Essen. . Handwerk hat goldenen Boden – diesem alten Spruch will Andreas Ehlert, neuer Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf, wieder Leben einhauchen. In einem Interview nannte er sowohl Argumente, weshalb eine berufliche Laufbahn attraktiv sein kann, gleichzeitig nahm er auch die Schulen in die Pflicht.

Der Schornsteinfegermeister Andreas Ehlert führt seit April als Präsident die Handwerkskammer Düsseldorf, die für die Städte im Regierungsbezirk Düsseldorf zuständig ist. Mit dem 52-Jährigen, der auch Vizepräsident des NRW-Handwerkkammertages ist, sprachen wir über berufliche Perspektiven im Handwerk.

Das Handwerk bleibt auch in diesem Jahr Motor der Ausbildung?

Andreas Ehlert: Wir haben 1400 offene Ausbildungsstellen und sind kräftig unterwegs, um sie zu besetzen. Die Zahlen sind ein Stück weit besser als im Vorjahr, als wir fünf Prozent der Lehrstellen nicht besetzen konnten. Die Eltern schicken ihre Kinder zunehmend auf die Gymnasien. Da wird es für das Handwerk immer schwerer, diese jungen Leute zu erreichen. Da müssen wir uns jetzt stärker einklinken und das Handwerk nach vorn schieben, um an Gymnasien Nachwuchs zu rekrutieren.

Was sagen Sie Schülern, die immer hören, dass sie mit einem Hochschulabschluss mehr verdienen?

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Ehlert: Die Zeit ist vorbei, dass man jungen Leuten droht: Pass’ gut auf, sonst musst Du ins Handwerk. Handwerk bietet eine Menge Chancen. Das Studium ist nicht der Königsweg. Mädchen und Jungen, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen und richtig Gas geben, können gut davon leben – egal ob Friseure, Schornsteinfeger oder Maler.

Wie stehen Sie zum Mindestlohn?

Ehlert: Ich mag es nicht, wenn wir den Mindestlohn verteufeln als Totengräberei des Handwerks. Es gibt kaum Gewerke, wo der Mindestlohn überhaupt eine Rolle spielt. Die jungen Leute verdienen ja alle deutlich mehr als diese 8,50 Euro. Handwerker verdienen gutes Geld und für sie stehen alle Wege offen. Gesellen können ihren Meister machen und studieren. Wenn sie wollen, gehen sie anschließend ins unternehmerische Wagnis.

Aber immer weniger Menschen wollen selbstständig werden.

Ehlert: Die Lust an der Selbstständigkeit müssen auch die Schulen wecken. Das muss endlich in die Lehrpläne hinein – wie in Bayern, Baden-Württemberg und Hessen.

Was macht Baden-Württemberg besser als NRW?

Ehlert: Selbstständigkeit genießt in Baden-Württemberg einen höheren Stellenwert. Die Schulen sind viel intensiver darauf hin orientiert. Auch aus den Fachhochschulen dort kommen sehr viel mehr Gründer, als das in NRW der Fall ist. Die weiterführenden Schulen in Baden-Württemberg vermitteln Wirtschaftsthemen viel intensiver als hierzulande. Wir sehen da schon einen Zusammenhang mit der Selbstständigen-Quote.

Muss das Handwerk deshalb nicht in die Schulen gehen?

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Ehlert: Wir würden uns schon wünschen, dass sich Chancen und Risiken des Unternehmertums in einem Schulbuch wiederfinden. Das wird seit Jahrzehnten nicht mehr vermittelt. In unserem Kammerbezirk gibt es eine ganze Reihe von Betrieben, die zur Übernahme anstehen. Das ist doch eine tolle Chance, alles ist da: Werkstatt, Maschinen, Fahrzeuge, Mitarbeiter, Kundenkontakte. Und man legt los mit einem guten Namen. Ich muss nicht als Solo-Selbstständiger anfangen und erst einmal an den Türen klopfen, um Kunden zu finden.

Welche Voraussetzungen muss ein Selbstständiger mitbringen?

Ehlert: Man muss schon in der Lage sein, Stress wegzustecken und ein Leben zu ertragen, das ein wenig konfus ist. Selbstständigkeit fordert mehr als ein Job von neun bis 17 Uhr. Das muss man wissen. Es ist aber positiver Stress.