Castrop-Rauxel/Bochum. 22 Jahre lang arbeitete die 52-Jährige für die Deutsche Annington. Am Ende ging sie mehr als großzügig mit der Erfassung ihrer Arbeitszeiten um. Unsauber verhielt sich aber auch ihr Arbeitgeber - und bespitzelte sie. Sie wurde entlassen. Nun trafen sich die Parteien in Bochum vor Gericht.
Der große Knall kam nach 22 Jahren - und er kam gefühlt aus dem Nichts. Ein zu schludriger Umgang mit der Arbeitszeit-Erfassung hat eine Annington-Mitarbeiterin aus Frohlinde ihren Job gekostet. Am Arbeitsgericht Bochum wurde am Dienstag das berufliche Aus besiegelt.
Vorwurf: Arbeitszeitbetrug
Ausgedehnte Pausenzeiten auf der einen, spitzelnde Kollegen auf der anderen Seite: Das Immobilienunternehmen mit Sitz in Bochum hatte der 52-Jährigen am 27. November 2013 fristlos gekündigt. Der Vorwurf: Arbeitszeitbetrug. Angeblich soll die Angestellte es zuletzt in Serie auffallend lasch mit der Erfassung ihrer tatsächlichen Arbeitszeit genommen haben. Einmal soll sie allein für das Holen von vier Kartons aus ihrem Auto mehr als 80 Minuten in der Firma abwesend gewesen sein.
Als Stolperfalle für die Frau entpuppten sich drei Kollegen. Das Trio beobachtete, spionierte, notierte - und stach die Informationen über angeblich allzu ausgedehnte "Ausflüge" anschließend hinter dem Rücken der Kollegin an die Chefetage durch. Das Kündigungs-Gespräch beim Abteilungsleiter kam für die Frau wie aus heiterem Himmel. "Ich kam an diesem Morgen wie immer mit guter Laune ins Büro. Dann hieß es plötzlich ,Ich brauche Sie mal' ", erinnerte sich die langjährige Mitarbeiterin. "Kurz danach saß ich beim Abteilungsleiter im Büro, mir gegenüber saßen jede Menge Leute und vor mir lag ein Blatt Papier. Ich war völlig fertig."
Angestellte wies Vorwurf des Arbeitszeitbetruges vor Gericht zurück
Den Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs wies sie vor Gericht noch einmal entschieden zurück. "Ich habe mir 22 Jahre nichts zu Schulden kommen lassen, habe mich immer für das Unternehmen eingesetzt", beteuerte sie. "Mein großer Fehler war vielleicht, dass ich nicht alles immer zeitnah eingetragen habe."
Am Ende war bei ihr aber wohl genauso viel Vertrauen in ein unbeschwertes Weiterarbeiten verloren gegangen, wie auf der Seite von Annington. Der Prozess am Arbeitsgericht endete mit einem Kompromiss: Die Castrop-Rauxelerin stimmte ihrem Annington-Aus zum 30. Juni zu. Sie erhält zwar keine Abfindung, aber bis dahin noch ihren vollen Lohn ausgezahlt. Im Gegenzug verzichtete der Arbeitgeber auf das Festhalten am Vorwurf des Arbeitszeitbetrugs.