Berlin. . Der Gütertransport auf der Autobahn soll eine Revolution erleben: Aus dem Cockpit der Lastwagen werden selbstfahrende Büros für Logistiker. Der Autokonzern Daimler sieht für die Neuheit ein Umsatz- und Ertragspotenzial.

Hans spielt entspannt mit seinem Laptop, bewegt sich, schaut sich um. Nur der vor ihm liegenden Straße widmet er keine Aufmerksamkeit. Dabei sitzt er hinter dem Lenkrad eines Trucks und braust über die Autobahn. So könnte der Arbeitsalltag von Lkw-Fahrern bald aussehen. „Er kann Gas geben, bremsen, lenken“, sagt der für die Sparte zuständige Vorstand Wolfgang Bernhard und meint das Fahrzeug, nicht den Fahrer.

Dafür sorgt der „Highway Pilot“, den Daimler als Weltpremiere nahe Magdeburg auf einem Teilstück der neuen A14 nun der Öffentlichkeit vorgestellt hat. Bis Tempo 85 kann der „Future Truck 2025“ alleine fahren. Sensoren und Rechner ermöglichen diese „technologische Revolution“, wie Bernhard die Entwicklung nennt.

Der Transporter macht automatisch den Weg für einen Rettungswagen frei, weicht einem Hindernis auf dem Seitenstreifen aus. Taucht plötzlich ein Hindernis auf, erfolgt eine Vollbremsung. Nur den Fahrstreifen wechselt der Truck nicht. Zum Überholen wird Hans gerufen. Der Testfahrer findet die Technik „toll“.

Das Unternehmen ist vom Erfolg dieser Entwicklung überzeugt. 2025 will Daimler damit den Markt erobern. Denn bis die Voraussetzungen geschaffen worden sind, wird es Jahre dauern. Technisch wären die Stuttgarter schon in fünf Jahren bereit für die Markteinführung. Sie versprechen einen Gewinn für alle, die Wirtschaft, die Gesellschaft und die Verbraucher.

Wandlung und Aufwertung des Berufsbildes der Fahrer?

Die Zukunftsmusik klingt so: Die unter starkem Konkurrenzdruck stehenden Speditionen sparen Spritkosten, weil der Autopilot sparsam fährt. Auch sinkt die Unfallgefahr. Über die Vernetzung der Rechner mit Verkehrsleitzentralen oder anderen Fahrzeugen weiß das Gerät schon früh über Staus oder Gefahren Bescheid und bremst entsprechend.

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Verbrauch und Abgasemissionen gehen zurück. Wenn einmal alle Lkw miteinander kommunizieren, gibt es weniger Staus und ein geringeres Unfallrisiko. Zudem entfällt zumindest während der Automatik-Fahrt der Faktor Mensch als Gefahrenquelle. Der Computer schläft nicht ein.

Vorstand Bernhard glaubt auch an eine Wandlung und Aufwertung des Berufsbildes der Fahrer. Das hat die Transportbranche nötig. Rund 250 000 Fahrer werden in den nächsten Jahren neu benötigt. Bei gut ausgebildeten jungen Leuten ist der Job nicht sehr beliebt. Das will Daimler mit der Selbstfahrtechnik ändern.

Aus dem Cockpit könnte während der Zeit auf der Autobahn ein Büro- und Freizeitraum werden. Via Internet telefoniert der Fahrer, vertreibt die Monotonie der Langstrecke mittels Film und Fernsehen, erledigt Dispositionsaufgaben für die Spedition oder wickelt den Schriftverkehr mit Kunden ab. Nur bis es auf die Autobahn oder wieder runter geht, oder ein Überholmanöver ansteht, muss der Fahrer Fahrer sein.

Daimler sieht für die Neuheit ein Umsatz- und Ertragspotenzial

Daimler sieht für die Neuheit ein Umsatz- und Ertragspotenzial. Die Schwaben sind der erste Hersteller, der die Serienreife dieser Technologie bald vorweisen kann. Bis der „Future Truck“ auf die Straße kommt, müssen Vorbereitungen getroffen werden. Alle Autobahnen müssten mit Fahrstreifen versehen sein.

Sonst erkennen die Sensoren ihre Fahrtroute nicht. Rechtliche Fragen sind offen. Bisher ist ein automatisches Lenken bei mehr als zehn Stundenkilometern verboten. Es müsste gesetzlich erlaubt werden – international. Haftungsfragen müssen geklärt werden, falls während einer fahrerlosen Fahrt etwas passiert. Dennoch ist sich Bernhard sicher, dass Daimler den richtigen Weg geht. „Wir erleben ein neues Zeitalter im Fahrlastverkehr.“