Berlin/Essen. . Eine Uranfirma, die auch den Energiekonzernen Eon und RWE gehört, steht zum Verkauf: Urenco. Es geht um ein überaus sensibles Geschäft – und womöglich atomwaffenfähiges Material. Ein Experte sagt sogar: „Zum Verkauf steht der einfachste Weg zur Atombombe.“
Es wäre ein sensibles Geschäft, das nicht nur die nordrhein-westfälischen Energiekonzerne Eon und RWE betrifft, sondern auch die deutschen Geheimdienste interessiert: Urenco, eine Uranfirma mit Fabriken in Holland, Großbritannien, in den USA und im westfälischen Gronau, soll verkauft werden.
Eigentümer von Urenco sind je zu einem Drittel Großbritannien, die Niederlande sowie die Energiekonzerne Eon und RWE. Die Bundesregierung verfügt zwar nicht über Unternehmensanteile, ist aber im Spiel. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) könnte den Handel blockieren.
Es geht nicht nur um einen potenziellen Milliarden-Deal, sondern auch um Sicherheitsinteressen. „Zum Verkauf steht der einfachste Weg zur Atombombe“, wird Michael Sailer, Chef des Öko-Instituts und Mitglied der Reaktorsicherheitskommission, von der „Süddeutschen Zeitung“ zitiert.
Material für den Bau einer Atombombe?
Angeblich schielen bereits mögliche Käufer auf Urenco – darunter neben großen Konzernen auch internationale Finanzinvestoren. Sailer zeigt sich besorgt. „Das Problem ist möglicherweise nicht der nächste, sondern der übernächste Eigentümer“, sagt Sailer. Was wäre, wenn Wissen und Material, das zum Bau einer Atombombe benötigt wird, in die Hände unseriöser Geschäftsleute gerät? Man kenne die kritischen Stimmen aus der Politik und von Experten – insbesondere die Furcht vor einer Verbreitung von Waffentechnologie, erklärte RWE. Der Konzern versicherte, „dass dementsprechend aus einer Transaktion keine derartigen Risiken entstehen werden“.
Urenco ist nicht irgendein Anbieter. Das Unternehmen hat einen Weltmarktanteil von etwa 30 Prozent und eine jahrzehntelange Erfahrung darin, aus Natur-Uran Brennstäbe für die Atomkraftwerke herzustellen. Große Bedeutung hat für Urenco der Standort Gronau, wo das Unternehmen seit 1985 Material für Kernkraftwerke produziert.
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Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte einen möglichen Urenco-Verkauf. „Es gibt dazu auch bereits Gespräche“, erläuterte eine Ministeriumssprecherin. Ihr Ressort hat auch die Geheimdienste eingeschaltet, um potenzielle Käufer zu durchleuchten. Oder etwa um gute Argumente zu haben, um den sensiblen Deal zu stoppen?
Wirtschaftsminister Gabriel befasst sich mit dem Fall
Wirtschaftsminister Gabriel lässt sich Zeit. „Es gibt keine Deadline, wann eine Entscheidung fallen muss“, sagte die Sprecherin. Doch nicht nur Eon und RWE, auch Großbritannien und Holland haben Verkaufspläne. Der Bieterwettbewerb läuft. Die Grünen im Bundestag sind alarmiert. „Jede Weitergabe von Wissen in der Urananreicherungstechnologie erhöht auch das Wissen bei der Atomwaffentechnologie“, sagte die atompolitische Sprecherin der Grünen, Sylvia Kotting-Uhl.
Das Wirtschaftsministerium stellte klar, „wir werden nur zustimmen, wenn ein angemessener Rechtsrahmen erreicht wird“. Im Klartext: Gabriel lässt mit sich reden. Tatsächlich hat er sogar schon Bedingungen formuliert. Wichtigster Punkt: Die neuen Eigentümer müssten garantieren, dass das Material und Know-how nicht in falsche Hände geraten – Terroristen oder totalitäre Staaten zum Beispiel. Das Beispiel Iran zeigt, wie schwer es ist, Atompläne zu stoppen, wenn das Wissen verfügbar ist.