Essen. . Der milliardenteure Ausstieg aus der deutschen Steinkohleförderung wird den Steuerzahler nach Einschätzung der RAG-Stiftung kein Geld kosten. Die dauerhaften Lasten etwa für das Abpumpen von Wasser könnten voraussichtlich trotz der sehr niedrigen Zinsen über das Stiftungsvermögen abgedeckt werden.

Die Essener RAG-Stiftung sieht sich gut vier Jahre vor dem endgültigen Ende des subventionierten Steinkohlebergbaus auf einem guten Weg, was die Finanzierung der Ewigkeitslasten nach dem Jahr 2018 angeht. Zugleich nimmt sich die Stiftung die Freiheit, die sie vom politisch kontrollierten Aufsichtsgremium erhalten hat und besorgt sich 600 Millionen Euro für Investments in renditestarke Anlagen oder Mittelständler.

„Die Stiftungslösung funktioniert“, sagte Vorstandschef Werner Müller und verwies dabei darauf, dass die Stiftung „schon heute mehr erwirtschaftet, als sie ab 2019 jährlich für die Finanzierung der Ewigkeitslasten ausgeben muss“. So würden die Kosten vor allem für das Abpumpen des Grubenwassers rund 220 Millionen Euro im Jahr betragen, bereits heute liege der Überschuss der RAG-Stiftung bei rund 330 Millionen Euro pro Jahr.

„Bin stolz auf diese Mannschaft“

Diese Summe speist sich nach Angaben von Finanzchef Helmut Linssen aus der Dividende in Höhe von knapp 296 Millionen Euro, die die Stiftung auf ihren Anteil von 68 Prozent am Spezialchemiekonzern Evonik erhalten hat. Zudem flossen 36,6 Millionen Euro Gewinnausschüttung vom Wohnungsunternehmen Vivawest, an dem die Stiftung 30 Prozent hält. Weitere Anlagen brachten 16,9 Millionen Euro. Davon abzuziehen seien Kosten für Miete und Personal, was gut investiertes Geld sei, sagte Müller mit Blick auf die gestern von der Stiftung überraschend am Kapitalmarkt platzierte Wandelanleihe. „Ich bin stolz auf die Mannschaft“, so Müller. Die habe den Markt so gut im Blick behalten, dass es gelungen sei, die Anleihe zu einem Nullzinssatz institutionellen Anlegern wie Fonds und Versicherungen anzubieten.

Anleihe überzeichnet

Aus der Pressekonferenz heraus konnte Finanzchef Linssen die Überzeichnung der Anleihe verkünden, das heißt: Die Nachfrage war deutlich höher als das Angebot. In Folge habe die Stiftung die ursprüngliche Höhe der Wandelanleihe von 400 Millionen in zwei Schritten um je 100 Millionen Euro aufgestockt. Attraktiv ist das Papier für die Käufer der bis Ende 2018 laufenden Anleihe, weil sie berechtigt sind, das Papier in Evonik-Aktien „umzuwandeln“. Die Stiftung bietet eine Umtauschprämie von 37,5 Prozent auf den gestrigen Aktienkurs an. So können die Anleger auf satte Kursgewinne spekulieren ohne das Risiko einzugehen, weniger als ihren nominalen Anleihebetrag zurückzuerhalten.

Zugleich ist damit klar, dass die RAG-Stiftung ihren Anteil an Evonik weiter reduziert, bei einem Umtausch der gesamten Anleihe macht das Volumen drei Prozentpunkte der 68 Prozent aus. Man könne nichts falsch machen, wenn man 600 Millionen Euro zinslos bekomme, sagte Müller. Und: „Wir sind uns sicher, dass wir das Geld zu mehr als null Zinsen anlegen.“ Das Kuratorium der Stiftung habe den Vorstand berechtigt, den Evonik-Anteil ohne Rücksprache bis auf 60 Prozent zu reduzieren. Weitere Schritte in diese Richtung erwarte er „in den nächsten zwei, drei Jahren nicht“; man könne sie aber auch nicht ausschließen.

Risiko reduzieren

Ziel sei es, das „Konzentrationsrisiko“ in der Anlagemischung zu reduzieren. Schließlich bestehe der Kapitalstock der Stiftung in Höhe von gut zwölf Milliarden Euro mit neun Milliarden aus Evonik-Aktien und mithin der Spezialchemie. Evonik entwickle sich gut, er erwarte mit Blick auf Zukäufe „spannende Zeiten“. Risikostreuung bedeute, möglichst gut , aber weit weg von der Spezialchemie zu investieren, etwa „in deutsche Ingenieurskunst“.

Die Stiftung sei „das Gegenteil jener Heuschrecken“, die Unternehmen finanziell schwächten. Vielmehr wolle man die Mittelständler unterstützen. Derzeit prüfe man Zukäufe im Wert von insgesamt einer Milliarde Euro. Dabei strebe die Stiftung durchaus auch Mehrheitsbeteiligungen an. Diese Investments seien nötig, um die niedrigen Zinsen am Kapitalmarkt auszugleichen. Die Kapitalanlagen der Stiftung brachten etwa 3,5 Prozent ein. Die Mittelstandsinvestitionen sollen möglichst acht Prozent und mehr bringen. Maßgabe sei es, die Steuerzahler von den Ewigkeitskosten zu entlasten.