Essen/Hamburg. . Krisen in der Welt, Ferien in Deutschland – aber die Spritpreise bleiben stabil. “Früher hieß es immer: Wenn die Ferien losgehen, steigen die Benzinpreise. Das stimmt so nicht mehr“, heißt es beim ADAC. Experten haben eine Erklärung dafür und verweisen unter anderem auf die USA.

Ferienzeit in Deutschland, Krisen in der Ukraine und Nahost – und dennoch bleiben die Benzinpreise stabil. Wie eine Auswertung des Automobilclubs ADAC zeigt, hat sich der Liter E10 im Vergleich zur Vorwoche im Schnitt bundesweit sogar um 0,1 Cent auf 1,538 Euro verbilligt.

Ein Liter Diesel sei allerdings um 0,8 Cent teurer und nun für 1,375 Euro zu haben. Damit setze sich der „Trend einer relativ stabilen Preisentwicklung der vergangenen Wochen fort“, urteilt der Automobilclub. An vielen Tankstellen der Region war E10 am Mittwoch für knapp 1,46 Euro im Angebot.

Entscheidend sind die Rohölpreise

Dieser Tage starten in großen Bundesländern wie Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen die Sommerferien. „Früher hieß es immer: Wenn die Ferien losgehen, steigen die Benzinpreise. Das stimmt so nicht mehr“, sagt ADAC-Sprecher Jürgen Grieving.

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„Entscheidend für die Preise an der Zapfsäule ist der aktuell niedrige Rohölpreis“, erläutert Klaus Picard, Hauptgeschäftsführer des Mineralöl - wirtschaftsverbands. Trotz einer spürbaren Verschärfung der Russland-Ukraine-Krise haben sich die Ölpreise kaum bewegt. Dabei zählt Russland zu den größten Ölproduzenten der Welt.

Auch in der Ölnation Libyen und im Nahen Osten ist die Lage angespannt. „Die aktuellen internationalen Krisen haben bislang kaum größere Preisanstiege verursacht“, stellt Picard nüchtern fest. Zur Erinnerung: Im September 2012 hatte der Benzinpreis noch die Marke von 1,70 Euro pro Liter geknackt.

Öl-Fracking in den USA wirkt sich auf Preise in Deutschland aus

Der Ölpreis sei sehr stabil etwa auf dem Niveau der vergangenen drei Jahre geblieben, sagt Manuel Frondel vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI). „Einer der Hauptgründe dafür ist, dass es derzeit keine Angebotsknappheit an Rohöl gibt.“ Mehr noch: Durch das sogenannte Öl-Fracking steuern die USA auf eine Selbstversorgung zu. Weil die Importabhängigkeit der USA immer stärker zurückgehe, gebe es reichlich Öl auf den Märkten, berichtet Frondel.

Seit September müssen die Betreiber der über 14.000 Tankstellen in Deutschland der staatlichen Markttransparenzstelle berichten, wann und in welchem Umfang sie die Preise an den Zapfsäulen erhöhen oder senken. Auf Basis dieser Daten ermittelt das Essener RWI einen Benzinpreis-Spiegel.

Die Ergebnisse: Die durchschnittlich günstigsten Preise gibt es gegen 19 Uhr, bevor sie wieder anziehen und um 23 Uhr ihr Maximum erreichen. Auf diesem hohen Niveau bleiben die Preise regelmäßig bis fünf Uhr morgens, dann sinken sie im Tagesverlauf wieder.

"Wir haben einen immer schärferen Wettbewerb an der Zapfsäule"

„Wir haben einen immer schärferen Wettbewerb an der Zapfsäule“, sagt Branchenlobbyist Picard. „Der Absatz geht zurück, aber die Zahl der Tankstellen bleibt in etwa gleich. Dadurch erhöht sich der Druck auf die Mineralöl-Unternehmen und Tankstellenbetreiber.“ Das Shop-Geschäft werde deshalb als Einnahmequelle wichtiger. „Pro Liter Benzin verdienen die Unternehmen und die Pächter jeweils rund einen Cent. Das entspricht etwa 50 Cent pro Tankfüllung. Mit einem Kaffee kann mitunter mehr Gewinn in die Kasse kommen.“

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In ganz Europa seien die Benzinpreisen vor Steuern nur in drei Ländern günstiger als in Deutschland: in Großbritannien, Österreich und Frankreich, erklärt Picard. „Die teuersten Nationen sind Norwegen, die Schweiz, Italien, die Niederlande und Spanien.“ Der Steueranteil pro Liter Benzin liege in Deutschland derzeit bei rund 90 Cent. „Ohne Steuern würde ein Liter Benzin nur 62 Cent kosten.“

"An Jet-Tankstellen tankte man im Wochendurchschnitt am günstigsten"

Das Essener Institut RWI hat auch die Preisunterschiede zwischen den verschiedenen Tankstellenmarken analysiert. „An Jet-Tankstellen tankte man im Wochendurchschnitt ausnahmslos am günstigsten“, urteilen die Wissenschaftler. Für Dieselkraftstoff lagen die Wochendurchschnitte demnach bis zu sechs Cent je Liter unter denen des teuersten Anbieters.

Mit wenigen Ausnahmen änderten Jet-Tankstellen auch am seltensten die Preise pro Tag – im Wochendurchschnitt etwa vier Mal, berichtet das RWI. Esso- und Shell-Tankstellen taten dies den Angaben zufolge durchschnittlich „eher um die fünf Mal am Tag“.

Auch die Spanne zwischen Tageshöchstpreis und dem niedrigsten Tagespreis sei bei Jet-Tankstellen am kleinsten gewesen. Im Wochenmittel lagen diese Differenzen demnach um die sechs Cent je Liter, bei Shell-Tankstellen sei die mittlere Preisdifferenz auch mehr als doppelt so hoch ausgefallen.