Hamm. Das Landgericht Essen hatte Thomas Middelhoff zur Zahlung von 3,4 Millionen an den Arcandor-Insolvenzverwalter verurteilt. Doch die zweite Instanz beurteilt wichtige Punkte ganz anders. Weiter gestritten wird über die ausgiebige Nutzung von Privatjets.

Das Oberlandesgericht Hamm hat Bewegung in den Rechtsstreit um umstrittene Bonuszahlungen für den früheren Chef des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor, Thomas Middelhoff, gebracht. Zum Auftakt der Berufungsverhandlung übte das Gericht am Mittwoch Kritik an der Argumentation des Essener Landgerichts, das Middelhoff im September vergangenen Jahres verurteilt hatte, dem Insolvenzverwalter des Pleitekonzerns rund 3,4 Millionen Euro zu zahlen.

Der Vorsitzende Richter Aloys Horsthemke sagte, der Senat teile nicht die Vorbehalte der Essener Richter gegen eine Klausel in Middelhoffs Vorstandsvertrag, die ihm bei außerordentlichen Leistungen Sondervergütungen in Aussicht stellte. Außerdem betonte er, es könne nicht Aufgabe der Justiz sein, darüber zu entscheiden, was ein Manager einem Unternehmen wert sei. Hier müssten die Gerichte Zurückhaltung üben und nur bei Grenzüberschreitungen eingreifen. Ob dies hier der Fall sei, müsse der Senat noch prüfen.

Ausgiebige Nutzung von Privatjets

Zweifel äußerte das Oberlandesgericht allerdings auch an der Entscheidung der ersten Instanz, Middelhoffs umfangreiche Nutzung von Charterjets für Dienstreisen abzunicken. "Nach unserer Meinung ist das nicht selbstverständlich", sagte Horsthemke. Der Senat sei sich noch nicht sicher, ob die Zurverfügungstellung von "Exklusivjets" ohne Berücksichtigung billigerer, zumutbarer Alternativen angemessen gewesen sei. Auch eine Reihe von Arcandor bezahlter Flüge Middelhoffs zwischen dem Firmensitz in Essen und seinem Wohnsitz in Bielefeld sind dem Gericht ein Dorn im Auge. Hier neige der Senat zu der Haltung, das es Sache des Mitarbeiters sei, wie er zur Arbeitsstätte komme und zurück.

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Middelhoffs Anwalt Winfried Holtermüller zeigte sich nach der Verhandlung im Großen und Ganzen zufrieden mit dem bisherigen Verlauf des Verfahrens. Die Forderung an Middelhoff, die erhaltenen Sonderboni und Tantiemen zurückzuzahlen, sei damit "wohl vom Tisch", meinte er. Doch auch der Insolvenzverwalter Hans Gerd-Jauch zeigte sich zuversichtlich. Das Gericht habe betont, dass Bonuszahlungen angemessen sein müssten - gemessen an der Leistung des Managers, aber auch an der Lage des Unternehmens, hob er hervor. Arcandor sei zu dieser Zeit jedoch ein "Sanierungsfall auf Intensivstation" gewesen.

In dem Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht klagt der Insolvenzverwalter gegen sechs ehemalige Vorstandsmitglieder und zwei frühere Aufsichtsräte des Konzerns auf Zahlung von insgesamt über 23 Millionen Euro. Das Landgericht Essen hatte sechs von ihnen in erster Instanz zu Zahlungen zwischen 93 000 und 3,7 Millionen Euro verurteilt. Die Beklagten fordern die Abweisung sämtlicher Forderungen. Middelhoff war bei der Verhandlung nicht anwesend. Ein Verkündungstermin wurde vom Gericht noch nicht festgesetzt. (dpa)