Bochum. . Schimmel, Nachtspeicherheizungen, hohe Nebenkosten: Rolf Buch, Vorstandschef des Bochumer Immobilienkonzerns Deutsche Annington, nimmt im Interview Stellung zu den Sorgen und Beschwerden seiner Kunden.

Der Immobilienkonzern Deutsche Annington aus Bochum ist Deutschlands größter Vermieter. Vorstandschef Rolf Buch nimmt im Interview Stellung zu den Sorgen und Beschwerden seiner Kunden.

Herr Buch, wir haben unsere Leser über das soziale Netzwerk Facebook gefragt, was ihnen zur Deutschen Annington einfällt. Innerhalb kurzer Zeit gab es eine Vielzahl kritischer Kommentare. Können Sie sich das erklären?

Rolf Buch: Ich habe sehr schnell nach meinem Amtsantritt im April vergangenen Jahres gesagt, dass Fehler passiert sind – und dass wir besser werden müssen. Wir haben schon viel erreicht, aber es gibt noch einiges zu tun.

Unsere Leser beschreiben sehr genau, was sie derzeit ärgert. Ein großes Thema ist Schimmel in den Wohnungen.

Rolf Buch: Wir haben in den vergangenen Monaten viel Geld in die Schimmelbeseitigung investiert und Wohnungen umfassend saniert. Außerdem helfen wir unseren Mietern, ihre Wohnungen richtig zu nutzen. Häufig entsteht Schimmel, weil nicht richtig gelüftet wird. Daher haben wir in zahlreichen Wohnungen Geräte installiert, die piepsen, wenn zu viel Feuchtigkeit in der Luft liegt – ähnlich wie ein Warnsignal im Auto, wenn das Motoröl knapp wird.

Oft wird auch über veraltete Nachtspeicher-Heizungen in den Wohnungen geklagt.

Rolf Buch: Das ist ein Thema, mit dem wir uns beschäftigen. Dass wir Nachtspeicher in unseren Immobilien haben, hat historische Gründe. Viele Wohnungen haben wir von Energieversorgern übernommen, die in der Vergangenheit auf diese Technologie gesetzt haben. Unser Ziel ist es, die Nachtspeicheröfen Stück für Stück auszubauen.

Kürzlich hat die Annington für rund 2,4 Milliarden Euro Wohnungen gekauft – in Süddeutschland, Schleswig-Holstein, Hessen oder Bremen zum Beispiel. Im Ruhrgebiet fragen sich Mieter, warum Sie nicht zunächst einmal den Bestand saniert haben?

Rolf Buch: Das tun wir doch. Wir werden in diesem Jahr etwa 150 Mio. Euro in die Modernisierung unserer Bestände investieren. Davon fließt sehr viel Geld ins Ruhrgebiet.

Das ist aber ein Bruchteil dessen, was sie für Immobilienkäufe ausgeben.

Rolf Buch: Wir sind ein nationales Immobilien-Unternehmen und wollen wachsen. Unser Ziel ist es, auf den hochattraktiven Wohnungsmärkten in Deutschland präsent sein. Dazu zählt für uns das Ruhrgebiet, aber auch Städte wie Augsburg, München, Frankfurt, Kiel und Bremen. Die Akquisition ist ein großer Erfolg für das Unternehmen, denn nur wenn wir wirtschaftlich erfolgreich sind, können wir nachhaltig in unsere Bestände investieren.

Hedgefonds-Siedlungen

Immobilienfonds kaufen Wohnungen, die sie aber nicht genügend pflegen. Wie im Fall der Siedlung Jungferntahl in Dortmund-Rahm. Mieterin Frieda Weiss beklagt beispielsweise Schäden an Balkon und und Hauswänden.
Immobilienfonds kaufen Wohnungen, die sie aber nicht genügend pflegen. Wie im Fall der Siedlung Jungferntahl in Dortmund-Rahm. Mieterin Frieda Weiss beklagt beispielsweise Schäden an Balkon und und Hauswänden. © WAZ
Die Wohnung der Seniorin ist kein Einzelfall in der Siedlung, ...
Die Wohnung der Seniorin ist kein Einzelfall in der Siedlung, ... © WAZ
... wie die Bilder beweisen. Früher soll es in der Siedlung einmal richtig hübsch gewesen sein, beklagt Mieterin Frieda Weiß.
... wie die Bilder beweisen. Früher soll es in der Siedlung einmal richtig hübsch gewesen sein, beklagt Mieterin Frieda Weiß. © WAZ
Auch in Gelsenkirchen-Hassel gibt es Mieterärger...Auch das Badezimmer und das Schlafzimmer Bulazars sind vom Schimmel befallen. Die Wohneinheiten sind Eigentum der Deutschen Annington. Foto: Joachim Kleine-Büning/WAZ Fotopool
Auch in Gelsenkirchen-Hassel gibt es Mieterärger...Auch das Badezimmer und das Schlafzimmer Bulazars sind vom Schimmel befallen. Die Wohneinheiten sind Eigentum der Deutschen Annington. Foto: Joachim Kleine-Büning/WAZ Fotopool © WAZ Fotopool
In der Wohnung am Eppmannweg 96 von Mieter Ismail Bulazar (40, Schweisser) hat sich in der Küche Schimmel gebildet.
In der Wohnung am Eppmannweg 96 von Mieter Ismail Bulazar (40, Schweisser) hat sich in der Küche Schimmel gebildet. © WAZ Fotopool
Karl-Heinz Schempershauwe und Klaus Arnecke (li.) von der Hasseler-Annington-Mieterinitiative kennen solche Probleme. Sie versuchen immer wieder, den Mietern zu helfen im Streit mit der Wohnungsgesellschaft.
Karl-Heinz Schempershauwe und Klaus Arnecke (li.) von der Hasseler-Annington-Mieterinitiative kennen solche Probleme. Sie versuchen immer wieder, den Mietern zu helfen im Streit mit der Wohnungsgesellschaft. © WAZ Fotopool
In fast jedem Raum seiner Wohnung in der Friesenstraße im Dortmunder Stadtteil Eving hat Christian Gerlach kennt das Schimmel-Problem. Seine Wohnung im Dortmunder Stadtteil Eving ist feucht, in fast jedem Raum wuchert der Schimmel.
In fast jedem Raum seiner Wohnung in der Friesenstraße im Dortmunder Stadtteil Eving hat Christian Gerlach kennt das Schimmel-Problem. Seine Wohnung im Dortmunder Stadtteil Eving ist feucht, in fast jedem Raum wuchert der Schimmel. © WAZ FotoPool
Der Vermieter, die Wohnungsgesellschaft Deutsche Annington, weist die Schuld den Mietern zu.
Der Vermieter, die Wohnungsgesellschaft Deutsche Annington, weist die Schuld den Mietern zu. © WAZ FotoPool
Ist die Tapete runter, zeigt sich das ganze Ausmaß des Problems. Risiken für die Gesundheit sind nicht ausgeschlossen.
Ist die Tapete runter, zeigt sich das ganze Ausmaß des Problems. Risiken für die Gesundheit sind nicht ausgeschlossen. © WAZ FotoPool
Auch im Dortmunder Stadtteil Eving gibt es Probleme bei Wohnungen der Deutschen Annington. Die Bausubstanz der Wohnungen ist heruntergekommen.Die Deutsche Annington plant ihre Bestände von rund 80 Wohnungen in der Volmarsteiner Straße im westlichen Kreuzviertel zu modernisieren. Geplant ist eine Wärmedämmung, aber keine Erneuerung der knapp 30 Jahre alten Fenster. Gegen die geplante Mieterhöhung auf ca. 6,00Euro pro qm haben sich viele Mieter in der " Mieterinitiative Volmarsteiner Straße " zusammengeschlossen. Verwahrloste Kellertreppe
Auch im Dortmunder Stadtteil Eving gibt es Probleme bei Wohnungen der Deutschen Annington. Die Bausubstanz der Wohnungen ist heruntergekommen.Die Deutsche Annington plant ihre Bestände von rund 80 Wohnungen in der Volmarsteiner Straße im westlichen Kreuzviertel zu modernisieren. Geplant ist eine Wärmedämmung, aber keine Erneuerung der knapp 30 Jahre alten Fenster. Gegen die geplante Mieterhöhung auf ca. 6,00Euro pro qm haben sich viele Mieter in der " Mieterinitiative Volmarsteiner Straße " zusammengeschlossen. Verwahrloste Kellertreppe © WAZ FotoPool
Jetzt will die Wohnungsgesellschaft nachbessern und die rund 80 Wohneinheiten modernisieren. Geplant ist eine Wärmedämmung, aber keine Erneuerung der knapp 30 Jahre alten Fenster.
Jetzt will die Wohnungsgesellschaft nachbessern und die rund 80 Wohneinheiten modernisieren. Geplant ist eine Wärmedämmung, aber keine Erneuerung der knapp 30 Jahre alten Fenster. © WAZ FotoPool
Anderer Ort, das gleiche Problem: In der Hattinger Wohnung der 24-jährigen Janine Herden macht sich ebenfalls Schimmel breit - in den Ecken der Zimmer und an den Außenwänden am Moselweg.
Anderer Ort, das gleiche Problem: In der Hattinger Wohnung der 24-jährigen Janine Herden macht sich ebenfalls Schimmel breit - in den Ecken der Zimmer und an den Außenwänden am Moselweg. © WAZ FotoPool
Vermieter der 24-Jährigen ist ebenfalls die Deutsche Annington.
Vermieter der 24-Jährigen ist ebenfalls die Deutsche Annington. © WAZ FotoPool
Selber Vermieter, diesmal in Duisburg. Verena Feck wohnt in einer Wohnung in Rheinhausen, in der über Monate die Heizung nicht funktionierte. Die Mieterin wusste sich nicht anders zu helfen, als sich in Decken zu hüllen, um der Kälte zu trotzen.
Selber Vermieter, diesmal in Duisburg. Verena Feck wohnt in einer Wohnung in Rheinhausen, in der über Monate die Heizung nicht funktionierte. Die Mieterin wusste sich nicht anders zu helfen, als sich in Decken zu hüllen, um der Kälte zu trotzen. © WAZ FotoPool
Gelsenkirchen-Bulmke, Hohenzollernstraße: Auch in der Wohnung von Elisabeth E. hat sich Schimmel gebildet.
Gelsenkirchen-Bulmke, Hohenzollernstraße: Auch in der Wohnung von Elisabeth E. hat sich Schimmel gebildet. © WAZ FotoPool
Ein Problem, das auch Ute Korte kennt. Die Mieterin wohnt in der Reichelsiedlung in Rheinberg. Fotos: Stefan Arend, Joachim Kleine-Büning, Svenja Hanusch, Friedhelm Geinowski, Martin Möller, Gisela Weißkopf
Ein Problem, das auch Ute Korte kennt. Die Mieterin wohnt in der Reichelsiedlung in Rheinberg. Fotos: Stefan Arend, Joachim Kleine-Büning, Svenja Hanusch, Friedhelm Geinowski, Martin Möller, Gisela Weißkopf © Foto: Gisela Weißkopf
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Häufig wird über schlechten Service bei der Annington geklagt.

Rolf Buch: Es gibt kein anderes Immobilien-Unternehmen in Deutschland, das an dieser Stelle mehr Anstrengungen unternimmt als wir. Wir haben jetzt 1600 Handwerker im Unternehmen – bei insgesamt 3000 Beschäftigten. Das zeigt, wie ernst wir es nehmen, guten Service zu liefern. Dass wir eine eigene Handwerker-Organisation im Unternehmen haben, hat sich übrigens auch bei der Beseitigung der Sturmschäden an Rhein und Ruhr ausgezahlt. Unsere Kunden waren froh über die Möglichkeit, Schäden direkt bei uns zu melden und kurzfristig Reparaturtermine zu erhalten.

Mit 1,9 Prozent lag der Anstieg der Annington-Mieten im Schnitt über der Inflationsrate. Warum eigentlich?

Rolf Buch: Bei bestehenden Mietverhältnissen haben wir die Mieten unter Inflationsniveau angepasst. Die 1,9 Prozent, die knapp über der Inflation liegen, beziehen sich auf die Gesamtmiete des Portfolios inklusive Neuvermietungen.

Ist auch in diesem Jahr mit einem Anstieg der Mieten um 1,9 Prozent zu rechnen?

Rolf Buch: Auch für das laufende Jahr planen wir, das Mietniveau entsprechend anzupassen. Für die bestehenden Mieten werden wir erneut unter Inflationsniveau erhöhen.

Können Sie sich auch an der einen oder andere Stelle Mietpreissenkungen vorstellen?

Rolf Buch: Das passiert nur, wenn in einer Stadt die Einwohnerzahl deutlich sinkt. In einer solchen Region beschäftigen wir uns dann damit, ob jemand anderes diese Bestände effektiver bewirtschaften könnte.

Was heißt das für das Ruhrgebiet?

Rolf Buch: Im Ruhrgebiet gibt es wie Sie wissen Stadtteile, in denen es schwieriger wird. Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Wohnungsbestände pflegen und die Kommunen für ein gutes Umfeld sorgen, eine Aufgabe, die nur gemeinsam zu bewältigen ist. Insgesamt ist das Ruhrgebiet aber ein guter Wohnungsmarkt und darüber hinaus unsere Heimat. Wir bewirtschaften hier knapp 70.000 Wohnungen und investieren tatkräftig in unsere Bestände.

Lassen Sie uns auf die Leserfragen via Facebook zurückkommen. Eine Mieterin möchte wissen, warum Sie ihr einen bestimmten Anbieter für das Fernseh-Signal vorschreiben.

Rolf Buch: Es stimmt, dass wir mit der Deutschen Telekom kooperieren. Die Folge ist, dass über 80 Prozent unserer Mieter einen günstigeren Vertrag als vorher haben. Außerdem liefert die Telekom mit ihren modernen Glasfasernetzen hervorragende Qualität.

Einer anderen Mieterin wurde eine Wohnung, die zum Verkauf stand, zur Miete angeboten. Sie hat nur durch Zufall diesen Zusatz im Mietvertrag gesehen und dann nicht unterschrieben, weil sie nicht riskieren wollte, dass ein neuer Eigentümer wegen Eigenbedarfs kündigt.

Rolf Buch: Das entspricht nicht unserer Geschäftspolitik. Im Zuge von Einzelprivatisierungen bieten wir unseren Kunden die Wohnungen, in denen sie leben, zum Kauf an. Besteht hier kein Interesse, richten wir uns an Kapitalanleger – die Wohnungen sind als solche ausdrücklich gekennzeichnet. Das heißt: Die Mieter können auf jeden Fall in ihren Wohnungen bleiben.

Auch die Klage über stark steigende Nebenkosten ist häufig zu hören.

Rolf Buch: Es stimmt, dass die sogenannte zweite Miete durch höhere Energiekosten enorm gestiegen ist. Alle Vermieter sehen sich mit dieser Entwicklung konfrontiert. Die Energiekosten müssen wir leider an die Mieter weitergeben, wir verdienen daran aber nichts. Im Übrigen steigen die Nebenkosten im Schnitt sehr viel schneller als die Mietpreise. Das sollte auch bedacht werden, wenn über die Mietpreisbremse diskutiert wird.

Als börsennotiertes Unternehmen müssen Sie Ihre Aktionäre durch höhere Gewinne und gute Dividenden zufriedenstellen. Manche Mieter befürchten, das geht auf ihre Kosten.

Rolf Buch: Kein Mieter muss sich sorgen. Es geht um einen Interessenausgleich. Dafür stehe ich. Nur wenn wir zufriedene Kunden haben, können wir auch ein gutes Ergebnis für unsere Anteilseigner erwirtschaften. Mit dem Börsengang haben wir anstelle eines einzelnen Investors viele Aktionäre gewonnen, die an einer langfristigen Investitionspolitik interessiert sind. Mit dem vollständigen Rückzug von Terra Firma ist die Veränderung des Geschäftsmodells mit einer an Nachhaltigkeit und Langfristigkeit orientierten Strategie abgeschlossen. Nur wenn Wohnungsbestände langfristig gepflegt werden, sind unsere Kunden zufrieden und wir können stabile Renditen erwirtschaften.