Berlin. . 30 Prozent der Aufsichtsräte sollen ab 2016 weiblich sein - sonst bleiben Stühle leer. Die Einigung von Union und SPD stößt in den Unternehmen auf Ablehnung. Denn so mancher männerdominierte NRW-Konzern hat jetzt noch eine Menge Arbeit vor sich.
In drei Jahren wird es ernst: Union und SPD haben sich auf eine Frauenquote für die Aufsichtsräte mitbestimmter und börsennotierter Unternehmen geeinigt. Kommt die Große Koalition, müssen neu gewählte Aufsichtsräte ab 2016 einen Frauenanteil von mindestens 30 Prozent erreichen. Doch die Pläne der Koalitionäre gehen noch weiter.
Wer künftig die 30-Prozent-Quote für Aufsichtsräte nicht erreicht, soll die offenen Posten nicht einfach mit Männern besetzen dürfen. Beim Essener Baukonzern Hochtief hieße das aktuell: fünf leere Stühle. Denn die Essener starten bei null. 16 Aufsichtsratsposten gibt es – und keine einzige Frau sitzt in der Runde. Ab 2016 müsste Hochtief mindestens fünf Frauen berufen, um die Quote zu erfüllen.
Andere NRW-Konzerne erfüllen die Quote schon heute
Während andere NRW-Konzerne wie Henkel, Telekom oder die Deutsche Post die Quote jetzt schon erreichen, tun sich traditionell männerdominierte Branchen schwer. „Wir erfüllen geltende Gesetze“, hieß es bei Hochtief. „Aber es ist natürlich für ein Unternehmen der Baubranche eine weitaus größere Herausforderung, den Frauenanteil im Unternehmen zu erhöhen.“
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Bei Thyssen-Krupp dagegen hatten sie noch vor wenigen Wochen einen Frauenanteil von immerhin 20 Prozent im Aufsichtsrat. Doch als Wirtschaftsprofessorin Beatrice Weder di Mauro ihr Amt niederlegte, rückte ein Mann nach: René Obermann.
Thyssen-Vorstandschef Heinrich Hiesinger glaubt, dass feste Quoten den Frauen „nicht gerecht“ werden. Es sei falsch, hieß es gestern in der Essener Zentrale, den Frauenanteil an der Spitze „ruckartig“ per Quote zu erhöhen. Zunächst brauche man mehr Frauen im mittleren Management – und die Frauen bräuchten Zeit, um Erfahrungen zu sammeln. Bei den leitenden Angestellten will Thyssen-Krupp den Frauenanteil bis 2020 von acht auf 15 Prozent erhöhen.
RWE fördert 50 aufstiegswillige Frauen
„Wir sind als Ingenieursunternehmen sehr stark männerdominiert“, so ein Sprecher. „Wir wollen zumindest die Zahl erreichen, die dem Frauenanteil an der Gesamtbelegschaft entspricht.“ Auch der Energiekonzern RWE will Frauen lieber ohne Quote fördern: Im Dezember startet ein Programm für mehr weibliche Aufsichtsräte – mit immerhin 50 aufstiegswilligen Frauen.
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Eine feste Quote lehnt auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) ab: Die Privatwirtschaft werde „einseitig zur Verwirklichung gesellschaftspolitischer Ziele in die Pflicht genommen und in ihrer unternehmerischen Freiheit eingeschränkt“, so Holger Lösch, Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. Denn: Zusätzlich zur Quote für die Aufsichtsräte sollen sich ab 2015 alle Konzerne auch für Vorstände und Manager eigene Quotenziele setzen und diese veröffentlichen.
Viele neue Pflichten für Arbeitgeber
Dies sind nicht die einzigen gesetzlichen Vorgaben, die auf die Unternehmen zukommen. Union und SPD planen eine Reihe neuer Rechte für Arbeitnehmer, etwa auf die Rückkehr in Vollzeit nach einer Teilzeitphase, auf eine mehrmonatige Familienpflegezeit und auf eine zehntägige, bezahlte Pflegeauszeit für Angehörige. Dazu soll es mehr Spielräume für Eltern geben, ihren Elternzeitanspruch von 36 Monaten flexibler auf die ersten 14 Lebensjahre ihres Kindes zu verteilen. Auch ein Gesetz zur Förderung der Entgeltgleichheit zwischen Frauen und Männern soll kommen. Und: die Frauenquote.