Bonn. . Wegen der Pleite des Billigstrom-Anbieters Teldafax müssen sich drei ehemalige Top-Manager vor Gericht verantworten. Mehr als eine halbe Million Kunden sollen Geld verloren haben. Den Angeklagten drohen bei einer Verurteilung mehrjährige Gefängnisstrafen.
Der Strafprozess um die Teldafax-Pleite vor drei Jahren ist bereits zum Auftakt am Dienstag ins Stocken geraten. Vor dem Bonner Landgericht erhoben die Verteidiger von zwei der drei angeklagten Ex-Manager des Billigstromanbieters Einwände gegen die Besetzung der Strafkammer. Darüber will das Gericht am Freitag entscheiden. In ihrer Anklage warf die Staatsanwaltschaft den Ex-Vorständen gewerbsmäßigen Betrug und Insolvenzverschleppung vor.
Die angeklagten Ex-Teldafax-Vorstände Klaus B., Gernot K. und Michael J. sollen die Insolvenz des Troisdorfer Unternehmens über längere Zeit verschleiert und zahlreiche Kunden durch Vorkasse-Tarifmodelle geschädigt haben. Den Beschuldigten drohen mehrjährige Haftstrafen. Zumindest der Angeklagte K. könnte allerdings auf eine Bewährungsstrafe hoffen, sollte er ein Geständnis ablegen. Die Möglichkeit einer entsprechenden Verständigung sei im Vorfeld erörtert worden, sagte der Vorsitzende Richter Eugen Schwill.
Mehr als 700.000 Kunden
Die Teldafax-Pleite vom Juni 2011 gilt gemessen an der Zahl der Gläubiger als die größte Unternehmens-Insolvenz der deutschen Geschichte: Die 2001 gegründete Firma war binnen weniger Jahre zu Deutschlands größtem unabhängigen Energieanbieter aufgestiegen, zählte mehr als 700.000 Kunden.
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Die drei Beschuldigten sollen laut Staatsanwaltschaft den Insolvenzantrag von Teldafax bis zum 14. Juni 2011 verzögert haben, obwohl die Firma schon im Sommer 2009 zahlungsunfähig gewesen sei. „Die Angeklagten hatten Kenntnis von der Überschuldung“, sagte Staatsanwalt Alexander Klingberg bei Verlesung der Anklageschrift. Statt Insolvenz anzumelden, hätten sie Kunden mit Tarifen gelockt, die nicht kostendeckend gewesen seien. Das Geld sammelten sie laut Anklage in Vorkasse ein, wobei die Kunden wegen der Pleite dafür keine Gegenleistung mehr bekamen. Ein klassisches Schneeballsystem.
15 weitere Verhandlungstage angesetzt
Die Anklage wirft den früheren Managern außerdem vor, seit 2008 keine ordnungsgemäße Bilanz mehr aufgestellt zu haben. Die Buchhaltung bei Teldafax „entsprach in keiner Weise den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung“, hieß es.
Wegen der Verteidiger-Einwände gegen die Besetzung des Gerichts verzichtete die Bonner Wirtschaftsstrafkammer am ersten Prozesstag auf eine Befragung der Angeklagten. Für den Prozess sind zunächst 15 weitere Verhandlungstage bis Mitte Mai angesetzt.
Der Coup der Staatsanwaltschaft
Die Staatsanwaltschaft agiert aus einer starken Position heraus, denn ihr gelang bereits im Vorfeld des Prozessauftakts ein Coup. Wie die Staatsanwaltschaft dem Handelsblatt bestätigte, hat eine frühere Angestellte der drei Beschuldigten Beihilfe zur Insolvenzverschleppung zugegeben und einen entsprechenden Strafbefehl mit einer sechsmonatigen Haft auf Bewährung akzeptiert.
Sie sei damit rechtskräftig verurteilt und nun die wichtigste Zeugin der Anklage, schreibt das Handelsblatt. Claudia N., die frühere Geschäftsführerin der Teldafax Marketing GmbH, sei „sehr kooperativ“ gewesen, sagte Oberstaatsanwalt Friedrich Apostel dem Blatt. Experten werteten die vergleichsweise milde Strafe für Claudia N. als Indiz für ein umfassendes Geständnis, das nun im Prozess gegen die Hauptbeschuldigten wertvoll sein könnte.