Berlin. . 88 Prozent der Clubs der 1., 2. und 3. Liga erwarten nach einer Umfrage der Unternehmensberatung Ernst & Young, dass sich die wirtschaftliche Lage der drei obersten Ligen in der neuen Spielzeit weiter verbessern wird. Kein einziger Erstliga- oder Zweitliga-Klub stuft die Lage als schlecht ein.
Der deutsche Profifußball strotzt zum Auftakt der neuen Bundesliga-Saison vor Optimismus. Die Einnahmen steigen weiter an auf über zwei Milliarden Euro. Doch es geht wohl nicht allen Clubs so gut, wie sie den Anschein erwecken wollen.
Bislang ist die Kassenlage der Vereine ist bei vielen eher unübersichtlich. Die Branchenführer aus München und Dortmund haben sich indes längst den Gepflogenheiten großer Unternehmen angepasst und bieten mehr Transparenz in ihren Zahlenwerken.
Fachleute fürchten, dass es unter den Proficlubs eine Reihe von Pleitekandidaten geben könnte. Denn die Eigenkapitalbasis ist bei manchem Club längst zerbröckelt.
Riesiger Schuldenberg bei Schalke 04
Schalkes Jahresabschluss weist ein Konzern-Eigenkapital von minus 75,7 Millionen Euro aus. Zudem hat das Unternehmen S 04 einen riesigen Schuldenberg von 217 Millionen Euro zu schultern. Das ist weit mehr als der Jahresumsatz von 190 Millionen Euro.
In puncto rote Zahlen ist Schalke damit Meister. Doch auch anderen geht es nach Einschätzung von Bilanzexperten der Universität des Saarlandes nicht gut. „Einige stecken in deutlichen wirtschaftlichen und finanziellen Schwierigkeiten“, sagt einer der Wissenschaftler und verweist zum Teil auf anhaltende Verluste mancher Vereine. Zu den Sorgenkindern zählen Branchenkenner den HSV und Hertha BSC. Die Berliner hübschen ihre Bilanz durch legale Buchungstricks schon mal auf. In der zweiten Liga, deren Mitglieder wesentlich geringere Einnahmen verzeichnen, stieg der Anteil der Clubs mit Verlust zuletzt auf fast ein Drittel an. Nach Berechnungen der Unternehmensberater von Ernst & Young ist nur jeder fünfte Erstligist in die Miesen gerutscht.
Kurzfristige Geldbeschaffungsmaßnahmen
Insolvenzen wie die von Alemannia Aachen oder dem Lizenzentzug beim MSV Duisburg haben die Deutsche Fußball Liga DFL vorsichtiger werden lassen. Bislang stand bei der Begutachtung der Ligamannschaften die laufende Zahlungsfähigkeit im Vordergrund. Das veranlasste manchen Vereinsmanager zu kurzfristigen Geldbeschaffungsaktionen. Wenn eine Notlage auftrat, halfen Stadt oder Land. „Darauf kann man sich nicht langfristig verlassen“, glaubt ein Fachmann. Dafür sorgt auch die EU, die eine Steuerfinanzierung unterbinden will.
Tricks zum Reichrechnen gibt es reichlich. Mal werden Markenrechte zu hohen Preisen an eigene Tochterunternehmen verkauft, mal ein Grundstück teuer an die Kommune veräußert und billig zurückgemietet. Doch wo bleiben die TV- und Sponsorengelder, wo die Einnahmen durch verkaufte Tickets und Fanartikel? Den größten Brocken machen mit durchschnittlich 51 Prozent die Spielergehälter aus. Aber es wird auch in die Sportanlagen oder die Ausbildung des Nachwuchses investiert.
„Wachstum durch Konstanz“, lautet nun das Motto der Profifußballer. So sagte es deren Präsident Reinhard Rauball gestern bei der DFL-Generalversammlung. Zum Saisonbeginn bewerten fast alle Proficlubs ihre gegenwärtige Lage als gut oder eher gut. Allein 560 Millionen Euro TV-Gelder werden unter den 46 Vereinen verteilt. Ernst & Young sieht goldene Zeiten voraus. Das Interesse am deutschen Fußball sei deutlich gestiegen, „da müsste es möglich sein, bei den Auslandsvermarktungsrechten mindestens die Einnahmen der italienischen oder spanischen Top-Liga zu erzielen.“