Bochum/Düsseldorf. . Gleich in drei wichtigen nordrhein-westfälischen Autowerken müssen sich die Beschäftigten auf Einschnitte gefasst machen – bei Opel in Bochum, Mercedes in Düsseldorf und Ford in Köln. Am tiefsten ist die Zäsur in Bochum. Am 12. Dezember soll das letzte Auto im Ruhrgebietswerk produziert werden.
Die Krisensignale am Autostandort NRW mehren sich. Opel in Bochum, Mercedes in Düsseldorf und Ford in Köln – gleich in drei wichtigen nordrhein-westfälischen Autowerken müssen sich die Beschäftigten auf Einschnitte gefasst machen.
Am tiefsten ist die Zäsur in Bochum. Nach derzeitigen Planungen soll am 12. Dezember das letzte Auto im Ruhrgebietswerk produziert werden. Auf einen Schlag fällt einer der wichtigsten Arbeitgeber in der Region weg. Bei der Suche nach Ersatzarbeitsplätzen gebe es große Probleme, berichtet Bochums Opel-Betriebsratschef Rainer Einenkel. „2500 bis 3000 Beschäftigte sind derzeit noch ohne Perspektive. Es gibt schlicht keine Arbeitsplatzangebote“, sagte Einenkel am Sonntag im Gespräch mit dieser Zeitung. Er sehe insbesondere Opel gefordert, mehr für die Beschäftigten zu tun, denen in absehbarer Zeit die Arbeitslosigkeit droht.
„Wir befürchten einen Dammbruch“
Auch unter den Beschäftigten im Mercedes-Werk in Düsseldorf gibt es Unruhe. Im Konzern kursieren Pläne, einen Teil der Produktion des Mercedes-Transporters Sprinter künftig in die USA oder nach Mexiko zu verlagern. Hunderte Arbeitsplätze in Düsseldorf stehen offenbar auf dem Spiel. Für die NRW-Landeshauptstadt ist Daimler mit 6500 Arbeitsplätzen der größte industrielle Arbeitgeber.
Nihat Öztürk, Geschäftsführer der Gewerkschaft IG Metall in Düsseldorf, warnt vor weitreichenden Folgen auch über NRW hinaus. „Wir befürchten einen Dammbruch“, sagte Öztürk. „Es wäre das erste Mal, dass ein deutscher Autohersteller heimische Arbeitsplätze abbaut, um die Produktion im Ausland zu verstärken.“ Bislang sei die Internationalisierung der Autokonzerne nicht zulasten deutscher Standorte erfolgt. „Sollte Daimler davon abrücken, wäre kein Werk mehr sicher.“
In Köln gibt es bereits eine Entscheidung, die sich direkt auf 4000 der 17 000 Beschäftigten am Ford-Standort auswirkt. Der Autobauer will die Produktion des Kleinwagens Fiesta drosseln und hat daher Kurzarbeit für die Monate Oktober und November beantragt. Damit reagiert Ford auf die sinkende Nachfrage insbesondere in Frankreich, Spanien und Italien. Auch die Auswirkungen der Ukraine-Krise spielen offenbar eine Rolle.
Auch die Zulieferbetriebe könnten den drohenden Abschwung in der NRW-Autoindustrie zu spüren bekommen. „Wenn das Mercedes-Werk Düsseldorf kleiner wird, Opel in Bochum wegfällt und bei Ford langfristig auch andere Standorte – etwa in Osteuropa – wichtiger werden, dann tut das auch den Zulieferern weh, beispielsweise im Sauerland“, sagt Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen.
Abrisspläne für Bochum
Dudenhöffer mahnte mehr Engagement der Landesregierung für die Autobranche in NRW an. Bei Ford in Köln sei bereits die Entscheidung für die aktuelle Produktion des Modells Fiesta sehr knapp gewesen, gibt Dudenhöffer zu bedenken. „Da sah man, wie dünn das Eis ist, auf dem sich NRW bewegt.“ Im Fall Opel habe es Ministerpräsidentin Hannelore Kraft „geschickt vermieden, mit Opel allzu oft zu reden“. Bei Zukunftsthemen wie Elektromobilität habe das Land NRW „kein Konzept“, kritisierte Dudenhöffer. Ein weiteres Beispiel: „Automatisiertes Autofahren ist das große Thema der Branche. Aber in NRW gibt es kein Wissenschaftszentrum für dieses wichtige Thema.“
In Bochum rechnet Betriebsratschef Rainer Einenkel damit, dass kaum etwas vom traditionsreichen Opel-Werk übrig bleiben wird. Auch der Abriss des Verwaltungsgebäudes sei beschlossene Sache, sagt er. Das bekannte Bauwerk mit der roten Backstein-Architektur solle „dem Erdboden gleich gemacht werden“.