Essen. Was bringt die Spartaste an der Toilette? Gibt es dank Dosenpfand weniger Dosen? Wie viel Bio steckt eigentlich im Biosprit? Haben regionale Lebensmittel eine bessere Öko-Bilanz? Viele Mythen und Gerüchte ranken sich um das Thema Ökologie. Wir haben die größten Öko-Irrtümer in Deutschland gesammelt.
Es gibt weniger Einwegflaschen und Dosen dank Pfand. Regionale Lebensmittel haben immer eine besser Öko-Bilanz. Die Spartaste an der Toilette spart Wasser, ebenso wie der Geschirrabwasch mit der Hand statt mit der Maschine. Wie viel Bio steckt im Biosprit? Wir haben die größten Öko-Irrtümer zusammengetragen.
Es gibt weniger Einwegflaschen und Dosen dank des Pfands
Seit zehn Jahren gibt es die Pfandpflicht auf Einweg-Getränke-Verpackungen. Doch der gewünschte Effekt setzt nicht richtig ein: Die Mehrwegquote sinkt kontinuierlich. Jedes zweite Getränk (51,7 Prozent) wird in der Plastik-Flasche oder in der Dose gekauft.
Der Anteil an Mehrweg-Getränkeverpackungen sinkt hingegen rasant. Ein Grund dafür ist sicherlich die Bequemlichkeit vieler Kunden. 2004 lag der Mehrweg-Anteil laut einer Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes noch bei 71,1 Prozent. Aktuell sind es gerade einmal 46,7 Prozent. Nun überlegt man bei den Grünen, ob das Pfand auf 40 Cent erhöht werden sollte.
Weniger Einwegflaschen und Dosen dank Pfand - diese Öko-These ist nicht haltbar.
Regionale Lebensmittel haben immer eine bessere Öko-Bilanz
"Nein, das ist nicht richtig", sagt Martin Rücker, Sprecher von Foodwatch. Es käme bei der Öko-Bilanz nicht nur auf die Nähe zwischen Erzeuger und Kunde an, sondern auch auf andere Faktoren, wie Jahreszeit, Transport, Lagerung oder Weiterverarbeitung.
"Salat und Äpfel wachsen nicht zu jeder Jahreszeit auf dem Acker", nennt Rücker ein Beispiel. Werden Produkte, wie Äpfel, - auch wenn sie aus der Region kommen - über mehrere Monate hinweg gelagert, wirkt sich das negativ auf ihre Öko-Bilanz aus. "Dann kann es sein, dass ein Produkt aus Neuseeland eine bessere Bilanz hat", so Rücker. Aber dabei käme es auch auf den Transport an: Das Flugzeug sei generell schlechter als das Schiff.
Wer soll da als Verbraucher im Supermarkt noch den Durchblick behalten? "Da stößt man beim Einkauf an seine Grenzen", sagt auch Rücker. Foodwatch fordere daher, dass Lebensmittel mit besonders schlechten Öko-Bilanzen einen höheren Preis haben sollten.
Verpackungsmüll, der in der Gelben Tonne landet, wird wiederverwertet
"Jein", sagt Rolf Buschmann, zuständig für technischen Umweltschutz beim BUND. "Das Duale System ist recht zuverlässig geworden", erklärt der Experte. Jede Verpackung, die in der Gelben Tonne oder im Gelben Sack landet, werde der Verwertung zugeführt. Doch wie diese Verwertung aussehe, sei der entscheidende Punkt.
Ein Blick auf die bundesdeutsche Abfallstatistik für das Jahr 2011 verrät, dass die Deutschen insgesamt 5,3 Millionen Tonnen Müll in die Gelbe Tonne beziehungsweise Sack gaben. Davon wurden damals 81 Prozent recycelt. Der Rest landete in der Müllverbrennung. Trotzdem sei es sinnvoll, weiter den Müll zu sortieren, rät Buschmann.
Dabei müssen Joghurtbecher und Co. vor dem Wegwerfen nicht penibel ausgespült werden - das verbraucht nur zusätzlich Wasser und Strom.
Die Spartaste an der Toilette spart Wasser
Ja, die Spartaste an der Toilette spart Wasser. Allerdings erst einmal nur auf der Rechnung des Verbrauchers. Denn in manchen Städten müssen die Versorger zusätzlich Wasser in die Leitungen einspeisen. Das ist in Düsseldorf zwar nicht der Fall, bei den örtlichen Stadtwerken kennt man das Phänomen aber. "Es ist ein generelles Problem in der Branche", so eine Sprecherin.
Aus hygienischen Gründen, damit optimaler Druck in der Leitung herrsche und um die Kanalisation zu spülen, müsse in manchen Städten zusätzlich Wasser eingeführt werden, wenn die Verbraucher zu oft die Spartaste drücken.
Ökostrom ist immer ökologisch einwandfrei
Ökostrom ist nicht gleich Ökostrom - und so rät Andre Böhling, Energieexperte bei Greenpeace, den Verbrauchern, sich genau über den Anbieter zu informieren. Zwar gebe es seriöse Anbieter, aber auch immer wieder Unternehmen, die ihren Kunden eine "reine Mogelpackung" ohne jeglichen "Zusatznutzen für die Ökologie" verkaufen.
In der Branche gebe es Trittbrettfahrer mit günstigen Ökostrom-Angeboten. Kunden sollten den Anbieter vorher genau unter die Lupe nehmen, rät Böhling: "Was ist das für ein Unternehmen? Mit welchem Versorger ist es verbandelt? In welche Projekte investiert es?"
Auch der Handel mit Zertifikaten werde zum Teil missbraucht, so dass günstige Zertifikate erworben und Strom umdeklariert werde. Auf der anderen Seite gebe es Anbieter, die wirklich in Anlagen für erneuerbare Energien investieren.
Ökostrom sei nicht pauschal am Preis erkennbar. Zum Teil seien Grundversorgungstarife teuer als guter Ökostrom. Aber die Energie aus erneuerbaren Quellen sollte tendenziell einen Tick teuer sein, erklärt Böhling. Immerhin haben die Versorger hohe Investitionskosten.
Kunden können direkt beim Anbieter nachfragen, wo und wie er seinen Strom produziert. Wer dort keine eindeutige Auskunft erhalte, der sollte skeptisch werden, sagt der Energieexperte.
Hilfe bei der Suche nach einem Ökostrom-Anbieter gibt es auf der Internetseite der Kampagne "Atomausstieg selber machen."
Abwaschen per Hand spart mehr als mit der Maschine
Das stimmt nicht. "Pro Besteck- oder Geschirrteil braucht eine Spülmaschine viel weniger Wasser", erklärt Stefan Nakazi, bei der Verbraucherzentrale NRW für das Thema Energieeffizienz im Haushalt zuständig.
Dafür sollte die Spülmaschine aber auch immer voll sein, sagt Nakazi. Ein guter Richtwert seien mindestens 80 Teile - Gabel, Messer und Löffel mitgezählt -, die man in die Maschine einräumen sollte, bevor man sie anmacht. Wenn dann die riesige Salatschüssel nicht mehr in das Gerät passe, könne man sie auch bedenkenlos mit der Hand spülen.
Biosprit ist ökologisch einwandfrei
Schon der Begriff "Biosprit" sei ein Irrtum, erklärt Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte beim BUND. Der richtige Fachbegriff sei "Agrosprit".
Und Agrosprit ist ökologisch letztlich gar nicht einwandfrei. Neben dem Nachteil, dass er einen geringeren Energiegehalt hat, kann er vor allem zu erheblichen Umweltzerstörungen bei der Produktion führen. Hilgenberg erklärt: Weltweit gebe es nicht genügend Flächen, um Pflanzen als Energielieferanten für Fahrzeuge anzubauen.
In Europa darf nur Agrosprit verkauft werden, der von Ackerflächen stammt, für die nicht extra Waldflächen gerodet oder Sumpflandschaften zerstört wurden. Aber in der Praxis bringt der Agrosprit trotzdem Gefahren für Flora, Fauna und das globale Klima mit.
Denn: Zwar dürfen die Bauern die Agrosprit-Pflanzen nicht auf neu geschaffenen Felder anbauen, aber dafür auf den alten Ackerflächen, auf denen sie zuvor Nahrungsmittel kultiviert haben. Sie bauen also die Agrosprit-Pflanzen auf den alten Feldern an und schaffen für Gemüse und Co., das als Nahrungsmittel dienen soll, neue Flächen - indem sie etwa Wald roden. Das sei das große Problem beim Agrosprit, erklärt Hilgenberg.
Agrosprit hat also nichts mit Bio zu tun. Vielmehr kann er Konflikte um Land oder Wasser noch verschärfen.
Aber welche Alternativen haben die Verbraucher? Hilgenberg rät: "Das Auto so oft wie möglich stehen lassen."
Eine weitere Möglichkeit zum Klimaschutz sieht der BUND in einer niedrigeren Grenze für den CO2-Ausstoß von Fahrzeugen. Die Organisation fordert, dass bis zum Jahr 2020 einen Wert von 68 Gramm CO2-Ausstoß und bis 2025 60 Gramm erreicht werden sollte.
Energiesparlampen sind ökologisch unbedenklich
Energiesparlampen enthalten Quecksilber - und das ist hochgiftig und ökologisch bedenklich, wenn es nicht vernünftig recycelt wird. Daher rät Stefan Nakazi von der Verbraucherzentrale NRW, dass Energiesparlampen unbedingt bei der Wertstoffsammlung entsorgt werden sollten.
In den Hausmüll gehören die Leuchten nicht. Zumal sie neben Quecksilber viele wertvolle Stoffe enthalten, die wieder verwendet werden könne - etwa das Glas oder Teile der Elektronik.
Wenn Verbrauchern eine Energiesparlampe herunterfallen und zerbrechen sollte, sollten sie "sofort Fenster und Türen öffnen und gut durchlüften", erklärt Nakazi. Die Scherben sollten nicht mit dem Staubsauger aufgesaugt, sondern mit einem Kehrblech zusammengefegt werden und in einem Glas verschlossen werden, rät der Experte.
Wer auf Nummer Sicher gehen und sparsam sein will, der kann zu LED-Leuchten greifen. Sie seien ökologischer, weil sie keine Schwermetalle enthalten.
Wäsche auf der Heizung trocknen, spart den Trockner
Wäsche sollte nicht auf der Heizung getrocknet werden. Das ist nicht gut für das Raumklima, und Schimmel kann entstehen.
Und man sollte seine Heizung auch nicht extra für das Wäschetrocknen anmachen, rät Rolf Buschmann vom BUND. Außerdem könne die Wärme nicht richtig verteilt werden, wenn die Kleidung auf dem Heizkörper hänge.
Aber sollten die Kleidungsstücke in den Trockner? Stefan Nakazi rät zum Wäscheständer. Ein Trockner verbrauche pro Ladung doppelt so viel Energie wie eine Waschmaschine. Dagegen habe der Wäscheständer quasi keinen Energieverbrauch.
Biologische Schädlingsbekämpfung ist immer die beste Lösung
Statt der Chemiekeule auf natürliche Fressfeinde setzen? Das geht nicht immer gut, und das prominenteste Beispiel findet sich in Australien. Dort wurde die giftige Aga-Kröte in den 1930er eingeschleppt, um Schädlinge in Zuckerrohrplantagen zu bekämpfen. Sie hat sich unkontrolliert vermehrt.
Mittlerweile sind die Aga-Kröten selbst zur Plage geworden. Zum einen fressen sie heimische Arten, wie bestimmte Warane, zum anderen bedroht ihre giftig Haut Raubtiere, die Jagd auf die Kröte machen wollen.
In NRW gibt es eine solche ökologische Katastrophe noch nicht. Aber auch wir können regelmäßig einen sogenannten Neozoen, einen tierischen Neubürger, beobachten, der ursprünglich Schädlinge in Gewächshäusern bekämpfen sollte und sich mittlerweile unkontrolliert verbreitet - der Asiatische Marienkäfer. Umweltexperten befürchten, dass er die heimischen Marienkäfer verdrängen könnte.
In den USA sind die Asiatischen Marienkäfer schon zur Plage geworden. Sie gefährden dort die Weinlese, da sie bei der Verarbeitung der Trauben in den Wein gelangen. Die Marienkäfer verderben dann den Geschmack des Weins. Auch in deutschen Weinanbaugebieten warnen Wissenschaftler vor Schäden durch die Tiere. (mit afp)