Essen. Nach Unwettern passiert das immer wieder: Hunderttausende kommen wegen Zugausfall oder Stau nicht rechtzeitig zur Arbeit. Schwamm drüber? Wohl dem, dessen Vorgesetzte das so sehen. Denn es sind die Arbeitnehmer, die das Risiko für den Weg zur Arbeit tragen. Es drohen Lohnabzug oder Überstunden.

Was ist, wenn ich wegen eines Unwetters zu spät zur Arbeit komme? Fünf Fragen, fünf Antworten:

Mein Chef sieht ja auch, was draußen los ist. Also kann er mir nichts, oder?

Doch. Der Arbeitnehmer ist dafür zuständig, zum Betrieb zu kommen und die im Arbeitsvertrag vorgesehene Arbeitszeit zu erfüllen. "Das Wegerisiko liegt beim Arbeitnehmer", sagt der Essener Anwalt für Arbeitsrecht Marc Traphan. Erscheint dieser nicht rechtzeitig, kann man ihm entweder den Lohn entsprechend kürzen oder man kann ihn verpflichten, die verpasste Arbeitszeit nachzuholen.

Kann mein Chef mich zwingen, die verpassten Stunden am selben Tag nachzuholen?

Ja, das kann er. "Vorgesetzte können Überstunden anordnen", sagt Anwalt Traphan. In der Praxis spielt das zum Beispiel in Handwerksbetrieben eine große Rolle, wo unter Termindruck Arbeiten fertiggestellt werden müssen. Je größer der Betrieb und je geringer der Termindruck, desto eher seien die Vorgesetzten in der Regel bereit, ein Auge zuzudrücken, sagt der Anwalt.

Was ist, wenn ich gar nicht zur Arbeit kommen kann?

Wer gar nicht durchkommt oder erst einmal seinen Keller trockenlegen muss, sollte unbedingt mit seinem Arbeitgeber sprechen und das weitere Vorgehen regeln. "Man kann dann zum Beispiel vereinbaren, dass man bezahlten oder unbezahlten Urlaub für den Tag nimmt oder Überstunden abfeiert", empfiehlt Rechtsanwalt Traphan. Allerdings: Die Sache muss besprochen werden und der Chef muss auch einverstanden sein.

Kann ich mir durch Unwetter-Verspätung eine Abmahnung einfangen?

Wer ehrlich versucht hat, pünktlich zu sein, muss keine Furcht vor einer Abmahnung haben. "Das wäre in dem Fall wirklich unverhältmäßig", sagt der Essener Arbeitsrechtler. Anders ist es, wenn der Arbeitnehmer sich nicht ausreichend darum gekümmert hat, dass er zur Arbeit kommt. Oder wenn er einfach zu Hause bleibt, ohne dem Arbeitgeber Bescheid zu sagen: Dann kann er auch zu Recht abgemahnt werden.

Und was ist, wenn ich pünktlich zur Arbeit komme, aber der Betrieb liegt wegen des Unwetters still?

Dann ist es genau umgekehrt: Den Betrieb aufrecht zu erhalten, ist Sache des Arbeitgebers. Er muss daher die Arbeitszeit seiner anwesenden Leute erfassen, auch wenn sie nicht arbeiten. Und sie bekommen den vollen Lohn. (abe)