Essen. Satte acht Prozent Zinsen mit Öko-Investitionen abräumen - diese lukrative Werbebotschaft der “Prokon Unternehmensgruppe“ landete jüngst in Briefkästen in ganz NRW. Doch das Risiko ist enorm. Anleger können ihr gesamtes Geld verlieren.
Die Vision einer grünen Zukunft, mit traumhaften acht Prozent Zinsen - sie prangt groß auf der Werbebroschüre die jüngst in allen NRW-Haushalten landete. Das klingt positiv und ungefährlich: Einfach sein Geld in Öko-Strom investieren und für sein Erspartes höhere Zinsen als bei der Bank einkassieren. Allerdings wurde der Windkraftkonzern "Prokon Regenerative Energien GmbH & Co. KG" mit Sitz in Itzehoe bereits mehrfach unter die Lupe genommen, von Ökotest, Finanztest oder dem Infodienst ECOreporter. Worauf zu achten ist, das weiß die Verbraucherzentrale NRW.
"Wir äußern uns nicht konkret zu einzelnen Anbietern. Weil es aber durchaus Verbraucheranfragen beispielsweise zu Prokon gibt, haben wir ein Musterschreiben zum Thema 'Genussrechte im Bereich der erneuerbaren Energien' zusammengestellt", sagt Thomas Pfister. Pfister hält bei der Verbraucherzentrale NRW den Bereich 'Markt und Recht' im Blick.
(Total) Verlustrisiken bedenken
Ganz allgemein lautet das Fazit der Verbraucherzentrale NRW folgendermaßen: "Anleger sollten sich insbesondere mit den bestehenden (Total)Verlustrisiken (...) kritisch auseinandersetzen" und weiter "Als Altersvorsorge sind solche Investitionen ebenfalls nicht geeignet."
Das Unternehmen Prokon betreibt vor allem Windkraftanlagen und gibt dafür sogenannte Genussrechte im Bereich Erneuerbare Energie heraus. Gut 700 Millionen konnte es so - wohl auch über die hohen Zinsversprechen - von Privatanlegern einsammeln.
Bei Genussrechten müssen Anleger aufmerksam sein
Eine sichere Anlagevariante sind Genussrechte jedenfalls nicht. Mit Genussrechten beschaffen Unternehmen sich von Anlegern Kapital, mit dem sie zum Beispiel bestimmte Vorhaben finanzieren. Im Gegenzug wird der Anleger durch das Genussrecht am Ergebnis des Unternehmens, also an Gewinnen, aber auch an Verlusten, beteiligt.
Das Genussrecht ist eigentlich ein ganz normales Finanzinstrument in Deutschland. Was Anleger bei Genussrechten interessiert, das sind die festen Zinsen - wenn alles gut läuft. Beispielsweise zeichnet ein Anleger ein Genussrecht ab 1000 Euro, für einen festgelegten Zeitraum von fünf, sieben oder zehn Jahren. Darauf bekommt er jährlich sieben Prozent Zinsen und am Ende die 1000 Euro komplett zurück. Das Geld hat er dem Unternehmen nur geliehen. So sieht der Idealplan aus.
Keine Zinsen, kein Geld zurück
"Klare gesetzliche Vorgaben, wie ein Genussrecht ausgestaltet sein muss, gibt es nicht", informiert die NRW-Verbrauchernzentrale, "Anleger sollten daher die Genussrechtsbedingungen sehr genau lesen." Das geht los bei einer oftmals versprochenen festen (halb)jährlichen Grundverzinsung. Nach den Erfahrungen der Verbraucherschützer ist klar, dass dies oft erheblich eingeschränkt ist. Die Verzinsung wird nur dann gezahlt, wenn der Gewinn des Unternehmens dafür ausreicht.
Es geht aber noch weiter: Macht das Unternehmen Verluste, gibt es keine Zinsen und im schlimmsten Fall auch das investierte Geld nicht zurück. Zeichnet sich ein Verlusttrend ab, kann ein Anleger oftmals gar nicht eingreifen. Die Laufzeit eines Genussrechtes sieht oftmals vor, dass eine Kündigung für die ersten Jahre ausgeschlossen ist.
Bei Insolvenz steht Anleger am Ende der Gläubigerliste
Auch das Thema Insolvenz macht den Verbraucherschützern Sorgen: "Im Falle einer Insolvenz des Unternehmens stehen die Inhaber von Genussscheinen sehr weit unten in der Rangliste der Gläubiger" - informiert die Verbraucherzentrale NRW. Zuerst werden etwa Lieferanten, Arbeitnehmer, Kreditgeber und andere Gläubiger ausbezahlt. Nur wenn dann noch Kapital vorhanden ist, erhalten die Genussrechtsinhaber ihr Geld (teilweise) zurück. Es besteht also ein Totalverlustrisiko.
Dennoch ist das alles nichts ungewöhnliches. "Es handelt sich hierbei um ein zulässiges Finanzinstrument", hebt Verbraucherschützer Thomas Pfister hervor. Seine Kollegen von der Verbraucherzentrale Hamburg behalten Prokon wohl trotzdem besonders im Auge. Sie hatten vor dem Landgericht Itzehoe gegen den Windkraftkonzern geklagt. Am Ende verbot das Landgericht dem Unternehmen irreführende Werbeaussagen. Prokon habe einseitig die Vorteile der Genussrechte beworben, ohne erhebliche Risiken der Anlage ausreichend darzustellen.
Irreführende Werbeaussagen
Mittlerweile hat Prokon seine Werbematerialien überarbeitet. Die einstigen Werbeaussagen wie „Die Alternative zur Bank oder Lebensversicherung“, „Geldanlage, die Sicherheit und Stabilität bietet“, „Sicherheit zum Anfassen“ oder „sichere Einnahmen“ finden sich so nicht mehr.
Ob Prokon dauerhaft auf die beanstandeten Werbeaussagen verzichten muss, ist noch nicht endgültig geklärt. Prokon hat gegen das Urteil des Landgerichts Itzehoe Berufung eingelegt. Eine Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts über die Berufung steht noch aus.