Leipzig. Erst kürzlich hat das EU-Parlament beschlossen, dass es ab 2017 für alle Mobilgeräte einheitliche Ladekabel geben soll. Doch bis dahin hat die Strippe womöglich ohnehin ausgedient. Denn drahtloses Laden steckt zwar noch in den Kinderschuhen, wird aber immer populärer. Es gibt jedoch auch Nachteile.

Drahtloses Laden von Smartphones - das klingt wie ein technischer Quantensprung. "Nein, das Prinzip ist eigentlich uralt", sagt Physik-Professor Jürgen Haase von der Universität Leipzig. Um sich davon zu überzeugen, reicht ein Blick ins Badezimmer. Denn das Aufladen von elektrischen Zahnbürsten funktioniert bereits nach dem gleichen Prinzip, das auch Handys oder Tablets mit Strom versorgen kann.

Nur: Ganz ohne Kabel geht es dann doch nicht. Denn die Ladestation selbst hängt noch immer an einer Steckdose, es gibt nur keine Steckverbindung von Zahnbürste und Basis. "Wirklich kabellos ist das alles nicht", sagt Physiker Sönke Harm von der Universität Kiel. "Besser trifft es die Bezeichnung "steckerloses Aufladen"."

Auf dem gleichen technischen Prinzip wie die elektrische Zahnbürste basiert auch der Qi-Standard, der bereits jetzt in einigen Geräten zum Einsatz kommt. Geräte und Ladestationen, die Qi unterstützen, machen das Alltagsleben mit dem Smartphone vor allem bequemer. "Man muss das Gerät nur auf die Station legen, und der Ladevorgang beginnt - ohne lästiges Kabel", sagt Alexander Spier von der Computerzeitschrift "c't".

"Der Ladevorgang dauert länger"

Der Verzicht aufs Kabel ist auch deshalb praktisch, weil die kleinen mobilen Geräte den Herstellern nur noch wenig Platz für einen Stecker lassen, der klein und dennoch robust ist. "Bei solch kleinen Steckern kann es schnell zu Verschmutzungen der Kontakte mit entsprechenden Kontaktschwierigkeiten, zu Kabelbrüchen oder zu mechanischen Beschädigungen des Steckers kommen", sagt Harm.

Nachteile haben die steckerlosen Stationen aber auch. "Der Ladevorgang dauert länger, weil man mit einem Kabel viel effektiver übertragen kann", erklärt Physik-Professor Jürgen Haase. Alexander Spier kann das bestätigen: "In unseren Tests haben wir festgestellt, dass zum Beispiel ein Smartphone je nach Gerät ein Drittel bis 50 Prozent länger laden muss." Auch der Energieaufwand sei höher - und damit der Stromverbrauch.

Kontaktloses Laden im Haus bereits möglich

Die Technik steckt also noch in den Kinderschuhen. "Die Hersteller zeigen derzeit viel, was in Zukunft möglich sein könnte", sagt Spier. So werden Autobauer ihre Fahrzeuge womöglich schon bald ab Werk mit kabellosen Ladestationen ausstatten. Das Smartphone müsste dann nur an einem bestimmten Ort im Auto abgelegt werden, um mit Strom versorgt zu werden.

Einige Smartphones beherrschen das kontaktlose Laden bereits von Haus aus. Da sind zum Beispiel das LG Optimus G Pro, die Nexus-Modelle 4 und 5 von Google sowie einige Lumia-Geräte von Nokia. Unterstützt ein Smartphone Qi nicht, lässt sich die Technik oft relativ einfach nachrüsten. Samsung hat für sein Galaxy S4 zum Beispiel eine etwas dickere Rückschale für kabelloses Aufladen im Angebot. Für das iPhone sind spezielle Schutzhüllen von Drittherstellern erhältlich. "Auf dem Markt gibt es zudem austauschbare Akkus, die den Qi-Standard beherrschen", sagt Spier. (dpa)