Berlin/Essen. . Der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall muss den Bau eines Gefechtsübungszentrums für Russland vorerst zu den Akten legen. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die bereits erteilte Genehmigung der schwarz-gelben Vorgängerregierung für das Geschäft widerrufen. Rheinmetall zeigte sich unbeeindruckt von der Entscheidung. „Die Gespräche sind nicht gescheitert“, sagte ein Unternehmenssprecher zu derwesten.de.
Einige Monate lang hatte der Wirtschaftsminister auf eine gütliche Einigung mit der Düsseldorfer Waffenschmiede gesetzt, jetzt zieht Sigmar Gabriel (SPD) wegen der Ukraine-Krise die Notbremse: Er hat die Genehmigung für den Rüstungshersteller Rheinmetall zum Bau eines Gefechtsübungszentrums in Russland endgültig widerrufen.
Es ist das erste Mal, dass der Minister eine Rüstungsexport-Entscheidung der schwarz-gelben Vorgängerregierung öffentlich korrigiert. Gabriel hatte die Ausfuhr bereits im März auf Eis gelegt und versucht, mit Rheinmetall eine Einigung zu erzielen. Das ist offenbar nicht gelungen. Sein Veto hat der Minister mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) abgesprochen.
Das Übungszentrum in Mulino in der Wolga-Region sollte zum Jahresende fertig gestellt sein, dann hätten in einer der weltweit modernsten Trainingsbasen jährlich bis zu 30.000 russische Soldaten ausgebildet werden können – per Laser-Simulation lassen sich sogar Panzerschlachten nachstellen.
Gabriel: „Es geht um Menschenleben“
Die Regierung hält das Zentrum wegen der Ukraine-Krise für derzeit „nicht vertretbar“ und stützt sich bei ihrem endgültigen Stopp auf eine Gesetzesregelung, nach der solche Genehmigungen bei veränderten Rahmenbedingungen widerrufen werden können; allerdings hat das Unternehmen jetzt grundsätzlich einen Entschädigungsanspruch, wie das Ministerium einräumt. Für Gabriel steht Geld nicht im Vordergrund. „Es geht um Menschenleben“, sagt er.
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Rheinmetall gab sich gestern unbeeindruckt von der Entscheidung. Auf Nachfrage unserer Mediengruppe erklärte der Düsseldorfer Konzern (Umsatz 2013: 4,6 Milliarden Euro, 21.000 Beschäftigte weltweit), weiter mit der Bundesregierung über das Zustandekommen des Geschäfts reden zu wollen.
„Die Gespräche sind nicht gescheitert“, sagte ein Unternehmenssprecher. Der Auslieferungsstopp bestehe bereits seit März. Nach eigenen Angaben wollte Rheinmetall das Gefechtsübungszentrum mit elektronischen Komponenten ausstatten und keine schlüsselfertige Anlage bauen. „Es geht nicht um Waffen und Munition“, so der Konzernsprecher.
Geliefert habe man noch nichts. Anders als bei der Referenzanlage der Bundeswehr in Sachsen-Anhalt sei Rheinmetall auch nicht als Betreiber vorgesehen. Federführend seien die Russen. Der Rheinmetall-Anteil am Gesamtvolumen betrage zehn bis 15 Prozent. Den Auftragswert bezifferte das Unternehmen auf 100 Millionen Euro.
Schadensersatzansprüche gegen die Bundesregierung?
Auf die Frage, ob Rheinmetall nun Schadensersatzansprüche gegen die Bundesregierung stelle, antwortete der Sprecher ausweichend. In NRW-Wirtschaftskreisen wird bezweifelt, dass der Düsseldorfer Konzern so weit geht.
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Auch Rheinmetall müsse angesichts der Ukraine-Krise bedacht sein, politischen Schaden von sich abzuwenden, sagte ein Branchenkenner. Andererseits müssten Unternehmen sich auf erteilte Genehmigungen verlassen können.
Der Schritt geht über die vergangene Woche beschlossenen EU-Sanktionen hinaus. Sie sehen zwar ausdrücklich Einschränkungen für Rüstungsexporte nach Russland vor, allerdings nicht für Altverträge.
Frankreich etwa hält an seiner Lieferung von zwei Hubschrauberträgern an Russland im Herbst fest. SPD-Bundestagsfraktionschef Thomas Oppermann drängt nun darauf, dass auch andere EU-Staaten dem deutschen Beispiel folgen.