Berlin. Wind- und Solarenergie üben Preisdruck aus, die großen Kraftwerke rund um Garzweiler gehen immer seltener ans Netz: RWE erwägt laut einem Medienbericht, die Förderung in dem NRW-Revier bald einzustellen - schon 2018 könnte demnach Schluss sein. Das Unternehmen selbst bestreitet “konkrete Planungen“.
Dem nordrhein-westfälischen Braunkohletagebau Garzweiler droht einem Pressebericht zufolge das Aus. Wie die "Süddeutsche Zeitung" (Dienstagsausgabe) berichtet, erwägt der Energiekonzern RWE aus Kostengründen die vorzeitige Schließung des Bergwerks bis zum Jahr 2018. Firmeninternen Szenarien zufolge könnte demnach der größte Tagebau Europas noch so lange betrieben werden, bis die Kohle in den Regionen gefördert ist, aus denen die Anwohner dem Abbau bereits weichen mussten. Dies wäre 2017 oder spätestens 2018 der Fall.
Nach Angaben aus der Konzernspitze prüft RWE, danach den Abriss weiterer Orte und neue Investitionen in den Ausbau des Reviers zu stoppen, wie es in dem Bericht heißt. Begründet werde dies damit, dass der Betrieb der großen Kraftwerke rund um Garzweiler sich immer seltener rentiere. Das wachsende Angebot von Wind- und Solarenergie lasse die Preise an den Strombörsen so stark fallen, dass Kraftwerke immer seltener am Netz seien.
Der Versorger RWE selbst hat den Bericht über ein vorzeitiges Aus für den umstrittenen Braunkohletagebau in Garzweiler zurückgewiesen. "RWE hält an seinen bisherigen Planungen zur Fortführung des Tagebaus Garzweiler II unverändert fest", teilte RWE-Chef Peter Terium am Dienstag mit. Garzweiler verfüge über einen genehmigten Kohlevorrat von rund einer Milliarde Tonnen Braunkohle. Gefördert würden jährlich 35 bis 40 Millionen Tonnen. Garzweiler sei "fester Bestandteil der Zukunftsplanung des Unternehmens".
Deutschlandweit 26 Kraftwerksblöcke zu Stilllegung angemeldet
Wegen zu weniger Betriebsstunden sind mittlerweile in ganz Deutschland 26 Kraftwerksblöcke bei der Bundesnetzagentur zur Stilllegung angemeldet worden. Es gehe um eine Gesamtleistung von 6735 Megawatt, sagte eine Sprecherin der für die Versorgungssicherheit in Deutschland zuständigen Behörde. Stuft die Bundesnetzagentur die Anlagen aber als systemrelevant ein, müssen sie gegen Entschädigungen in Bereitschaft gehalten werden. Die Kosten dafür werden auf die Strompreise der Verbraucher umgelegt.
Allein 1705 Megawatt Leistung seien in Süddeutschland zur Stilllegung angemeldet worden. Hier werden wegen der Abschaltung dreier Atomkraftwerke aber praktisch alle anderen konventionellen Kraftwerke gebraucht. Viele Betreiber klagen über die Konkurrenz durch immer mehr Ökostrom, der die Verkaufspreise stark drücke - und gerade die im Betrieb teureren Gaskraftwerke unrentabel mache. Sie fordern von der neuen Bundesregierung ein rasches Gegensteuern.
Verfassungsrichter überprüfen Enteignungen für Tagebau
Das Bundesverfassungsgericht prüft seit Anfang Juni, ob die Zwangsenteignungen für deutsche Tagebaue rechtens sind. Viele Experten rechnen laut "SZ" damit, dass Kohlekraftwerke bei einer Neujustierung der Energiewende durch die künftige Bundesregierung angesichts dieser Probleme keine führende Rolle spielen werden. Den konzerninternen Überlegungen zufolge ist ein Komplettausstieg aus der Braunkohle bei RWE aber bislang kein Thema. Der benachbarte Tagebau Hambach solle in jedem Fall weiter betrieben werden, schreibt die "Süddeutsche Zeitung".
Auch interessant
Nach bisheriger Planung sollen bis 2045 für den Tagebau Garzweiler II weitere 7000 Menschen umgesiedelt werden, damit auf einer Fläche von 48 Quadratkilometern rund 1,3 Milliarden Tonnen Braunkohle abgebaut werden können.
An der Braunkohle hängen in NRW 35.000 Jobs
Vor allem für Nordrhein-Westfalen ist die Braunkohle ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. An ihr hängen laut Experten im Umfeld der Tagebaue und Kraftwerke etwa 35.000 Jobs in NRW. Die Gewerkschaft Verdi warnte vor dem Verlust Tausender Stellen. "Es muss gelingen, die Braunkohle in die Energiewende einzubauen, sonst sieht es hier düster aus", warnte der Verdi-Funktionär und RWE-Aufsichtsrat Hans-Peter Lafos in der "SZ". (afp/dpa)