Bonn/Essen. . Der Standardbrief der Deutschen Post wird wohl ab 2019 teurer. Argumente für höhere Preise bekommt das Unternehmen durch eine Briefpreis-Studie.

Mehr als 70 Cent Porto für einen Standardbrief – in vielen europäischen Ländern ist das schon Realität. 95 Cent müssen Kunden zum Beispiel in Frankreich zahlen, in Italien sind es sogar 2,80 Euro. Erstmals hat in diesem Jahr der europäische Durchschnittspreis für einen inländischen Standardbrief die Ein-Euro-Marke überschritten. Er liegt nun bei 1,02 Euro – 14 Cent mehr als noch vor einem Jahr. Das geht aus einer aktuellen Briefpreis-Studie der Deutschen Post hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

Seit Anfang 2016 müssen die Kunden in Deutschland 70 Cent für einen Standardbrief (bis 20 Gramm) zahlen. Zuvor hatte das Bonner Unternehmen drei Jahre in Folge die Preise erhöht, zwei Mal um zwei Cent, zuletzt um acht Cent. Das 70-Cent-Porto ist bis Ende 2018 gültig. Ab Anfang nächsten Jahres könnte der Preis höher liegen – laut „Bild am Sonntag“ bei 80 Cent. Auch Post-Chef Frank Appel verwies unlängst darauf, dass der Preis für den Standardbrief in Deutschland unter dem europäischen Durchschnitt liegt.

Preis-Studie liefert Post-Chef Appel Argumente

Die neue Briefpreis-Studie liefert Appel Argumente, wenn er in den kommenden Monaten mit der Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde über das künftige Porto spricht. Im Schnitt sei der Preis für einen nationalen Standardbrief in Europa in den Jahren 2013 bis 2018 um rund 57 Prozent gestiegen, in Deutschland aber lediglich um 21 Prozent, geht aus der Erhebung hervor. Zum 17. Mal hat das Bonner Unternehmen einen Vergleich der Briefpreise in Europa erstellt. Dabei hat die Deutsche Post das Porto in den 28 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sowie in Island, Norwegen und der Schweiz berücksichtigt. In Island ist der Preis seit langem besonders hoch: Derzeit liegt er bei 4,94 Euro. Entsprechend wirkt sich dieser Wert in der Statistik aus.

Ein höheres Porto für Bücher- und Warensendungen hatte die Deutsche Post bereits vor wenigen Tagen verkündet. Für die Büchersendung Groß (bis 500 Gramm) verlangt die Post mit 1,20 Euro ab dem 1. Juli ein Fünftel (20 Cent) mehr als bisher. Für die Warensendung Kompakt (bis 50 Gramm) werden mit 1,30 Euro sogar 40 Cent (oder 44 Prozent) mehr fällig. Die Post begründet den Schritt mit allgemeinen Kostensteigerungen und höheren Transportkosten.

Mehr Beschwerden über die Deutsche Post

Zugleich zeichnet sich ab, dass die Beschwerden über die Deutsche Post bei der Bundesnetzagentur in diesem Jahr einen Rekord erreichen. Bis Ende Mai sind schon rund 4100 Beschwerden gezählt worden – mehr als zwei Drittel des gesamten Vorjahreswertes. Im Gesamtjahr 2017 waren es nach Angaben der Post-Regulierer 6100 – ein Anstieg von 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Die meisten Beschwerden betreffen der Netzagentur zufolge Probleme bei der Zustellung. Über die Hälfte entfällt auf das lizenzpflichtige Brief-, ein Drittel auf das Paketgeschäft. Nach Einschätzung der Behörde ist die absolute Zahl der Beschwerden aber weiterhin auf einem niedrigen Niveau.

Verbraucherschützer spricht von „Frechheit“

Klaus Müller vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) zeigt sich gleichwohl empört. Eine Preiserhöhung um 14 Prozent auf 80 Cent für den Brief und gleichzeitig eine Rekordzahl an Beschwerden – „das ist eine Frechheit“, urteilt Müller via Kurznachrichten-Dienst Twitter.

Tatsächlich gibt es auch einige Länder in Europa, in denen das Porto niedriger ist als in Deutschland. In Österreich zum Beispiel sind es 68 Cent, in Portugal 65 Cent und in Spanien 55 Cent. Den niedrigsten Preis im europäischen Vergleich hat Malta. Dort müssen die Kunden gerade einmal 26 Cent für einen Standardbrief bezahlen.