Essen. Das ehemalige Bergwerk Lohberg wird zum CO2-neutralen Kreativ.Quartier. Jetzt machte hier auch die Ruhrtriennale Station.

Klassische Musik klingt durch das riesige Tonnengewölbe der alten Kohlenmischhalle in Dinslaken. Statt der Bergmannskluft tragen die Musiker dunkle Anzüge, Schauspieler werfen sich auf den staubigen Boden, wo einst Waggons mit Kohle über die Schienen ratterten. Die 210 Meter lange Halle des ehemaligen Bergwerkes Lohberg/Osterfeld lässt eher an Fabrik und Arbeit als an Theater und Hochkultur denken. Doch gerade das macht den Reiz aus, wenn die Ruhrtriennale an ehemaligen Industriestandorten Station macht. Wo zu Hochzeiten bis zu 5000 Menschen unter und über Tage arbeiteten, besuchten im August sogar noch mehr Zuschauer die sechs Aufführungen des Theaterstücks „Accattone“ – ein wichtiger Anhaltspunkt für die Quartiersentwicklung in Dinslaken.

Auf dem Bergwerk Lohberg 1/2 wurde rund 100 Jahre Industrie- und Stadtgeschichte geschrieben. Heute ist das Areal als Kreativ.Quartier Lohberg (KQL) Symbol für den Umwandlungsprozess eines ganzen Stadtteils. Die Stadt Dinslaken und die RAG Montan Immobilien entwickeln die rund 40 Hektar große Fläche nach den Grundsätzen von Nachhaltigkeit und wirtschaftlicher Tragfähigkeit.

Darüber hinaus konnte das Theaterpublikum der Ruhrtriennale in Liegestühlen auf der neugestalteten Rasenfläche vor der einstigen Zentralwerkstatt entspannen – mit Blick auf einen ehemaligen Zechenstandort mit denkmalgeschützten Gebäuden einschließlich des eindrucksvollen Doppelbock-Förderturms, einem attraktiv gestalteten Bergpark und einem entstehenden Wohn- und Gewerbegebiet.

Landschaft, Kreativität und Energie

Motor der Entwicklung ist das eigentliche Kreativ.Quartier. In der Mitte des Standortes bietet es Raum für kreative unternehmerische Tätigkeiten in denkmalgeschützten Gebäuden oder Neubauten. Rund 20 Unternehmen aus der Kreativwirtschaft – Fotografen, Künstler, Produktentwickler, Filmemacher und Kunsthandwerker – haben sich bereits angesiedelt.

Doch das neue Quartier geht weit über Kreativität hinaus. Das Leitbild des KQL gliedert sich vielmehr in einen inhaltlichen Dreiklang mit den Themen Landschaft, Kreativität und Energie als Schwerpunkte der Entwicklung. Grundlegendes Ziel ist die Realisierung eines CO2-neutralen Quartiers mit innovativen Gebäudequalitäten. „Gemeinsam mit unseren Stadtwerken legen wir die entscheidende Basis zur zukunftsweisenden Entwicklung des Stadtteils Lohberg“, ist Dinslakens Bürgermeister Dr. Michael Heidinger überzeugt. „Das moderne Energiekonzept auf dem ehemaligen Zechengelände schafft die Grundlage, um den gesamten Stadtteil mit grüner Energie zu versorgen.“

Denn das Energiekonzept setzt nicht nur auf einen Energieträger. Auf der Fläche können Sonnenenergie und Grubengas aktiviert werden. Die Haldenlandschaft ist für die Nutzung von Windenergie geeignet und eine gezielte Bewirtschaftung der Grünbereiche kann zur Erzeugung von Biomasse als Energieträger beitragen. Der erzeugte Strom soll unter anderem vor Ort für den Betrieb von Wärmepumpen eingesetzt und wirtschaftlich vermarktet werden. Überschüssiger Strom soll in der Gartenstadt Lohberg und im übrigen Stadtgebiet von Dinslaken eingesetzt werden.

Neben Energie und Kreativität spiele auch die Landschaftsgestaltung eine wichtige Rolle, erläutert Bernd Lohse, Projektleiter der RAG Montan Immobilien. „Auf Lohberg verzahnen wir die unterschiedlichsten Nutzungsbausteine auf der Fläche und schaffen die Verbindung mit der Gartenstadt. Eine tragende Rolle übernimmt dabei der Bergpark mit dem integrierten Lohberg Weiher.“

Choreografie einer Landschaft

Der im Oktober 2014 eröffnete Bergpark ist mit seinen Wasser- und idyllischen Grünflächen neuer Anziehungspunkt mit hohem Freizeitwert für die Menschen aus Dinslaken und der Region. In den Park integriert ist das internationale Projekt „Choreografie einer Landschaft“, das Künstler nutzen, um im neu angelegten Landschaftspark Zeichen zu setzen.

Eines dieser Zeichen ist das „Kraftwerk Lohberg“ des Künstlerduos Martin Kaltwasser und Folke Köbberling. Für „Choreografie einer Landschaft“ errichteten die beiden ein verglastes Holzbauwerk aus Recyclingmaterial – gemeinsam mit Lohberger Bürgern. Das Kraftwerk ist Kunstwerk und Pilotprojekt für pedalerzeugte Energie zugleich: Alle Interessierten können es nutzen, als Fitness-Studio, Fahrradkino, Repair-Café, Leseinsel und wettergeschützten Treffpunkt mit Rundumblick in den Park. Die benötigte Energie für ihre Veranstaltungen können die Nutzer selbst erzeugen, indem sie kräftig in die Pedale treten. Und so schließt sich im Kreativ.Quartier Lohberg wieder der Kreis zwischen Kreativität, Landschaft und klimafreundlicher Energie.