Bielefeld. Schalke-Boss Clemens Tönnies muss sich vor dem Bielefelder Landgericht gegen seinen Neffen Robert Tönnies verteidigen. Der will die Vormachtstellung des Onkels im Konzern brechen.

Es geht für Clemens Tönnies ums Ganze. Der Chef von Deutschlands größtem Schlachterkonzern und Aufsichtsratschef des FC Schalke 04 kämpft vor dem Landgericht Bielefeld um sein Lebenswerk, die Herrschaft um das Unternehmen Tönnies Holding GmbH & Co. KG - einem der wichtigsten Schweinefleischlieferanten Europas.

Verklagt hat Clemens Tönnies sein Neffe, Robert Tönnies. Es geht um ein angebliches doppelte Stimmrecht, das Clemens Tönnies im mächtigen Gesellschafterausschuss des Familienkonzerns die Vorherrschaft sichert. Obwohl beide Seiten jeweils 50 Prozent der Anteile am Unternehmen halten, hat Clemens Tönnies doppeltes Stimmrecht und damit immer die Mehrheit im Konzern.

Ein Erbe mit Bedingungen

Einst hatte Clemens Tönnies den Fleischkonzern mit seinem Bruder Bernd gegründet. Doch dieser – wie später sein Bruder Schalke-Boss – verstarb früh im Jahr 1994 und vererbte seinen 60-prozentigen Anteil an seine Söhne im Teenageralter. Seine Bedingung: Die beiden Söhne sollten erst mit 30 ihre Anteile übernehmen, wenn sie eine Metzgerlehre plus kaufmännische Ausbildung abgeschlossen haben. Bis dahin sollte Clemens Tönnies das Unternehmen zusammen mit dem Testamentsvollstrecker Josef Schnusenberg leiten.

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Das Unternehmen entwickelte sich prächtig von der mittelständischen Schlachterei zu einem führenden Lebensmittelkonzern Europas mit fast fünf Milliarden Euro Umsatz und 8000 Mitarbeitern. Als die Söhne des Verstorbenen ihr Erbe antreten wollten, begann der Ärger. Anwalt Mark Binz habe ihm in Namen seines Neffen Robert gedroht, sagt Clemens Tönnies. Wenn er nicht freiwillig bereit sein, die Macht mit seinem Neffen zu teilen, werde dieser eine Schenkung von fünf Prozent am Fleischkonzern wegen „groben Undanks“ von seinem Onkel zurückfordern. Nur dank dieser Schenkung der Neffen von jeweils fünf Prozent konnte Tönnies die Hälfte der Unternehmensanteile kontrollieren.

Es geht um das doppelte Stimmrecht

Doch das war nicht der einzige Angriffspunkt des Anwaltes Binz. Denn um die Macht von Clemens Tönnies ganz zu brechen, muss dieser auch das so genannte doppelte Stimmrecht verlieren. Angeblich hat Robert Tönnies seinem Onkel dieses Recht 2002 eingeräumt. „Es hieß, die Banken hätten dies gefordert“, sagt Robert Tönnies vor Gericht. Das doppelte Stimmrecht habe aber nur pro Forma und kurzfristig gelten sollen.

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Clemens Tönnies bestreitet dies. Die Banken hätten gefordert, dass er die persönliche Kontrolle über das Unternehmen behält, auch wenn die Söhne ihre Anteile am Konzern übernehmen würden.

Augenblickslösung oder dauerhafte Konstruktion

Robert Tönnies habe dem bewusst zugestimmt. Der fühlt sich über den Tisch gezogen. Es habe immer nur geheißen, es gehe um eine vorübergehende Lösung, die man den Banken präsentieren müsse. Zur Bestätigung seiner Aussage legt Robert Tönnies ein Schreiben des Notars vor, der das doppelte Stimmrecht am Heiligabend 2002 verbürgt hat.

Dieser schrieb schon im April 2003: Bei dem Doppelstimmrecht habe nicht für die Tönnies-Holding gelten sollen. Es sei „um eine Augenblickslösung nicht um eine dauerhafte Lösung“ gegangen. Robert Tönnies sieht das in den Dokumenten bestätigt. Schriftlich fixiert ist das Doppelstimmrecht nur für eine bedeutungslose Tochterfirma, nicht für die mächtige Holding.