Witten. . Seit zwei Monaten können Autofahrer alle Spritpreise auf ihrem Smartphone vergleichen. Viele Ruhrstädter vertrauen trotzdem auf ihre Spürnase

Ob Jet, Esso oder die Freie an der Dortmunder, Aral an der Sprockhöveler Straße, HEM in Annen oder Bommern: Seit zwei Monaten müssen sich alle Tankstellen in der Stadt dem Preisvergleich stellen – per Programm fürs Smartphone. Viele Wittener lassen die „Apps“ trotzdem lieber links liegen und vertrauen auf ihre Spritpreis-Nase.

Oder sie wissen nicht so recht etwas mit der neuen Technik anzufangen. „App, watt?“ Ein 62-Jähriger, der am Dienstagnachmittag gerade seinen Wagen mit Super-Benzin gefüllt hat, will mit dem ganzen Schnickschnack nichts zu tun haben. Ein Vergleich hätte für ein Schnäppchen sowieso nichts genützt: Hier, an der Freien Tankstelle an der Dortmunder Straße müssen Kunden gerade 1,50 Euro für den Liter zahlen. Laut App ist’s um diese Uhrzeit ohnehin das günstigste Angebot in der Nähe.

Vorbeifahren und schauen, wo das günstigste Angebot ist

Bei Esso direkt nebenan ist’s ein Cent teurer pro Liter. Doch wofür ‘ne App, wenn man Dieter Vollmer fragen kann? „Wenn bei der Freien 1,50 ist, dann weiß man doch schon, dass es bei Esso 1,51 Euro kostet.“ Der 72-Jährige ist schon ein alter Fahrerhase, der auch ohne technische Hilfe auskommt. „Ich fahre an den Tankstellen vorbei und gucke, was das günstigste Angebot ist.“ Erst leer fahren und dann auffüllen – das kommt für Dieter Vollmer nicht infrage. „Ich schlage zu, wenn es günstig ist.“

Dass Riesen wie Esso an der Dortmunder Straße trotz technischer Hilfe nicht unbedingt Kunden verlieren, bestätigt Kunde Frank Ronzka. „Ob ich für ein paar Cent quer durch die Stadt bis zur Sprockhöveler Straße fahren würden, würde ich mir überlegen“, sagt der 39-Jährige. „Wenn ich das hochrechne, habe ich mehr verbraucht, statt gespart zu haben.“ Und vieles scheint eben auch am großen Namen oder an der Gewohnheit zu hängen, wie das Beispiel Aral zeigt.

„Ich nehme die günstigste Tankstelle, die auf dem Weg liegt“

Falsche Angaben können für Anbieter teuer werden

Alle Tankstellen müssen seit 31. August die Preise ans Kartellamt melden. Der Vergleich per App soll den Wettbewerb fördern, was - so die Idee - dem Verbraucher günstigere Preise beschert.

Anbieter müssen Preisänderungen innerhalb von fünf Minuten melden. Ausnahme: Tankstellen unter 750 000 Liter Sprit/Jahr. Falsche Angaben kosten Betreiber bis 100 000 Euro Strafe.

Der „blaue Riese“ sitzt an der Sprockhöveler (Super-Preis zum Vergleichszeitpunkt: 1,53 Euro). Dass Kunden die Tankstelle in App-Zeiten links liegen lassen und lieber ein paar Kilometer weiter zur Dortmunder Straße fahren, wenn’s dort mal günstiger ist, kann der Verkäufer vor Ort nicht beobachten. „Es läuft wie immer. Wir haben viele Stammkunden.“ Auch der kleinere Umweg zu Shell an der Bochumer Straße lohnt nicht: Hier kostet der Liter Super gegen 14 Uhr dasselbe, meint die App.

Also ganz einfach drauf verzichten? Edith E. (40) nickt. Sie löst das Tanken pragmatisch: „Ich wohne in Witten und arbeite in Dortmund. Ich nehme einfach immer die günstigste Tankstelle, die auf dem Weg liegt.“ Ganz ohne App.