Berlin. Die Kleverin Barbara Hendricks (SPD) ist in der Großen Koalition für Bau und Umwelt zuständig. Eine Lösung für den Atommüll ist für sie dringlich, betont sie. Ganz großkoalitionär verrät die Niederrheinerin außerdem, dass sie gern einen viel kritisierten CDU-Mann mit am Kabinettstisch gesehen hätte.

In den letzten Jahren lagen die Ministerien für Umwelt und Wirtschaft oft überkreuz. „Das war nicht die hohe Regierungskunst“, beklagt Barbara Hendricks. Da spricht noch die Oppositionspolitikerin. Die Große Koalition will die Reibungsverluste minimieren.

Zum einen liegt jetzt die Zuständigkeit für die Energiewende klar bei Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Zum anderem wird das Umweltministerium von seiner Parteifreundin geleitet. Mit der SPD-Politikerin sprachen wir über ihre Aufgaben: Von der Endlagersuche bis zum Berliner Stadtschloss. Denn sie ist Umwelt- und Bau-Ministerin.

Frau Hendricks, haben Sie einen Augenblick gezögert, als Ihnen das Ministerium angeboten wurde?

Barbara Hendricks: Ich habe nicht gezögert. Aber mir ist klar, dass die Aufgabe eine Herausforderung ist und ich damit nicht leichthin umgehen kann.

Sie sind eine Fachfrau für Finanzen. Jetzt kommt etwas völlig anderes auf Sie zu. Haben Sie nach der Chance gesucht, wieder neu anzufangen?

Hendricks: Ich finde es gut. Nicht alle Themen sind mir fremd. Naturschutz kenne ich aus meinem Wahlkreis. In der Finanzpolitik hat man – von der Seite her – immer einen Blick auf viele andere Themen.

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Beinahe hätte Kleve zwei Minister gestellt. Bedauern Sie, dass Ronald Pofalla kein Kabinettskollege ist?

Hendricks: Das bedauere ich wirklich. Das wäre natürlich schön gewesen, zwei Niederrheiner. Da wären wir beide total stolz darauf gewesen.

Wie arbeiten Sie sich ein?

Hendricks: Ich habe die erste Runde mit den Abteilungsleitern hinter mir. Ich habe mit dem Personalrat und mit den Mitarbeitern geredet, die aus dem Bauministerium dazukommen. Das ist eine Integrationsaufgabe, die ihre Zeit braucht, bis Ostern sollte uns das gelingen. Aber jetzt habe ich erst mal bis zum 2. Januar frei. Weihnachten darf sich auch eine Ministerin gönnen.

Sie haben sich mit Jochen Flasbarth auch jemanden als Staatssekretär geholt, der in der Öko-Szene einen Namen hat.

Hendricks: Ich bin froh, dass er an meiner Seite ist. Er bringt als Präsident des Umweltbundesamts viel Expertise mit. Ursprünglich kommt er aus dem Naturschutz.

Was muss in den ersten 100 Tagen angepackt werden?

Hendricks: Ein wichtiges Anliegen ist die Suche nach einem atomaren Endlager. Das Gesetz wurde vor der Wahl verabschiedet. Wir werden eine Kommission einsetzen, es wird ein neues Bundesamt für Entsorgung geben. Das muss bald auf den Weg gebracht werden.

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Wo kommt der atomare Müll hin, der in der Zwischenzeit anfällt?

Hendricks: Das ist dringlich. Es stehen 26 Castoren an, fünf aus La Hague im Jahr 2015 und 21 aus dem englischen Sellafield im Jahr 2016. Bisher haben Schleswig-Holstein und Niedersachsen bereits zugesagt, die Castoren an zwei Standorten von Kernkraftwerken unterzubringen.

Beide Länder haben zur Bedingung gemacht, dass Hessen ebenfalls Atomtransporte annimmt.

Hendricks: Richtig. Die bisherige schwarz-gelbe Regierung hat sich geweigert. Ich habe die Hoffnung, dass sich das jetzt ändert.

Weil es mit einer schwarz-grünen Regierung leichter sein müsste?

Hendricks: Im Prinzip halte ich es für einfacher. Hessen kann sich an den rot-grünen Regierungen ein Beispiel nehmen. Es kann nicht sein, dass nur sozialdemokratisch geführte Regierungen Atommüll aufnehmen. Wir haben eine gemeinsame Verantwortung dafür, die zivile Nutzung der Kernenergie so schnell wie möglich zu Ende zu bringen.

Und wenn die Hessen bockig bleiben?

Hendricks: Davon gehe ich nicht aus. Ich glaube auch nicht, dass man so eine Position durchhalten kann.

Soll sich die Wirtschaft an den Kosten der Erkundung eines neuen Lagers beteiligen?

Hendricks: Da gibt es widerstreitende Interessen, hier der Steuerzahler, dort die Unternehmen und Aktionäre. Die Frage ist nicht endgültig geklärt. Ich weise aber nur darauf hin, dass die Stromversorger seit Jahrzehnten erhebliche finanzielle Rückstellungen getroffen haben.

Zu den neuen Aufgaben Ihres Ministeriums gehört auch das Bauen. Sind Sie für das Berliner Stadtschloss zuständig? Mit dem Spendenaufkommen ist es nicht so weit her.

Hendricks: Es ist ganz sicher nicht meine erste Amtshandlung, Zweifel anzumelden. Es ist sicher so, dass die private Initiative sich noch weiter anstrengen muss, um ihren Anteil an der Finanzierung zu übernehmen. Ich hoffe sehr, dass es ihnen gelingt. Es wird einfacher werden, wenn das Schloss langsam entsteht, wenn es sichtbar wird. Die Menschen müssen sehen können, wofür sie spenden sollen.

Wollen Sie das Wohngeld erhöhen?

Hendricks: Das haben wir in der Koalition so vereinbart. Aber über die Höhe haben wir noch keine Festlegung getroffen.