Berlin. . Einigung auf den letzten Drücker: Zwar beschließt das Bundeskabinett die Reform der Ökostrom-Förderung noch ohne eine Regelung zu den Industrie-Rabatten. Aber in der Nacht gab es nach heftigem Ringen eine Verständigung mit der EU-Kommission hierzu.

Das Bundeskabinett hat die grundlegende Reform der Ökostrom-Förderung beschlossen, um den zuletzt starken Anstieg der Strompreise in Deutschland zu drosseln. Die Novelle des im Jahr 2000 eingeführten Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) sieht Förderkürzungen vor, zudem soll der Ausbau besonders der Windenergie an Land stärker gesteuert werden. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) rechnet damit, dass der Strompreis mit der Novelle bis mindestens 2017 stabil gehalten werden kann. Die Bürger und der Großteil der Unternehmen zahlen die Förderkosten über den Strompreis mit.

Aluhütten und Stahlwerke in Deutschland sollen aber auch künftig in den Genuss umfassender Befreiungen bei den Förderkosten für erneuerbare Energien kommen. Nach wochenlangen Verhandlungen gibt es eine Verständigung zwischen Bundesregierung und EU-Kommission über das künftige Ausmaß der Industrie-Rabatte, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa aus Regierungskreisen. Ein Durchschnittshaushalt mit 3500 Kilowattstunden Verbrauch zahlt im Jahr netto knapp 220 Euro Umlage zur Förderung von Solar-, Wind-, Wasser- und Biomassenergie. Davon entfallen rund 45 Euro auf die Industrie-Rabatte. Daher hat die Einigung Auswirkungen auf die Strompreisentwicklung für Verbraucher und Wirtschaft.

Da die Verständigung erst kurz vor dem Beschluss des Kabinetts für eine Reform des EEG gefallen ist, wurde der Teil zu den Milliardenentlastungen für die energieintensive Industrie noch nicht mitbeschlossen. Nach der Kabinettsvorlage sollen die Rabatte im parlamentarischen Verfahren ergänzt werden. Möglich ist, dass sie als Formulierungshilfe später vom Kabinett beschlossen werden.

500 Unternehmen werden Ökostrom-Rabatte gestrichen

Bei der Ökostrom-Förderung müssen sich rund 500 Unternehmen auf einen Wegfall der bisherigen Rabatte einstellen. Wie Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Dienstag in Berlin mitteilte, kommen künftig noch etwa 1600 Unternehmen in den Genuss der Erleichterungen. Bisher waren es 2100, die allein in diesem Jahr rund 5,1 Milliarden Euro Entlastung bei den Förderkosten erhielten. Das belastet allerdings die Strompreise zusätzlich. Die Betriebe, die auch künftig die Ausgleichsregelung nutzen können, stünden im internationalen Wettbewerb und hätten sehr hohe Energiekosten. "Im Kern geht es um sehr, sehr viele Arbeitsplätze", verteidigte Gabriel die Ausnahmen. Es könne nicht darum gehen, zugunsten der Verbraucher Arbeitsplätze in Deutschland auf's Spiel zu setzen.

Bei der Verständigung soll es auf Drängen Deutschlands vor allem Zugeständnisse für die energieintensive Industrie gegeben haben, um die 800.000 Arbeitsplätze in diesem Bereich zu sichern. Am Mittwoch will EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia seine Leitlinien für das künftige EU-Rabattsystem bei der Ökostrom-Förderung vorstellen.

Auch Rückzahlungen für die Jahre 2012 und 2013 scheinen vom Tisch zu sein: "Es besteht eine realistische Chance, dass Rückforderungen nicht mehr Gegenstand der Entscheidungen werden", sagte Energiekommissar Günther Oettinger der "Rheinischen Post".

Um die Förderkosten zu drosseln, soll der Windenergie-Ausbau an neuen Standorten auf 2500 Megawatt im Jahr begrenzt werden, das entspricht rund 1000 Windrädern. Bei großen Windparks im Meer sind Anlagen mit insgesamt 6500 Megawatt bis 2020 geplant. Bei neuen Biogasanlagen soll es eine Grenze von 100 Megawatt pro Jahr geben. (dpa)