Bielefeld/Gelsenkirchen. . Im Familienstreit vor Gericht hat Schalke-Boss Clemens Tönnies eine Niederlage einstecken müssen. Die Richter entschieden im Sinne seines Neffen Robert Tönnies. Ein weiteres Gerichtsverfahren zeichnet sich ab. Clemens Tönnies muss um seine Macht im familieneigenen Fleisch-Konzern fürchten.

Der Weg, den Clemens Tönnies gehen sollte, war schon früh vorgezeichnet. Ungewöhnlich offen erzählte der Unternehmer und Schalke-Boss einmal, wie er im Alter von 14 Jahren seinem Vater eröffnete, er wolle Radio- und Fernsehmechaniker werden. „Da kriegte ich rechts und links eine Ohrfeige“, erinnerte sich Tönnies in einem Interview für den Nachrichtenkanal Phoenix. „Was willst du werden?“, habe der Vater nachgefragt. „Metzger, Papa. Natürlich.“

Heute führt Clemens Tönnies, der auch Aufsichtsratschef des Fußball-Bundesligisten Schalke 04 ist, einen der größten deutschen Fleischkonzerne. Seine Familienfirma aus dem ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück ist längst ein Milliarden-Betrieb.

Zu den Kunden des Fleisch-Konzerns gehören Supermärkte, Discounter und Wurstfabriken in der ganzen Republik. 16 Millionen Schweine pro Jahr werden in den Tönnies-Fabriken geschlachtet und zerlegt. Allein 2013 hatte die Firma Tönnies einen Umsatz von 5,6 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Position gerät ins Schwanken

Doch nun scheint es, als könnte die Machtposition des 58-jährigen Konzernchefs ins Wanken geraten. Seit Jahren schon schwelt ein Streit zwischen Clemens Tönnies und seinem 36-jährigen Neffen Robert. Beide halten jeweils die Hälfte der Firmenanteile des Fleischkonzerns, doch ein doppeltes Stimmrecht sicherte Clemens Tönnies – Kürzel CT – bislang die Hoheit im Unternehmen.

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Am Freitag gab das Landgericht Bielefeld der Klage von Robert Tönnies gegen das doppelte Stimmrecht seines Onkels statt. „Das Urteil bestätigt unsere Rechtsauffassung in vollem Umfang. Das von CT behauptete Doppelstimmrecht hat es nie gegeben“, sagte Robert Tönnies nach der Gerichtsentscheidung.

Matthias Blaum, der Anwalt von Clemens Tönnies, zeigte sich dagegen enttäuscht. Im Unternehmen ändere sich allerdings vorerst nichts. Sorgen, der Familienstreit könnte sich auf das Geschäft auswirken, gebe es nicht. Ohnehin sei das doppelte Stimmrecht seit 2008 erst ein Mal angewandt worden und habe im Tagesgeschäft kaum eine Bedeutung.

Clemens Tönnies soll ein Geschenk zurückgeben

Abgeschlossen ist der Fall ohnehin nicht. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Clemens Tönnies will in die Berufung beim Oberlandesgericht gehen. Doch Robert Tönnies hat einen wichtigen Etappensieg erzielt. Der Sohn des Firmengründers Bernd Tönnies hatte in der Vergangenheit den „patriarchalischen Führungsstil“ in der Firma kritisiert. Doch es geht wohl um mehr als die Unternehmenskultur – nämlich um die Macht im Fleisch-Konzern.

Ein weiteres Gerichtsverfahren zeichnet sich ab. Robert fordert von Clemens Tönnies einen Fünf-Prozent-Firmenanteil zurück, den er seinem Onkel im Jahr 2008 geschenkt hatte. Im Raum steht der Vorwurf, der Beschenkte habe sich des „groben Undanks“ schuldig gemacht. Über diese Klage könnte im Herbst verhandelt werden.

Eifrig wird bereits darüber spekuliert, wie es weitergeht, sollte Robert Tönnies auch in diesem Fall Erfolg haben. Seit geraumer Zeit ist ein Börsengang des Unternehmens im Gespräch. Ob Onkel und Neffe den Streit durch eine finanzielle Lösung beilegen können? Das ist fraglich. Auch welche Pläne Robert Tönnies genau verfolgt, blieb zunächst offen. Er ist zwar einer der beiden Firmeneigentümer, um das tägliche Geschäft aber kümmert sich sein Onkel Clemens Tönnies.

Was im Testament von Firmengründer Bernd Tönnies steht

„Ich habe mich nicht des groben Undanks schuldig gemacht“, sagte Clemens Tönnies in dem Phoenix-Interview. Er habe „im Sinne der Familie hart gearbeitet“ und das Unternehmen zum Erfolg geführt. Aus dem Umfeld Robert Tönnies’ heißt es aber, dieser fühle sich von Clemens Tönnies übergangen.

Im Testament habe Unternehmensgründer Bernd Tönnies (1952-1994) seinem Sohn Robert „ausdrücklich zur Auflage gemacht, eine Metzgerlehre und eine kaufmännische Ausbildung zu absolvieren“, sagt Mark Binz, der Anwalt von Robert Tönnies. Das ergebe nur Sinn, wenn er zugleich gewollt hätte, dass sein Sohn „eines Tages an seine Stelle“ trete und „die unternehmerische Führung der Tönnies-Gruppe“ übernehme.