinne ermöglicht, die hauptsächlich von Haushalten sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen eingenommen werden, die keine Alternative zur Post haben und keine Rabatte erhalten“. Die Unternehmen kritisierten auch, die Deutsche Post könne durch höhere Einnahmen aus dem Briefgeschäft ihre Paketsparte quersubventionieren und verzerre damit den Wettbewerb.

Die Post argumentiert, die Portoerhöhung sei angesichts der sinkendenden Briefmengen im Internetzeitalter überfällig, zumal sie gesetzliche Pflichten zur bundesweiten Auslieferung habe.

Auch die Staatskasse profitiert von einer hohen Dividende der Deutschen Post. Rund 20 Prozent der Post-Aktien befinden sich im Besitz der staatlichen Bankengruppe KfW.