Itzehoe. Der Ökoenergie-Konzern Prokon droht seinen Anlegern mit einer Insolvenz. Mehr als eine Milliarde Euro hatten diese dem Firma zur Verfügung gestellt, acht Prozent Zinsen wurden ihnen versprochen. Jetzt hat das Unternehmen massive Probleme. Von einer Insolvenz wären 1300 Arbeitsplätze betroffen.
„Warum nicht mal da investieren, wo seit über 17 Jahren noch nie ein Anleger sein Geld verloren hat?“ Derart selbstbewusst hat der Windkraftkonzern Prokon noch vor wenigen Wochen und Monaten per Briefkastensendung in der Rhein-Ruhr-Region um Privatinvestoren geworben. Nun kommen andere Töne aus der Firmenzentrale im schleswig-holsteinischen Itzehoe: Prokon-Chef Carsten Rodbertus droht mit einer Insolvenz, falls weiteres Geld aus der Firma abgezogen wird.
Die 75.115 Anleger, die Prokon bis dato rund 1,4 Mrd Euro anvertraut haben, müssen nun fürchten, dass sie ihr Erspartes - zumindest teilweise - in den Wind schreiben können. Dabei hatte Prokon mit sicheren Anlagen und 6 Prozent Garantiezins plus Überschussbeteiligung geworben.
In einem Rundschreiben hat Rodbertus die Anleger aufgefordert zu erklären, ob sie ihr Geld bis 31. Oktober 2014 in der Firma lassen oder ob sie ihre sogenannten Genussrechte kündigen. Im Falle einer Kündigung sollen sie unterschreiben, dass sie „eine Insolvenz von Prokon bewusst in Kauf nehmen“. Der Ökokonzern sieht sich als Opfer einer Kampagne von Verbraucherschützern und Medien. Diese habe dazugeführt, dass im vergangenen Jahr insgesamt 130 Millionen Euro aus dem Unternehmen abgezogen wurden; weitere 150 Millionen sind bis Mitte Februar fällig.
Zweifel am Geschäftsmodell
In der Tat: Verbraucher- und Anlegerschützer warnen schon länger vor Prokon. Das Unternehmen zahlt mehr Geld in Form von Zinsen aus (2013: 330 Mio Euro), als es erwirtschaftet, und scheint somit auf den Zufluss von neuem Kapital angewiesen. Fürs vergangene Jahr ist die Rede von einem Verlust von 210 Millionen Euro. Vorwürfe, dass es sich bei der Finanzierung um ein Schneeballsystem handeln könnte, hat Prokon zurückgewiesen. Zudem gab es Zweifel am Geschäftsmodell, weil Prokon Langfrist-Investitionen wie Windparks über kurzzeitig kündbare Genussscheine finanziert.
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In solchen Windparks betreibt der Ökokonzern mittlerweile 314 Anlagen, meist in Norddeutschland. Prokon verarbeitet aber auch in Sachsen-Anhalt Raps zu Biodiesel und bewirtschaftet in Rumänien Wald, um Biomasse für Kraftwerke zu erzeugen. Bei einer Insolvenz wären auch 1300 Arbeitsplätze betroffen – zudem eine nicht bekannte Zahl von Stromkunden.
„Eine Erpressung der Anleger“
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) nennt die Insolvenzdrohung eine „Anlegererpressung“. Nach sechs Monaten Mindestanlagedauer steht den Investoren ein monatliches Kündigungsrecht zu, so war es beim Kauf der Wertpapiere zugesichert worden.
Dass die Lage ernst ist, hatte sich schon länger abgezeichnet. Im Dezember hatte Prokon angekündigt, die halbjährlich auszuzahlenden Zinsen zunächst einzubehalten, es sei denn, Anleger widersprechen ausdrücklich. Laut Stiftung Warentest ist das Stammkapital von Prokon bereits Ende Oktober 2013 aufgezehrt gewesen.
Die DSW hatte eine Hotline für verunsicherte Prokon-Anleger eingerichtet (0211/6697-31). Leidtragende bei einer Insolvenz wären Kleinanleger. Prokon hatte aggressiv um sie geworben und auf frühere Renditen von bis zu 8 Prozent hingewiesen – ein in Zeiten allgemeiner Niedrigzinsen verlockender Hinweis. „Da sollte man eigentlich misstrauisch werden“, meint Aribert Peters vom Bund der Energieverbraucher. „Was jetzt bei Prokon geschieht, kann man sicherlich den Erneuerbaren Energien an sich anlasten“, ist Peters fest überzeugt.