Essen. Kaum ein Internet-Phänomen fürchten Unternehmen mehr als den Shitstorm. Wenn Tausende User über Facebook oder Twitter ihrer Wut auf das Unternehmen freien Lauf lassen, geraten Konzernlenker ins Schwitzen. Doch einen neue Studie zeigt, dass die Aufregung um Shitstorms ziemlich ungerechtfertigt ist.

Schlecker, O2, die Deutsche Bahn, Vodafone - alles Unternehmen, die schon einmal in einem Shitstorm standen. Diese Empörungswellen im Internet sind vor allem in Zeiten von Facebook und Twitter der Alptraum eines jeden Managers. Eine falsche Formulierung oder ein unpassendes Bild genügen manchmal, um die Netzgemeinde gegen ein Unternehmen aufzubringen.

Und spätestens, wenn Massenmedien wie Zeitungen oder Fernsehsender über das Problem berichten, ist die Katastrophe perfekt. Dann ist kaum mehr auszuschließen, dass selbst große Konzerne wegen der Wut ihrer Kunden schlechtere Geschäfte machen. Doch eine neue Studie der Macromedia Hochschule für Kommunikation zeigt: vor wirtschaftlichen Schäden durch einen Shitstorm müssen Unternehmen sich nicht fürchten.

Shitstorms gehen meistens spurlos an Unternehmen vorbei

Denn obwohl manchmal Tausende User ihrer Wut freien Lauf lassen, hätten Unternehmen "bislang kaum messbare Umsatz- oder Gewinneinbußen noch einen nachweisbaren Glaubwürdigkeitsverlust festgestellt", sagt Studienleiter Ralf Spiller. Er hat zehn größere Shitstorms untersucht und anonyme Interviews mit den verantwortlichen Mitarbeitern der betroffenen Unternehmen geführt.

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Über all diese Shitstorms wurde in den Online-Ausgaben überregionaler Medien berichtet. So wollte Spiller sicher stellen, dass nur große Empörungswellen in die Untersuchung einfließen. Doch selbst diese größeren Wutwellen gingen allesamt spurlos an den Unternehmen vorbei.

Kunden interessieren sich für den Preis

"Ich war davon ziemlich überrascht. Es scheint tatsächlich so zu sein, dass die Menschen sich vor allem dafür interessieren, was ein Produkt kostet", sagt Spiller. Kleinere PR-Pannen ließen die Kunden anscheinend kalt. Die Botschaft der Untersuchung ist klar. Shitstorms verschwinden so schnell, wie sie aufziehen.

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Denn wer kann sich heute noch daran erinnern, dass die ING-Bank 2012, also vor gerade einmal zwei Jahren, ins Kreuzfeuer von Vegetariern geriet, weil Basketball-Star Dirk Nowitzki in einem Werbespot des Unternehmens eine Scheibe Wurst verspeiste? Sinnlose Zeitverschwendung für gelangweilte Wutbürger sind Shitstorms allerdings trotzdem nicht.

Keiner will als Buhmann dastehen

Mehrere Befragte gehen sogar davon aus, dass sie in Zukunft als gezielte Waffe gegen Unternehmen eingesetzt werden. Kunden oder Protestgruppen, wie etwa Umweltschutzorganisationen, würden sich der Macht von Shitstorms immer bewusster werden, schätzt ein Interviewpartner. Wenn etwa Greenpeace früher eine Bohrplattform besetzen müsste, könnten Protestgruppen heute einfach die Facebook-Seite eines Unternehmens besetzen um auf ihre Sache aufmerksam zu machen.

Und obwohl die Empörungswellen im Netz wohl keinen wirtschaftlichen Schaden anrichten, will sich kein Unternehmen dem Risiko aussetzen, dauerhaft als Buhmann im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit zu stehen. Deshalb gibt es viele Firmen, die auf Shitstorms reagieren.

Für Unternehmen bleibt ein Restrisiko

Als etwa die Fast-Food-Kette McDonalds 2012 die Preise für seinen Cheeseburger erhöhte, brach eine Empörungswelle los, die das Unternehmen zwang, den Burger wieder zum alten Preis anzubieten. Studienleiter Spiller kann das verstehen: "Für einen Konzern existiert natürlich immer ein Restrisiko, dass der Shitstorm ihnen doch schadet. Und dieses Risiko will dann doch keiner eingehen.“