Essen. Erst hieß die Super-S-Bahn Metrorapid, jetzt nennt sie sich RRX. Die Geschichte von der Schnellbahn ist die eines Geister-Zugs. Doch nach jahrelanger Hängepartie hat die Bundesregierung am Mittwoch tatsächlich die Finanzierung für den RRX zugesagt.
Feierlicher Moment in Bonn: Peter Ramsauer, Michael Groschek, Hannelore Kraft und Rüdiger Grube haben die Pläne für den Rhein-Ruhr-Express (RRX) bekräftigt. Der Bund hat dabei versprochen, dass er 2014 Finanzierungsvereinbarungen für die RRX-Streckenabschnitte zwischen Köln und Langenfeld und am Dortmunder Hauptbahnhof abschließt. Berlin übernimmt damit – erstmals und auch vertraglich – die Hauptverantwortung für die Finanzen.
Zwei Verkehrsminister, eine Ministerpräsidentin, ein Bahnchef – glauben die Pendler diesmal den Politikern, dass die Super-S-Bahn kommt? Bisher war die Geschichte des Projekts eine von parteipolitischem Zank und leeren Zusagen. Auch von Versagen und Lügen.
Ruhrgebiet, Stoßzeit am Morgen: Es wird gewartet und gedrängelt. Es ist eng auf den Bahnsteigen, noch enger in den Waggons. Zwischen Dortmund, Duisburg und Düsseldorf fahren dreimal pro Stunde Regionalexpresse. Im Schnitt sind 15 Prozent verspätet. Sitzplätze sind Mangelware, wenn täglich 66.000 Fahrgäste zwischen Düsseldorf und Duisburg unterwegs sind, 36.440 zwischen Duisburg und Essen und 33.350 zwischen Essen und Dortmund. Kein Wunder: In den letzten sechs Jahren ist das Fahrgastaufkommen im Revier um ein Drittel gewachsen.
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Es ist 1999. Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) hat sein Thema gefunden: Die schnelle Schwebebahn an der Ruhr. Auch CSU-Kollege Edmund Stoiber aus Bayern plant den Transrapid-Bau zum Flughafen München. Zwei politische Alphatiere im Kampf um einen Leckerbissen. Geht’s besser? Das Kind wird Metrorapid heißen. Geht’s schöner?
2000. Clement kündigt auf seinem Landesparteitag in Bochum das „wichtige Projekt“ an. Nicht nur technisch. Auch politisch. Denn die Grünen, der vom Ministerpräsidenten ungeliebte Koalitionspartner, sind dagegen: Eine Magnetbahn lohne wegen der vielen Haltestellen im Revier nicht, sei zu teuer und zu laut. Clement flirtet also lieber mit FDP-Chef Jürgen Möllemann, der die Idee mag.
März 2002. Die Grünen, wieder Partner, sind eingeknickt. Doch wer bezahlt den Traum? Weitgehend der Bund und auch die Industrie (Thyssen und Siemens), sagt Clement. Es geht um 1,5 Milliarden Euro. Schon „in den nächsten Wochen“ soll es den ersten Spatenstich geben. Bundeskanzler Schröder habe die Zusage gegeben, sagt Clements Finanzminister Peer Steinbrück.
2005. Immer noch kein erster Spatenstich – obwohl der neue Ministerpräsident Steinbrück den Metrorapid als „Rückgrat des Nahverkehrs“ gelobt hat. Die Fans werden die Fußball-WM 2006 ohne das schwebende Wunder, das zum Anpfiff zugesagt war, feiern müssen. Als keiner zahlt und die Industrie aussteigt, rückt der Sozialdemokrat vom Vorgänger-Plan ab. Es ist die Geburtsstunde des Rhein-Ruhr-Express RRX. Ein ganz normaler Zug. Nur schneller. Steinbrück verspricht: Der Bund werde zwischen 2006 und 2008 250 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Verkehrsminister Stolpe in Berlin habe ihm auch Zusagen für weitere Millionen gegeben: „Eine verlässliche Grundlage“.
2008. In Düsseldorf hat Jürgen Rüttgers, CDU, Steinbrück als Regierungschef längst abgelöst. In Berlin regiert Angela Merkel. Aber auch unter CDU-Regierungen fließt kein Geld. Bei der Bahn wundert man sich, dass weder rot-grüne noch schwarz-gelbe Ministerpräsidenten an der Spree richtig Druck machen. „Die Stuttgarter stehen wegen des Tiefbahnhofs alle zwei Tage auf der Matte“. Ein Teilstück zwischen Köln und Düsseldorf soll ausgebaut werden, als Rüttgers abgewählt wird. 2011 werden 184 Millionen Euro für Planungen bis zum Jahr 2015 zugesagt.
2013. Deutschland hat alle Magnetbahn-Pläne beerdigt. Der Zug schwebt in Schanghai und vielleicht auf Teneriffa. Zu Hause aber ist der Bahnhof Stuttgart über sechs Milliarden Euro teuer geworden. Zwei Milliarden für das Ruhrgebiet? Irgendwo wird sich was finden.