Mexiko-Stadt. Milliardär Carlos Slim will dem Verkauf von E-Plus an O2 nun doch zustimmen. Damit lässt Mexikos Multimilliardär seinem Erzfeind, der O2-Mutter Telefónica, den Vortritt. Die Fusion beider Mobilfunkunternehmen rückt näher und könnte die Deutsche Telekom von Platz 1 verdrängen.
Was für eine Wende in der Übernahmeschlacht um E-Plus: Völlig überraschend hat der mexikanische Milliardär Carlos Slim dem Verkauf des deutschen Mobilfunkanbieters an den Konkurrenten O2 zugestimmt. Nachdem das Angebot aufgestockt wurde, verpflichtet sich Slims Konzern América Móvil, Großaktionär der niederländischen E-Plus-Mutter KPN, für den Verkauf der deutschen Ertragsperle zu stimmen. Das teilte KPN gestern mit. Zuvor hatte sich Slim vehement gegen diese Übernahme gewehrt.
Wer ist dieser Mann, der über die Neuordnung des deutschen Mobilfunkmarktes entscheidet? Carlos Slim galt bis Mai als reichster Mann der Welt. Bis Mexiko seinen Telekommunikationsmarkt für ausländische Investoren öffnete und damit Slims Monopol aufbrach. Dadurch verloren seine Firmen Telmex und América Móvil rund zwei Milliarden Dollar an Wert. Die Wirtschaftsagentur Bloomberg stieß den 73-Jährigen daraufhin vom Thron. Slim verfüge nur noch über 72,1 Milliarden US-Dollar und damit weniger als Microsoft-Gründer Bill Gates.
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Dauerduell um Telekom-Märkte
Dann griff auch noch Telefónica über seine deutsche Tochter O2 nach E-Plus. Erst vor einem Jahr war der Mexikaner bei der E-Plus-Mutter KPN eingestiegen, hält 29,8 Prozent der Anteile. Dass ihm die Spanier nun auch noch in Europa in die Suppe spucken, gefällt dem bulligen Bartträger überhaupt nicht. Er liefert sich schon in Lateinamerika ein Dauer-Duell mit Telefónica um die Telekom-Märkte. Den Kampf um E-Plus gibt er nun wohl verloren – gegen gutes Schmerzensgeld, versteht sich. KPN erhält 24,9 Prozent an Telefónica Deutschland und 3,7 Milliarden Euro in bar – plus 1,3 Milliarden in einem zweiten Schritt.
Wie wurde aus dem Jungen libanesischer Einwanderer einer der reichsten Männer der Welt – in einem Land, in dem die Hälfte der 112 Millionen Menschen in Armut lebt? Am 28. Januar 1940 kommt Carlos Slim Helú als fünftes von sechs Kindern auf die Welt. Der kleine Carlos eröffnet mit zehn Jahren sein erstes Konto und stellt fest, dass es kaum Zinsen abwirft und kauft lieber Sparbriefe. Mit 15 kauft er seine ersten Aktien. Er ist 25, da gehören ihm eine Abfüll-Anlage und eine Immobilienfirma. Die erste Million hat er verdient. Während des Finanzcrashs zu Beginn der achtziger Jahre investiert Slim, als alle anderen aus Mexiko fliehen. Er kauft zu Billigpreisen eine Stahlfirma, Baufirmen, Hotels, Bäckereien und Fahrradfabriken. Und fast alle verwandelt Slim in florierende Unternehmen.
Wirtschaftsgenie mit guten Drähten
Slim gilt als Wirtschaftsgenie, der aus Krisen Kapital schlägt wie kein anderer. Aber seine Geschichte konnte wohl auch nur in Mexiko zu einer Erfolgsstory werden. Wenige Mächtige teilen sich das Land auf, und lange ließ die Politik sie gewähren. Heute gibt es kaum eine Branche in Mexiko, in der Slim keine Aktien hat. Die Mexikaner schlafen in Betten aus Slim-Kaufhäusern, essen in seinen Restaurants. CDs, Billigflieger, Krankenhäuser – immer verdient Slim mit. Selbst das Geld dafür kommt aus seinen Geldautomaten.
Das Prunkstück ist aber sein Telekom-Monopol. Festnetz-Betreiber Telmex gehören 80 Prozent aller Anschlüsse und América Móvil 72 Prozent der Mobilfunkverträge. Mit seinem Handy-Imperium rollt er ganz Lateinamerika auf und setzt seinen Fuß auch in die USA und Kanada. In 16 Ländern in Amerika telefonieren 263 Millionen Kunden mit slimschen Telefonen. Erzrivale Telefónica hat dort 167 Millionen Mobilfunkkunden.
Fremde Märkte scheute der Mexikaner lange. Bis er sich 2012 nach Europa wagte. Er kaufte sich bei KPN ein und übernahm Anteile an Telekom Austria. Mit E-Plus verliert er nun eine wichtige Tochter. Doch das Duell mit Telefónica ist damit längst nicht vorbei.