Frankfurt/Main. Die Gewerkschaft GDL erhöht im Tarifstreit den Druck auf die Bahn: Von Dienstagabend an sollen die Lokführer bundesweit für einen neunstündigen Stillstand sorgen. Fern- und Regionalzüge sollen dann ebenso ruhen wie Güterzüge und S-Bahnen.

Die Lokführergewerkschaft GDL will von Dienstagabend an den Zugverkehr in Deutschland für neun Stunden lahmlegen. Die GDL rief ihre Mitglieder im Tarifstreit mit der Bahn zu einem bundesweiten und flächendeckenden Streik von Dienstagabend 21 Uhr bis Mittwochmorgen 6 Uhr auf. Das teilte GDL-Sprecherin Gerda Seibert am frühen Dienstagmorgen mit.

Dann sollen Fern- und Regionalzüge ebenso stillstehen wie Güterzüge und die von der Deutschen Bahn betriebenen S-Bahnen. Zum Streik aufgerufen sind unter anderem die Lokomotivführer, Zugbegleiter, Bordgastronomen und Disponenten in allen Eisenbahnverkehrsunternehmen der Deutschen Bahn.

Die Deutsche Bahn geht auch nach dem Ende des von der Lokführergewerkschaft GDL angekündigten Streiks am Mittwoch von "erheblichen Beeinträchtigungen im morgendlichen Berufsverkehr" aus. Voraussichtlich wird es durch die Arbeitsniederlegung in der Nacht zum Mittwoch Auswirkungen bis in die Mittagsstunden geben, wie die Bahn am Dienstag in Berlin mitteilte. Den angekündigten Streik kritisierte die Bahn als "völlig überzogen" und forderte die Gewerkschaft auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Bahn erwartet Auswirkungen bis Mittwochmittag

Man wolle aber erst die genauen Pläne der GDL abwarten und dann versuchen, mit dem verfügbaren Personal Chaos zu verhindern, wie eine Unternehmenssprecherin sagte. GDL-Chef Claus Weselsky betonte im Radiosender hr-Info die Streikbereitschaft der Gewerkschafter: "Sie haben das an den beiden Warnstreiks gesehen. Es soll niemand darauf setzen, dass das Zugpersonal einknickt."

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Der Streik wird vor allem empfindliche Auswirkungen für Reisende NRW mit sich bringen. Nach Angaben einer Bahnsprecherin wird das Land aufgrund seiner wichtigen Knotenbahnhöfe in Köln, Düsseldorf und im Ruhrgebiet erheblich von den Streikfolgen betroffen sein.

Streik wird vor allem Auswirkungen auf NRW haben

Die Gewerkschaft der Lokführer hat ihre Mitglieder aufgerufen, von 21 Uhr bis 6 Uhr am Mittwochmorgen die Arbeit niederzulegen. "Wir rechnen mit mehr als 90-prozentiger Beteiligung", sagte Jochen Vogel von der GDL in NRW. Die Gewerkschaft kämpft für mehr Geld und eine Arbeitszeitverkürzung, beansprucht jedoch, auch für andere Bahn-Mitarbeiter als nur für die Lokführer zu verhandeln. Das lehnt die Bahn ab.

Für die Reisenden würden die gravierenden Folgen der Zugausfälle und Verspätungen erst am nächsten Morgen besonders spürbar, sagte die Bahnsprecherin. "Aus Erfahrung wissen wir, dass mit Streikende nicht alle Bahnen sofort planmäßig fahren können. Es braucht Zeit, bis der Takt wieder stimmt." Berufstätige hätten mit stundenlangen Wartezeiten zu rechnen. Hunderte Mitarbeiter seien zusätzlich im Einsatz, um zu helfen.

Lokführer fordern mehr Geld und weniger Arbeitsstunden

Die Lokführer fordern fünf Prozent mehr Geld und eine um zwei Stunden verkürzte Wochenarbeitszeit. Verhandlungen darüber scheiterten jedoch daran, dass die GDL auch für das übrige Personal im Zug verhandeln will, etwa für Zugbegleiter und Speisewagen-Mitarbeiter. Die Bahn lehnt das ab. Die GDL rivalisiert dabei mit der größeren der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). In der vergangenen Woche war nach den bisherigen Warnstreiks eine Urabstimmung über reguläre Streiks zu Ende gegangen. 91 Prozent stimmten für den Arbeitskampf.

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Die Bahn nannte die Streikandrohung schon im Vorfeld völlig überflüssig. Personalvorstand Ulrich Weber wies den Vorwurf zurück, die Bahn verweigere Verhandlungen und treibe die Gewerkschaft in den Konflikt. "Der GDL-Führung geht es aber darum, das Terrain von Konkurrenzgewerkschaften erobern zu wollen. Dafür nimmt sie Schaden für Kunden, Mitarbeiter und Unternehmen in Kauf."

Die Bahn hatte in der vergangenen Woche ein neues Angebot gemacht, um Streiks noch abzuwenden. Demnach sollten die Verhandlungen ruhen, bis die Bundesregierung das geplante Gesetz zur Tarifeinheit auf den Weg gebracht hat. Bis dahin sollten die Lokführer zwei Prozent mehr Geld erhalten. In einem Brief Weselskys an die Arbeitgeber vom Montag hieß es dazu: "Übersetzt heißt das: "Nehmt die Brosamen des Arbeitgebers, bevor euch die Regierung mit einem Gesetz zur Tarifeinheit endgültig den Garaus macht!"

Auch bei der Lufthansa ist neue Streik angekündigt 

Auch bei der Lufthansa hat die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) neue Streiks angekündigt, allerdings ausschließlich für Frachtflüge. Passagierflüge sind der Lufthansa zufolge von dem Aufruf nicht betroffen. Von Mittwochmorgen 3.00 Uhr bis Donnerstag 22.30 Uhr sollen keine Flüge der Frachtfluggesellschaft Lufthansa Cargo von deutschen Flughäfen starten. Nach Angaben der Lufthansa sind 21 Flüge betroffen. Das Unternehmen kündigte einen Sonderflugplan an.

In dem Tarifstreit geht es um die künftigen Übergangsrenten für 5400 Piloten und Co-Piloten der Fluggesellschaften Lufthansa, Lufthansa Cargo und Germanwings. Die Lufthansa will unter anderem erreichen, dass die Piloten frühestens mit 60 (bislang 55) Jahren in den bezahlten Vorruhestand gehen können.

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Aus Lufthansa-Sicht ist der erneute Streikaufruf "weder verständlich noch verhältnismäßig", da die Arbeitgeberseite Kompromissbereitschaft gezeigt und weitere Verhandlungen angeboten habe. Von den vorgeschlagenen Anpassungen der Übergangsversorgung sei kein einziger Cargo-Pilot betroffen. (dpa)