Berlin. Textilien, egal ob sie teuer oder billig verkauft werden, sind oft mit giftigen Chemikalien belastet. Das hat die Umweltorganisation Greenpeace in Tests ermittelt. Ein Experte rät deshalb, auf T-Shirts mit großem Plastik-Aufdruck zu verzichten.

Rund 7000 Chemikalien werden in der Textilproduktion verwendet. Die einen schützen vor Nässe, die anderen vor Schimmel, sie garantieren leuchtende Farben oder einen weichen Flausch. Nicht alle sind bedenklich, manche aber schon. Das hat die Umweltorganisation Greenpeace zuletzt gezeigt.

Sie testete nach und nach Schuhe, Shirts oder Badeanzüge auf bedenkliche Stoffe, mehrere hundert Kleidungsstücke – und fand Chemikalien wie perfluorierte Chemikalien, Phthalate und Nonylphenolethoxylate. Dem Laien sagen die Namen wenig, die Umweltexperten aber warnen vor ihnen.

PFC gerät in Blut und Trinkwasser

Beispiel Outdoor-Klamotten. Sie sind atmungsaktiv, wind- und wasserfest, oft dank einer Menge Chemie. Erst im Dezember brachten die Umweltschützer Jacken und Handschuhe ins Labor. Die Tester wiesen in allen Produkten – egal ob von The North Face oder Patagonia, von Adidas oder Salewa – etwa per- und polyfluorierte Chemikalien nach. Diese „PFC“ sorgen dafür, dass Wasser und Schmutz von der Kleidung abperlen, werden aber in der Umwelt kaum abgebaut. Sie gelangen ins Trinkwasser und ins Blut des Menschen.

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Einige PFC können, so warnt Manfred Santen, Chemie-Experte von Greenpeace, das Immunsystem und die Fruchtbarkeit beeinträchtigen und zu Schilddrüsenerkrankungen führen. Dabei gebe es Alternativen: Jacken mit PFC-freien Membranen oder Imprägnierungen aus Polyester und Polyurethan. Auch sie hielten einem Wolkenbruch stand. Santen rät: „Vor dem Kauf sollten Verbraucher prüfen, ob sie so eine Jacke für den Gipfelsturm oder den Spaziergang benötigen. Die schadstofffreien Jacken genügen fast immer.“

Weichmacher im Baby-Body

Schwieriger wird es bei den Kleidern für die Kleinen. Im Januar nahmen die Umweltschützer billige Marken wie Primark, aber auch teurere wie Burberry unter die Lupe. In allen Proben fanden sich giftige Chemikalien. Der Aufdruck auf einem Kinder-T-Shirt von Primark enthielt elf Prozent Weichmacher, in einem Baby-Body waren 0,6 Prozent. Diese sogenannten Phtalate gelten als schädigend für die Fortpflanzung. Beide Werte wären unter EU-Recht für Kinderspielzeug verboten – die Regelung greift aber nicht für Kleidung, auch nicht für die Kleinsten.

Santen sagt: „Es gibt keinen Unterschied zwischen billig oder teuer, zwischen Kleidung für Kinder oder Erwachsene.“ Auch in Kindersachen von Luxusmarken wie Versace, Louis Vuitton und Dior fanden die Tester in allen Produkten bedenkliche Substanzen, mit Ausnahme von Trussardi.

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Mit welchen Chemikalien Kleidung behandelt wurde, kann man nicht sehen oder fühlen. Santen rät: „Auf T-Shirts mit großem Plastik-Aufdruck verzichten!“ Tipp 2: „Kleidung vor dem ersten Tragen waschen!“ Rieche das Produkt künstlich, solle man ganz die Finger davon lassen. Dann empfiehlt er noch: „Auf Ökosiegel achten, etwa vom Internationalen Verband der Naturtextilwirtschaft IVN oder vom Global Organic Textile Standard Gots. Hersteller der Produkte verzichteten auf giftige Chemie.

Dermatologe warnt vor Ekzemen

Allerdings meint der Chemie-Experte auch, dass es zwar mal einen Ausreißer bei den Billigprodukten gebe, die „Stoffe in der gemessenen Konzentration nach heutigem Stand des Wissens aber nicht gesundheitsgefährdend“ seien. Ihn treibt vielmehr um, dass die vielen Chemikalien in den Produktionsländern die Umwelt belasten. Santen: „In China erkennt man an der Farbe der Flüsse, ob Gelb oder grün der Modehit in Europa ist.“

Randolf Brehler ist Professor für Allergologie, Berufsdermatologie und Umweltmedizin am Uniklinikum Münster. Er sagt: „Bedenkliche Substanzen haben nichts auf der Haut zu suchen.“ Textilfarben etwa könnten zu einem allergischen Kontaktekzem führen. Und bei vielen Chemikalien seien die Langzeitwirkungen noch fraglich. Er fordert die Hersteller auf, bedenkliche Stoffe „auszutauschen oder zumindest zu minimieren“.